Platten vor Gericht
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Freitag ging gar nichts mehr - und zwar in meinem Briefkasten. Denn dort stapelten sich gleich vier neue Alben, jeweils in ihrer limitierten Auflage. Werfen wir einmal einen gezielten Blick auf die besondere Verpackung und mögliche zusätzliche Features und darauf, ob die Plattenfirmen ihre Chance genutzt haben, auf diesem Wege die Käufer zu binden und Fans zu belohnen.

Im schlichten bis kargen Design und Layout präsentiert sich das neue Album von PJ Harvey. Ein simpler Pappschuber, der einer Langspielplatte nachempfunden ist, liefert eine weitere Papphülle samt CD. Ein Profilbild von Polly Jean auf der einen, Infos zur Platte auf der anderen Seite, das war es. Keine Texte, keine Gimmicks, der Digipack ebenso reduziert und trist wie die Musik von „White Chalk“:

An album of lonely beauty and piercing sorrow, 'White Chalk' is P.J. Harvey back at the peak of her considerable powers. (uncut.co.uk)

With its bones on show and chest wide open, White Chalk may not be the greatest album of all time, it may not be to everyone's tastes, and it may not even be Polly’s finest. But let it and it'll haunt you. (Drowned In Sound)

Imagine the saddest thing you've ever heard, then douse it in tears, swathe it in heartbreak, and drop it into the seventh circle of hell. Yes, it's that moving and, also, marvellous. (The Guardian)


Bei Amazon ist der „Lim. Edition Digipack“ zurzeit ein Euro günstiger als die normale Version. Ich hoffe nicht, dass diese dann mit Texten aufwarten kann.

In einzelne Songs von „White Chalk“ kann man hier reinhören.

„The Devil“ (MP3)
„White Chalk“ (MP3)


Was ist denn hier passiert? Über ihre ganze Karriere hinweg begeisterten die Super Furry Animals mit aufwendigen Verpackungen (man denke an die gummiartige Plastikumhüllung von „Out Spaced“ oder das ausgestanzte Cover von „Phantom Power“) und liebevoll künstlerisch gestalteten Covern und Booklets.

11 years into their career, SFA have produced some of their most beautiful songs yet. (NME)

The only shortcoming is how quickly it's all over. Roll on number nine. (The Guardian)

Hey Venus! is the most concise album in the band's history. (Drowned In Sound)

Doch beim Labelwechsel zu Rough Trade blieb der von mir sehr geschätzte Graphiker und Designer Pete Fowler auf der Strecke. Sein Ersatzmann Keiichi Tanaami liefert für "Hey Venus!" das so ziemlich hässlichste Cover ab, das ich dieses Jahr zu sehen bekam. Die Augen tun einem erst so richtig weh, wenn man das Booklet heraus holt, auf sechsfache Größe aufklappt und weitere Graphiken erblicken muss. Kaum zu lesen sind die rot auf blau gedruckten Texte auf der Rückseite, so dass deren Vorhandensein auch nicht positiv in die Wertung kommt.
Und als wäre dies nicht genug, kommt die limitierte Version als Mogelpackung daher, denn die reguläre CD wurde einfach in einen Pappschuber gesteckt, der einer Eins-zu-eins-Umsetzung der normalen Vor- und Rückseite entspricht.

Seit der Veröffentlichung von "Love Kraft" 2005 war das Aushängeschild der walisischen Musikszen alles andere als untätig: Mastermind Gruff Rhys lieferte Soloalben, werkelte in diversen Projekten (Acid Casuals, Y Peth, Neon Neon) oder arbeitete mit dem bekannten britischen Komponisten Charles Hazelwood. Fast nebenbei entstand `Hey Venus!' - genauso wie übrigens schon Album Nummer 9, das in Kürze aufgenommen werden soll. (...) Mit ihrem achtem Album zementieren die Super Furry Animals einmal mehr ihren Ruf als Meister des subtilen und schrulligen Songwritings zwischen flockigem Retrosound und schnuckeligem Pop. An allen Ecken plickert und plockert es, wobei gerade die schrägen Töne einen hymnischen Charakter haben. So ist auch "Venus" wieder ein Album voller musikalischer Kleinode geworden, die dafür verantwortlich sind, dass einem diese Band so sehr ans Herz gewachsen ist. (Amazon.de)

„Show Your Hand“ (MP3)
„Run-Away“ (MP3)


Auch das neue Stars Album erscheint in der für alle Arts & Crafts Veröffentlichungen so typischen Aufmachung: Das quadratische Cover wird durch einen einfarbig abgesetzten Streifen links, auf dem auch das Logo der Plattenfirma prangt, in die für das Aufklappcover notwendige rechteckige Form gebracht. Schlägt man die Hülle nun auf, so befindet sich in der linken Hälfte in einem Einschubfach das Booklet (mit Songtexten), in der rechten Hälfte die CD.
In der limitierten Auflage von "In Our Bedroom After The War" lässt sich die Hülle ein weiteres mal umklappen, so dass eine weitere Tasche samt DVD sichtbar wird. Die Bonus-DVD bieten mit „Are We Here Now?“ eine 55minütige Dokumentation (inklusive Auftritten, Interviews usw.) von Anthony Seck über die Band. Hier kann man einen Trailer sehen.

Alle zwei Jahre beglücken uns die Stars mit exquisiten Alben voll herzzerreißender Melodien, entspannten Rhythmen und süßer Melancholie. Das vierte Werk In Our Bedroom After The War kann es qualitativ mühelos mit dem meisterhaften Vorgänger Set Yourself On Fire aufnehmen.
Es ist eine ruhige, sehr eindringliche Platte, die zwar gerne mal ausbricht, wie mit dem Power-Pop bei "Bitches In Tokyo" oder dem drängenden "Take Me To The Riot", aber immer perfekt harmoniert mit den Gefühlen, die der anstehende Herbst mit sich bringt. Selten nur noch hört man knarzige Gitarrensounds, und die gleiten auch bald schon wieder in glasklare Klänge hinüber. Songs wie die loungige Soul-Pop-Nummer "My Favourite Book" oder das hypnotische "The Night Starts Here" machen noch einmal deutlich, dass es die traumwandlerischen Vokalpassagen sind, die die hauptsächliche Faszination der 13 Songs auf In Our Bedroom After The War ausmachen.
Die wiederum beziehen einen Großteil ihres Reizes aus dem Wechselspiel zwischen dem sanften Organ von Torquil Campbell und seinem weiblichen Counterpart, der engelhaften Chanteuse Amy Millan.

Mit düster angehauchten Elektronik-Einsprengseln offenbaren die Kanadier einmal mehr ihre Vorliebe für britischen Wave und Indie-Pop nach Art von The Cure oder New Order. Doch vor allem merkt man den Musikern, nicht allein beim knackigen "Midnight Coward" mit seinen "Bigmouth Strikes Again"-Anleihen, die verehrten The Smiths an, und so dürfte sich die Band sehr gefreut haben, als sie für den Mix des Albums Joe Chiccarelli (u.a. Morrissey) gewinnen konnten. Der hat souverän seinen Teil dazu beigetragen, dass die Stars uns schon wieder mit einer äußerst wohlklingenden Sammlung intelligenter Pop-Perlen verwöhnen. Wenn zum Ausklang der von Pianoklängen getragene Titelsong, der sich von einer Ballade zur opulenten Hymne steigert, noch einen letzten starken Akzent setzt, kann man gar nicht anders, als wieder die Play-Taste zu drücken. Zwar wurde In Our Bedroom After The War bereits vor dem Release zum kostenpflichtigen Download angeboten, doch vor Zerstückelung wird gewarnt: Diese wunderbare knappe Stunde Musik ohne Ausfälle verdient es wie nur wenige Alben am Stück gehört zu werden. (amazon.de)

Auch hier spart man derzeit 2 Euro im Vergleich zur normalen Version. Also zugreifen.

Ich suche noch dringend jemanden, der am 27.09.07 mit zum Konzert ins Gebäude 9 nach Köln kommt....

„The Night Starts Here“ (MP3)
„Take Me To The Riot“ (Video; MP3)
„The Ghost Of Genova Heights“ (MP3)


Den meisten Platz in meinem Briefkasten nahm das neue Album von Athlete ein. Das war auch zu erwarten gewesen, denn im Vergleich zur regulären Version musste ich für diesen Import gleich 10 Euro mehr ausgeben. „Beyond The Neighbouhood“ erscheint als 28 seitiges, gebundenes Buch, dessen gestanztes Cover aus grauer Pappe leider nur wenig ansehnlich ist. Im Inneren wird es mit Illustrationen von Steve Gee und dem bewährten Design von Big Active und Athlete selbst etwas bunter und ansprechender. Man fühlt sich beim Durchblättern (Texte: Fehlanzeige) an Radioheads „Amnesiac“ erinnert, auch wenn es dessen Klasse nicht erreicht.



Der CD ist noch eine DVD beigelegt, die mit „Silent Play“ eine 25minütige Dokumentation, einen Live-Auftritt in London (4 Songs des Albums) und 2 Videos („Hurricane“ und „You Got The Style“) enthält.

Athlete are back with their follow-up to 2005’s Tourist, but in a slightly different mood. Beyond The Neighbourhood is more reflective, more experimental and more interesting than its predecessor. (...)Athlete have moved on. They have created a fuller, richer, more experimental album, but kept hold of their distinctive sound too. It will grab you right from the start. (bbc.co.uk)

In einzelne Songs von „Beyond The Neighbourhood“ kann man hier reinhören.

„Hurricane“ (Video; Alt. Video; Camp America Remix MP3)
„In Between 2 States“ (MP3)











"Das ist die beste Band Frankreichs seit langer, langer Zeit". Mein französicher Bekannter Sebastian war ganz euphorisch: "Kim Novak heißen die, das sind alte Bekannte von mir aus der Normandie" fuhr er fort. "Kennst Du die?"
Natürlich kannte ich die schon und zwar seit ca. 10 Monaten. Ich hatte Kim Novak als Vorgruppe von Iliketrains im winzigen Konzertraum "Glaz'art" letztes Jahr im November kennengelernt und war auf Anhieb begeistert. Normalerweise langweile ich mich oft ein wenig, wenn lokale Vorgruppen ins Programm genommen werden, aber damals im November war alles anders. Anstatt einer Blondine aus einem Hitchcock-Film standen nämlich vier junge, unglaublich symphatische Kerle auf der Bühne und jagten mir mit ihren melancholischen und sphärischen Liedern eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken. Wow, wow, wow!, dachte ich hinterher und fragte gleich beim Sänger Jérémie persönlich nach, wo man Tonträger von ihnen kaufen könne. Es gab aber noch nichts zu verkaufen, das Album war noch in relativ weiter Ferne. Geduld war angesagt...
Im Mai 2007 war es aber soweit: "Luck & Accident kam zur Welt und während sich ganz Frankreich das Fernsehduell zwischen den Präsidentschaftskandidaten Sarkozy und Royal ansah, war ich in meinem Lieblingsaal, der Maroquinerie und genoß meine Endorphinausstöße, die mir Kim Novak mit ihren wavigen, postrockigen Klängen besorgten. Anschließend kaufte ich gleich in siebenfacher (!) Ausführung das Album und bekam einen netten Rabbat und einen dankenden Händedruck von Sänger Jérémie, der aber etwas reserviert blieb. Nicht weil er unhöflich oder arrogant ist, sondern weil die vier Jungs von Kim Novak allesamt extrem bescheiden, zurückhaltend, fast schüchtern sind. Am nächsten Tag erreichte mich aber eine sehr persönliche Mail bei MySpace, in der man mir seitens der Band von Herzen für die Unterstützung dankte. Nicht nur das ging unter die Haut, sondern in der Folge vor allem der Genuß des Albums. Immer wieder werden die Franzosen mit Interpol, oder den Editors verglichen, aber ich höre auch die Smiths, Roxy Music , oder The Chameleons heraus und stimmlich die Tindersticks. Aber was nutzen all die Vergleiche, man muß sich das von der Fachpresse in Frankreich sehr positiv aufgenommene Album (in der deutschen Visions gab man hingegen nur 5 Punkte, Unverschämtheit!) einfach selbst anhören!
Sebastian hat übrigens natürlich Recht: das ist das Beste, was seit Jahren aus Frankreich kam...
Links: Und das meint die intro.de dazuUnd so fand ich das Konzert von Kim Novak am 17.07.2007Ihr Plattenlabel Talitres, wo auch solch fabelhafte Band wie The National, Tunng, The Organ und Wedding Present beheimatet sind. Mit letztgenannten werden sie im November auch in Frankreich auftreten!












So, die Zeit der Andacht im Anschluss an Dirks tollen Auftritt im Siebenkampf ist vorbei. Wenden wir uns einem anderen „Mehrkämpfer“ zu: James Lavelle.

1998 erschien „Psyence fiction“, eine Kollaboration von James Lavelle, Tim Goldsworthy und DJ Shadow. Die Platte wurde damals meist unter Trip Hop eingeordnet und ging doch weit darüber hinaus. Vor allem die bunte Mischung an Gastmusikern (u. a. Richard Ashcroft, Badly Drawn Boy, Jason Newsted, Mike D und Thom York) und Samples sorgte für ein erfreulich kurzweiliges Album. Nach unendlichen fünf Jahren der Vorfreude erschien dann das Zweitwerk „Never, never, land“. Mit DJ Shadow verschwanden auch die Hip Hop-Elemente und ließen so ein sehr elektronisches aber nicht wirklich packendes Album zurück. Diverse Formate des Albums und unzählige Remix- bzw. DJ Set-Alben ließen einen faden Beigeschmack des Ausverkaufs aufkommen. 2007 erschien nun „War stories“. Nachdem Hip Hop und die elektronischen Grenzen ausgetestet waren, wurden nun die „Rockelemente“ in den Vordergrund gerückt. Mit Ian Astbury wurde einer der „leichten Jungs“ (der ist ja wirklich für fast alles zu haben, zufällig steht auch dessen Comeback mit The Cult mal wieder an) unter den Rockern gleich für mehrere Songs herangezogen. Daneben finden sich u. a. Josh Homme, Gavin Clark, The Duke Spirit und 3D auf der Gästeliste.

Auch wenn es sich so liest, als seien die Gastvokalisten die wahren Helden auf dem Album, kann das nur teilweise unterschrieben werden. UNKLE geben mit überaus gelungenem Songwriting und einer kongenialen Mischung aus wilden Rock-Anleihen sowie zurückgelehnten Traumreisen schließlich die Marschroute vor und scheinen spätestens mit Album Nr. 3 unsterblich geworden zu sein.
www.cdstarts.de

Website (aktuell nicht sehr aussagekräftig)

Myspace

Video: „Burn my shadow“



7 Tage - 7 Platten

Sonntag:
In meinen Träumen sieht es in Andorra genau so aus wie in Pepperland und Daniel Snaith alias Caribou kommt mit seinem gelben Unterseeboot, um den kleinen Pyrenäenstaat in seine Unabhängigkeit zu führen.

„Andorra“ ist ein echtes Ein-Mann-Wunder, bei dem man nach neun Stücken irgendwann wieder verdutzt im Diesseits landet und sich fragt, warum Dan Snaith nicht schon längst von irgendjemandem zum größten Freak auf Erden gewählt worden ist. (intro)


In meinen Träumen ist Andorra das coolste Land der Welt, in dem nicht nur eine Thekenmannschaft den nationalen Fußballpokal gewinnt, sondern auch eines von Caribous Psychedelic-Pop-Kleinoden zur Nationalhymne erklärt wird.

Vielleicht ist „Andorra“ auch „nur“ die Platte, die den Summer of Love aus der Distanz von 40 Jahren mit ekstatischen Pop-Bricollagen feiert - statt mit Blumen im Haar. Ein Wunder mit leichter Verspätung. (musikexpress)


In meinen Träumen begeistert „Andorra“ all jene, denen auch „Black Foliage“ von The Olivia Tremor Control gefällt, denn es klingt wie dessen zweiter Teil, nur ohne die kurzen, mitunter nervigen Instrumentalstücke.


„Melody Day“ (Video; MP3)


7 Tage - 7 Platten

Samstag:
Obwohl Richard Hawley nicht aus dem Dreikronenland stammt, wäre kaum eine Neuvorstellung nach Jens Lekman passender. Also vom einen Crooner zum anderen: Nach eher bescheidenen Erfolgen mit seiner Band Longpigs und einem Aushilfsjob bei Pulp, startete Richard Hawley, unterstützt von Jarvis Cocker und Produzent Steve Hackey, eine Solokarriere, in der es vor allem Lob von Musikerseite gab. Seien es nun Coldplay, Radiohead oder R.E.M. gewesen, die ihn alle als Support mit auf Tour nahmen, oder die Arctic Monkeys, die 2006 neben ihm für den Mercury Prize nominiert waren. Bei der Entgegennahme des Preises für das beste Album des Jahres riefen diese dann: „Ruft bitte jemand die Polizei, Richard Hawley ist beraubt worden!“ Doch zumindest in England erreichte „Cole’s Corner“ Goldstatus.
Von „Cole’s Corner“ geht es nun zur „Lady’s Bridge“ und die Kulturnews zeigen sich wenig begeistert:

Lady's Bridge ist die älteste Brücke seiner Heimatstadt Sheffield, die eher als Industriemetropole bekannt ist denn als Stätte romantischer Assoziationen. Und doch stellen wir uns den jungen Hawley vor, wie er die einsamen, traurigen Plätze seiner Jugend durchmisst, im Ohr die Musik seiner Helden Roy Orbison, Everly Brothers oder Elvis. Vier Alben lang zollt er ihnen nun schon Tribut mit seinem nachtdunklen Bariton. Doch wo er bisher zwischen Verehrung, Seichtheit und enigmatischer Kühle eine fiebrige Balance fand, haben seine Songs hier über weite Strecken nur mehr die Betulichkeit von Pensionärsballschlagern und finden erst zum Ende ihr früheres Charisma wieder. Damit sind auch die Vergleiche mit Scott Walker obsolet.

Meiner Meinung nach liegt der NME mit seinen 8 Punkten hier richtiger, denn das Ganze ist wirklich wunderbar nostalgisch und Schmalz und Schmelz werden dick aufgetragen:

„Lady’s Bridge“ is an album that has moments that won’t be bettered this year or any other: a clutch of songs which will be hitting tastemakers’ personal Top 10s for years to come. At worst, some might accuse it of being clever pastiche. But pastiche is hollow, whereas Hawley’s the real deal: his heart is all there. No matter how often you drink from these 12 songs, you’ll never overdose on the aspartame of insincerity.

„Tonight The Streets Are Ours“ (Video, MP3)


7 Tage - 7 Platten

Freitag:
Euch Jens Lekman noch einmal vorzustellen hieße Knäckebrot nach Stockholm tragen. Daher versuche ich mich einmal mit einer Prophezeiung:
Ich bin mir sicher, dass Jens Lekman mit „Night Falls Over Kortedala“ in der Endabrechnung von Platten vor Gericht zwischen den Plätzen 1 und 15 landen wird.
Woher ich diese Zahlen habe? Das Album steht derzeit auf Platz 1 der Charts in seiner schwedischen Heimat und die schwedische Elle hat ihn in der Kategorie „Sexiest Man of Sweden“ aus Platz 15 gewählt.
Woher ich diese Zuversicht nehme? Da der 26-Jährige hier immer gut abgeschnitten hat, das Album die Qualität der Vorgänger locker erreicht und alle Erwartungen erfüllt, da Oliver bestimmt jetzt sein selbstgewähltes Schweigegelübde brechen wird und mit einer hohen Bewertung um die Ecke kommen wird, sollte einer Plazierung unter den Top 15 nichts im Wege stehen, oder?

Like a modern day Chet Baker, Jens loves to sing about heartache. This is his first album in over three years, and Kortedala refers to a neighborhood in his hometown of Gothenburg, Sweden - "a depressing suburban hell". It also refers to a vague musical pop sound with hints of tropicalia that has been coming out of Gothenburg's clubs the last few years. Night Falls Over Kortedala features many previously unreleased live favorites and guest vocals from label-mate Frida Hyvonen and El Perro del Mar. (insound.com)

„The Opposite Of Hallelujah“ (MP3)
„Friday Night At The Drive-In Bingo“ (MP3)


7 Tage - 7 Platten

Donnerstag:
Wikipedia weiß das Folgende über „Go Go Smear The Poison Ivy“ zu berichten:

The album is a change from normal múm as it uses more live instruments than electronics, and there is a different lyrical style.

Diese Veränderungen liegen sicherlich mit darin begründet, dass nach Gyða (2002) im letzten Jahr mit Kristín Vlatýsdóttir auch der zweite Zwilling die Band verlassen hat. Obwohl sich der Kern von Múm nun auf die beiden Gründungsmitglieder Gunnar Örn Tynes und Örvar Smárason reduziert hat, muss man nun wohl eher von einem Kollektiv sprechen, denn im Studio waren zahlreiche Gäste behilflich und live stehen insgesamt sieben Musiker auf der Bühne.
Jedoch ging mit den Zwillingen das Kindliche, Verspielte und Träumerische in der Musik der Isländer ein wenig verloren (für einige wird es aber davon immer noch zu viel geben!). Wenn ich einmal von mir auf andere schließen darf, dann wird so mancher Fan denken, dass er gerne seine alten Múm zurück hätte.

Natürlich bin ich schon dabei, mir das Album nach der ersten Enttäuschung schön zu hören (lieb gewonnen habe ich bereits "Blessed Brambles", "Marmalade Fires" und "Dancing Behind My Eyelids") und natürlich werde ich sie mir Ende des Jahres auch live ansehen (und hoffentlich bewahrheitet sich das von mir in die Welt gesetzte Gerücht, dass sie von Seabear supportet werden).

Múm wehren sich auch auf ihrem vierten regulären Studioalbum dagegen, erwachsen zu werden, und die Unschuld und Sorglosigkeit abzulegen. Ein hoffnungslosen Unterfangen, dem Wechselspiel zwischen Post-Rock und Elektronik, zwischen Komplexität und Naivität, zwischen Struktur und Amorphie dringen kammermusikalische Ernsthaftigkeit und fast schon langlebige Pop-Elemente ins mobile Kinderzimmer von Múm vor. Das isländische Klangkollektiv, überzeugt mit den neuen Songs auf ganzer Linie, die immer ein wenig melancholisch klingen und doch nie deprimierend klingen.
"Go Go Smear The Poison Ivy" wurde an mehreren Orten konzipert. Einer von ihnen war die Musikschule imp Fischerdorf Ísafjörður, das an einem westlichen Fjord der landschaftlich einmaligen Atlantikinsel liegt. Die Drums nahmen Múm fast komplett auf der 3,5 Kilometer langen Insel Nötö auf. Verschiedene Orte, verschiedene Zeiten. (amazon.de)


„They Made Frogs Smoke ’Til They Explode“ (Video, MP3)


7 Tage - 7 Platten

Mittwoch:
Wenn einem gleich zwei Menschen mit gutem Musikgeschmack eine Band und eine Platte ans Herz legen, dann sollte das ein guter Grund sein, um zumindest einmal reinzuhören. Wenn dann beide auch noch Recht behalten, gehört das Album hier auch vorgestellt.

Ich mag dieses Album so gern!
(Florian H.)

Neben Florian H. ist es kein Geringerer als Noel Gallagher, der The Coral empfiehlt, sie ständig über den grünen Klee lobt, mit auf Tour nimmt und ihnen diesmal sogar das eigene Studio gratis zur Verfügung stellte. So trug das Vintage-Equipment des Wheeler End Studios vermutlich seinen Teil zum herrlich altmodisch-nostalgischen Klang des Albums bei. Passend zum 60er- und 70er-Jahre-Sound dann auch das Cover der Platte.
Bisher verschreckten mich das Septett immer mit seinem nahezu jährlich erscheinenden, schräg-kauzigen Mix aus Rock, Country, Psychedelica, Folk und Seemannsliedern, doch „Roots & Echoes“ kann so einiges:

Nun sind sie zurück mit ihrem bislang gefühlvollsten und offensten Werk. 'Roots & Echoes' ist ein Album, das uns daran erinnert, was für eine brillante und einzigartige Band The Coral sind. Ihre Songs strotzen vor Wärme und Herzlichkeit, Musikalität und Melodien. Wo frühere Corals-Releases in frenetische Jams abdrifteten, ist diese Platte weniger Beefheart und mehr Bacharach.
Mit Sicherheit ist 'Roots & Echoes' die stärkste, konsequenteste Sammlung von Liedern, die diese Band bisher herausgebracht hat. Vom harmoniegetränkten Northern Soul des Openers 'Who's Gonna Find Me?' (zugleich die erste Singleauskoppelung) bis hin zu den verträumten Saiten und Molltönen der letzten Nummer 'Music At Night' platzt das Album geradezu aus den Nähten vor schierer Qualität. Das Ergebnis sind Songs voller opulenter Hooks, komplexer Arrangements und üppiger, ohnmächtiger Melodien. (amazon.de)


„Jacqueline“ (Video, MP3)
„Who’s Gonna Find Me“ (Video, MP3)


7 Tage - 7 Platten

Dienstag:
Nachdem sich vor zwei Jahren die schottische Band The Delgados auflöste, unterschrieb Emma Pollock beim angesehenen 4AD Label, um ihr bereits früher angedachtes Soloalbum zu veröffentlichen. Mit Hilfe des Produzenten Victor van Vugt (Nick Cave, Mojave 3, Beth Orton, PJ Harvey) entstand „Watch The Fireworks“, das derzeit nur als Import zu beziehen ist.

"It's totally, unashamedly pop and it doesn't pretend to be anything else." (Emma Pollock)

Im Gegensatz zu den späteren Alben von The Delgados verzichtet Emma Pollock auf den großen Wall of Sound und reduziert ihre Songs auf das Wesentliche und schenkt uns 11 schlichte Indie-Popsongs, die an Throwing Muses oder Belly erinnern.

„Adrenaline“ (Video, MP3)
„Acid Test“ (Video, MP3)
„Limbs“ (MP3)
7 Tage - 7 Platten Montag: Ich habe kurz darüber nachgedacht diese Reihe mit den Happy Mondays zu eröffnen. Aber nur kurz. So geht es schon vor dem Start von Manchester nach Staines. Das Debütalbum von Hard-Fi „The Stars Of CCTV“ wurde vor zwei Jahren für den renommierten Mercury Music Prize nominiert, enthielt 5 Hitsingles und landete auf Platz 1 im Königreich. Nun steht mit „Once Upon A Time In The West“ der ebenfalls im eigenen Cherry Lips Studio aufgenomme Nachfolger in den Läden und verspricht ähnlich erfolgreich zu werden. So setzen Hard-Fi verstärkt aus Pop und Pathos, Glamour und Balladen, Melodien und Streicher, „Aaaaahs“ und „Ooooohs“ und reduzieren ihre The Clash - Referenzen und Dub-Anleihen.
Hard-Fi sind immer noch laut und prollig genug, um als wütende Vorstadtjungs durchzugehen, so schlägt zumindest die erste Single »Suburban Knights« genau in diese Kerbe. Und Richard Archer ist tatsächlich ein so talentierter Songwriter, wie die vielen Hits auf »Stars of CCTV« vermuten ließen. Besonders überzeugend sind Songs wie »Tonight, Tonight«, in dem sich die Streicherarrangements stapeln, oder »We Need Love«, das lustvoll im Synthiepop wildert. Die sind so dramatisch, respektive funky, dass sie die etwas abgeklärte Kalkuliertheit überspielen, die manchmal aus Archers Gesang rauszuhören ist. Von Subtilität oder gar Poesie ist hier – wie auch schon beim Vorgänger – keine Spur, dafür sind popkulturelle Cleverness und hemmungsloses Drauflosmusizieren glücklich vereint: In der großen Geste. (spex.de)



Viel lieber würde ich euch noch ein weiteres Foto vom Haldern Festival präsentieren: Volker und ich 2005 in unseren Polyphonic Spree - Roben. Leider (oder doch glücklicher Weise?) liegt es mir nicht vor.
Mittlerweile hat das Kollektiv aus Texas die Kutten abgelegt und passend zum neuen Album „The Fragile Army“ dunkle Armee-Uniformen übergezogen. Warum das dritte Werk von The Polyphonic Spree hier bisher totgeschwiegen wurde, weiß ich nicht, denn an der tollen, fröhlichen Hippie-Musical-Musik hat sich wenig verändert.

Sie sind das außergewöhnlichste Popensemble der Welt: die aus Dallas stammenden Polyphonic Spree. Eine symphonische Rockgruppe mit zehnköpfigem Chor und zwischen 13 und 27 Mitgliedern. Mit ihrem Mix aus Electric Light Orchestra, Gospelchor und weißen Druidengewändern wurde die Band weltberühmt. 2004 spielten The Polyphonic Spree u. a. anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises.
Jetzt erscheint das dritte Album der Texaner. "The Fragile Army" bietet zunächst alles, was man von The Polyphonic Spree gewohnt ist: Streicher, Bläser und jede Menge Chöre, die uns das Blaue vom Himmel singen. Insgesamt jedoch wurde der Sound rockiger und (brit-) poppiger. (amazon.de)

Hier noch der Link zu einem Interview mit Julie Doyle, geführt von unserer abtrünnigen und schweigenden Sabrin.

„Running Away“ (Video, MP3)
„Watch Us Explode (Justify)“ (MP3)


Ich habe mir einmal Wrestling im Fernsehen angeschaut. Natürlich nicht leidenschaftlich oder regelmäßig. Aber es gab auf jeden Fall einen Kampf, in dem ein Wrestler im Ring stand, eine Glocke ertönte und ein weiterer erschien. Nach einer Minute war die Glocke erneut zu hören und ein weiteres Muskelpaket betrat den Ring, um sich in das Gebalge einzumischen. 60 Sekunden vergingen, ihr werdet es schon ahnen, und die Glocke rief einen neuen Wettstreiter herbei. Ziemlich viel Gebimmel ließ den Ring ziemlich voll werden und alle Maskierten hatten das Ziel sich gegenseitig aus eben diesem zu werfen, denn am Ende sollte nur einer übrig bleiben.
Was das Ganze mit Platten vor Gericht zu tun hat und warum ich euch das erzähle? Die Parallelen dürften doch ziemlich deutlich sein und soeben hat die Glocke geläutet und der Titelverteidiger hat unseren Ring betreten.

Neues Album der Folk-Elektroniker TUNNG. Mit dem letzten Album "Comments Of The Inner Chorus" (2006) bezauberte das britische Folk-Kollektiv um Sam Genders und Mike Lindsay die Liebhaber anspruchsvoller Indie-Sounds - ihre Mischung aus zarten Melodien und Akustik-Instrumenten mit Laptop-Sounds war schlichtweg neu und atemberaubend. Das neue Album "Good Arrows" perfektioniert dieses Konzept und zieht den Hörer verführerisch in die wunderliche Tunng-Welt hinein. Ihr pop-infizierter "Folktronica" ist genre-fremden Klängen gegenüber offen und so meint man sogar Einfluesse isländischen Prog Rocks, Chormusik und Soundtracks zu vernehmen. Doch ob der Einfluesse, "Good Arrows" ist das zugänglichste Album der Band geworden und bietet anspruchsvollen zeitlosen IndiePop ohne Verfallsdatum. (amazon.de)

Meine Begeisterung für Tunng und auch „Good Arrows“ drückt am Besten mein glücklicher Gesichtsausdruck auf dem Foto von Oliver R beim Haldern Festival aus.

„Take“ (MP3)


Mit dem Album “Black Sheep Boy” (Platz 13 der Platten vor Gericht-Charts 2005) und der Single “For real” gelangten Okkervil River recht weit nach oben auf meiner Liste der verheißungsvollen nächsten Alben. Viele bei Platten vor Gericht haben schon die Angst beschrieben, die jemanden ereilen kann, wenn er dann tatsächlich das neue Album vor sich hat. Ich habe in einer Kritik zu dem neuen Album eine m. E. treffende Beschreibung dieser Situation gefunden:

It’s like telling Michaelangelo, as he downs a PBR after finishing the Sistine Chapel, “Hey dude, there’s this other church a few clicks up the road. Could you bust over there and splash a little magnum opus on their ceiling, too?”
www.filter-mag.com

Greifen wir mal Dirks „Judging by covers“-Idee auf: Man könnte beim Vergleich von „Black Sheep Boy“ mit „The Stage Names“ durchaus auf die Idee kommen, dass sich da etwas geändert hat. Und in der Tat, während “Black Sheep Boy” aus den Tiefen schöpfte, kommt das aktuelle Werk musikalisch (die Lyrics merken davon nicht viel) regelrecht „lebensbejahend“ daher.

With their newest release, The Stage Names, Okkervil River dynamite the walls of Black Sheep Boy's gothic, moss-walled castle from the inside to let in the glaring sun. Where Black Sheep Boy presented a fairytale of dark babbling streams and high distant towers, The Stage Names ¨takes place in an unmistakably modern world, where snowy televisions blast into cheap hotels the spectral images of soap stars endlessly betraying each other, where losers in late-night bars languish to the beat of their favorite songs, where broken-down actresses place their final cell calls from lonely mansions high in the hills.
www.jagjaguwar.com

“The Stage Names” wurde sowohl von “Visions” als auch “Musikexpess” zur Platte des Monats gekürt. Entscheidet selbst, ob es sich um einen Hype handelt oder Michaelangelo sein nächstes Meisterwerk produziert hat.

Wer noch mehr lesen möchte, kann sich der “Track by track” Analyse des Sängers Will Sheff widmen. Das Album wird als Stream auf Myspace angeboten.

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Woods Of Birnam - Solaris

Von der Theaterproduktion- und Konzeptalben erprobten Band Woods Of Birnam konnte man bei dem Albumnamen „Solaris“ schon im Vorfeld vermuten, dass es sich bei dem Titel um den philosophischen Science-Fiction Roman von Stanisław Lem aus dem Jahre 1961 handelte, der u.a. auch schon von Steven Soderbergh 2002 verfilmt wurde.    Schauspieler und Sänger Christian Friedel brachte den Roman nun auf die Bühne und seine musikalischen Mitstreiter - Uwe Pasora (Bass), Philipp Makolies (Gitarre), Christian Grochau (Schlagzeug) und Neuzugang Onno Dreier (Keyboard) - dazu, den   passenden Soundtrack zu komponieren und einzuspielen. Der Trackliste konnte man bereits einerseits entnehmen, dass der ein oder andere Titel (aufgrund der Kürze bzw. der großen Anzahl insgesamt) ein Instrumental sein würde und andererseits, dass Friedel nicht nur auf Englisch sondern auch auf Deutsch singen würde („Symmetriaden“, „100 Schlüssel“). Passend zum Thema bieten die 15 vielfältigen Titel in 45 Minut...
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Revision: The Jesus And Mary Chain

19 Jahre Wartezeit zwischen zwei Alben - da dürfen sich Jim und William Reid nicht beschweren, wenn wir mit dieser Revision und unseren Glückwünschen einen Monat verspätet kommen. Denn am 18.11.1985 wurde "Psychocandy", das Debürtalbum von The Jesus And Mary Chain, veröffentlicht. Nachträglich alles Gute zum 40. Geburtstag! "Psychocandy" 1985, Blanco y Negro Records (14 Songs, 38:55 Minuten) Dirk: Was für eine gute Idee, den Sound von The Velvet Underground, The Shangri-Las, The Stooges und Einstürzende Neubauten aufeinander krachen zu lassen.  Was für eine schlechte Idee, Creation Records nach der ersten Single zu verlassen, um zu Blanco Y Negro Records (WEA) zu wechseln und „Upside Down“ dann nicht mit aufs Debütalbum zu nehmen. Das hätten die Gebrüder Reid nur toppen können, wenn sie ursprünglich auch auf „Some Candy Talking“ verzichtet hätten… Was für ein Glück, dass ich The Jesus And Mary Chain schon mehrmals live sehen konnte (im Gegensatz zu einem Plattenri...
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Oddfellow’s Casino - Four Supernaturals Crossing A River

Pete Fij (Adorable, Polak) hat uns dieses Jahr mit „Complicated“ und dem noch stärkeren „Love’s Coming Back“ zwei Singles beschert, die hoffentlich auf ein Album im neuen Jahr hinweisen. Konzerte in Deutschland, gern auch wieder in unserem Wohnzimmer , stehen natürlich auch auf meiner Wunschliste.  Wenn man genau hinhört, ist Fij auch als zweite Stimme auf „Turn Back The Tide“ zu identifizieren. Der Song stammt von David Bramwell , der als Autor, Radiomoderator, Podcaster, Teilzeit-Druide, Songwriter und Musiker aktiv ist. Unter dem Namen Oddfellow’s Casino kommt er Dank der aktuellen Veröffentlichung auf mittlerweile 10 Alben.    „Four Supernaturals Crossing A River“ bietet einerseits die zu erwartende Mischung aus atmosphärischem Dreampop, pastoralem Folk und melancholischem Psychedelic-Pop, die man vermutlich zeitlich eher in den 70er Jahren verorten würde, und andererseits gewagten Experimenten: gleich drei der nur sieben Songs bewegen sich im acht bis neun Minuten-S...
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Biffy Clyro - Futique

  Knapp zehn Jahre wurde Biffy Clyro hier vor Gericht ignoriert. Doch nach " Ellipsis " hat die Band nur drei Alben zu Stand gebracht. So viel können wir also nicht verpasst haben. Mit "Futique" lieferte sie aber dieses Jahr eine Rockplatte ab, die erwähnt gehört. Außerdem war Volker in der Vergangenheit ein Fürsprecher der Band. Vielleicht lockt ihn diese Vorstellung ja mal wieder von seiner berühmten Couch .  Seien wir ehrlich: Wer Biffy Clyro Anfang der 2000er für ihren unvorhersehbaren, vertrackten Schrammel-Prog geliebt hat, muss heute tapfer sein. Die Schotten sind im Jahr 30 ihrer Bandgeschichte endgültig die Könige des Stadionrocks. Auf ihrem zehnten Album „Futique“ versuchen sie gar nicht erst, die nackte Wut von „The Vertigo of Bliss“ zu reanimieren. Stattdessen veredeln sie ihren Breitwand-Sound in den legendären Berliner Hansa Studios mit einer Prise kühler Eleganz. Das Ergebnis ist ein handwerklich perfekter Spagat zwischen Gestern und Übermorgen. Ja, ...
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Kent - Då Som Nu För Alltid

Es führt kein Weg dran vorbei, weder verschweigen noch ignorieren funktioniert, also müssen wir uns der Tatsache stellen: „Då Som Nu För Alltid“ ist das zwölfte und letzte Album von Kent . Wenn ich dieser traurigen Tatsache schon ins Auge sehen muss, dann ist heute ein guter Tag dafür, denn ich steige in einen Flieger in die schwedische Heimat der Band. Eigentlich bin ich dann einige Monate zu früh in Stockholm, denn die Abschiedstournee von Kent findet erst in den letzten Monaten des Jahres statt - leider nur in Skandinavien und die Tickets waren schneller ausverkauft, als dass ich einen winterlichen Konzertreise-Entschluss fassen konnte. Warum nur Skandinavien? Ein Blick auf die Chart-Platzierungen von „Då Som Nu För Alltid“ gibt die Erklärung: Dänemark #13, Finnland #3, Norwegen # 5 und Schweden #1. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als in der nächsten Woche die neu aufgelegten Schallplatten von Kent in Stockholm zu kaufen und Konzerte von Sigu...
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Sparkling - We

Rennen Levin, Leon und Luca im Endspurt noch an die Spitze unserer Jahrescharts? Oder geht es für sie vielmehr darum, eine bestimmte Punkte-Hürde zu überspringen, beispielsweise die von 6,333, welche genau der Wertung entspricht, die Sparkling hier vor zwei Jahren mit „ We Are Here To Make You Feel “ erreichten? Vielleicht spurten sie auch vor in Richtung Dancefloor und hoffen, das wir ihnen folgen, um gemeinsam zu deren Musik tanzen? Oder eilt das Kölner Trio zu seinem Date mit Jens Moelle und İsmail Tüfekçi von Digitalism, mit denen sie „Two Lovers (Liebe die uns vereint)“ und „Keep Running“ aufnahmen? Oder haben Levin Krasel, Leon Krasel und Luca Schüten einfach immer Hummeln im Hintern, wie ihre energetische Mischung aus Indierock und Elektropop vermuten lässt? „ We “ bietet 10 Songs in knapp 29 Minuten und ist als LP ( yellow transparent Vinyl ) erhältlich.     „Two Lovers (Liebe Die Uns Vereint)“ und „Keep Running“ sind auch die tanzbarsten Tracks der Platte, bei der Sp...
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Momma - Welcome to My Blue Sky

Wer Momma sagt, muss auch 90er sagen. Das Duo aus Brooklyn hat sich mit dem letzten Album Household Name in die Herzen all derer gespielt, die bei den Breeders, Veruca Salt oder Liz Phair sofort feuchte Augen bekommen. Mit „ Welcome to My Blue Sky “ gehen Etta Friedman und Allegra Weingarten den eingeschlagenen Weg konsequent weiter, polieren aber die Produktion ordentlich auf. Der Schrammel-Faktor ist auf dem vierten Album einer gewissen Grandezza gewichen. Das klingt alles sehr kontrolliert, sehr bewusst und stellenweise verdammt eingängig. Momma haben das Talent, Riffs zu schreiben, die so vertraut klingen, als hätte man sie schon 1994 auf MTV in der Heavy Rotation gesehen, ohne dabei wie eine reine Coverband zu wirken. Die Dual Vocals sitzen perfekt, die Melodien bohren sich tief ins Ohr. Kritisch könnte man anmerken, dass die Ecken und Kanten, die den Slacker-Charme der Vorgänger ausmachten, hier ein wenig glattgeschliffen wurden. „Welcome to My Blue Sky“ ist eher ein entspannter...
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Tom Smith - There Is Nothing In The Dark That Isn’t There In The Light

Der Sänger der Editors macht vieles ähnlich wie der von The Slow Show, aber einiges deutlich besser.  Sowohl Tom Smith als auch Rob Goodwin veröffentlichten dieses Jahr ihre ersten Soloalben und setzten dabei hauptsächlich auf intime, akustische Balladen. Dabei geriet „ Peekaboo “ etwas langweilig, ließ Drama, Kitsch und Pathos vermissen und musste sich tatsächlich hinter den fünf Album von The Slow Show verstecken.  „There Is Nothing In The Dark That Isn’t There In The Light“ lässt mit Sicherheit zwei Editors Album hinter sich („EBM“ (2022) und „In This Light And On This Evening“ (2009), um genau zu sein). Tom Smith konzentriert sich nicht nur auf die Akustikgitarre, sondern pointiert einige Songs geschickt mit Streichern („Life Is For Living“) oder Piano („Endings Are Breaking My Heart“). Durch „Lights Of New York City“ weht eine einsame, jazzige Trompete, „Leave“ hätte auch als Ballade zusammen mit den Kollegen von den Editors auf einem ihrer nicht von Gothic Rock, Dar...
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Car Seat Headrest - The scholars

Seit Will Toledo (33 Jahre, 13 Alben!) sein Schlafzimmer-Projekt Car Seat Headrest in eine richtige Band verwandelte, steht die Frage im Raum: Wie geht es weiter mit der Teenage Angst, wenn man selbst kein Teenager mehr ist? Fünf Jahre nach dem letzten Album "Making a door less open" (COVID-19 und Folgeerkrankungen haben Toledo arg gebeutelt) liefert er nun die Antwort: " The scholars " ist eine Rock-Oper, ein konzeptuelles Epos, das sich über mehr als 70 Minuten Laufzeit ausbreitet und sich an einem fiktiven Universitäts-Campus ("Parnassus University") abspielt. Aus Teenage Angst wird also College-Leben.  Die Platte teilt sich klar in zwei Hälften: Der erste Akt präsentiert sich noch relativ zugänglich und liefert den erwarteten leicht verschrobenen Indierock mit den eingängigen Riffs und der lyrischen Dichte, für die Car Seat Headrest bekannt sind. Mit dem Ende des ersten Teils wird der Hörer allerdings in die großformatige, theatralische Odyssee des zw...
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Friendship - Caveman wakes up

  Vermutlich sitze ich zu wenig auf Pferdesatteln, um Country und Americana zu verstehen oder gar zu lieben. Es gab hier vor Gericht in der Vergangenheit dazu sogar schon die eine oder andere heißere Diskussion. Die wird es m. E. im Zusammenhang mit " Caveman wakes up " nicht geben müssen, handelt es sich doch im eine ziemlich perfekte Mischung aus Folk und Indierock.  Friendship aus Philadelphia sitzen ruhig in der Ecke einer schlecht beleuchteten Kneipe, nicken dir kurz zu und erzählen dir dann, wenn du dich dazugesetzt hast, die besten Geschichten des Jahres. „Caveman wakes up“ ist genau so ein Album: Ein Meisterstück der Entschleunigung. Dan Wriggins, der Kopf der Bande, hat eine dieser Stimmen, die man sofort unter Tausenden wiedererkennt. Ein knarziger Bariton, der immer so klingt, als wäre er gerade erst aufgestanden oder würde gleich wieder ins Bett gehen.  Musikalisch ist das fünfte Album der 2015 gegründeten Band pures Understatement. Man könnte es Alt-Country ...
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