In den Jahren nach der Tournee zu ihrem letzten Album „Ash & Ice“ (2016) spielten The Kills vereinzelt noch ein paar Konzerte, veröffentlichten eine Single mit Coverversionen, eine EP und ein Live-Album, kramten in ihren Archiven, was in der „Little Bastards“ Compilation mündete, und stürzten sich in diverse Kollaboarationen sowie Solo-Singles.
Vielleicht benötigte das Duo all’ das, um nun erstmals die Produktions-Zügel für ein Album komplett aus der eigenen Hand zu legen (und diese Paul Epworth, einem frühen Wegbegleiter der band, zu übergeben), einen ungewöhnlichen Aufnahmeort zu suchen (eine alte Kirche), am eigenen Sound zu feilen (in dem sich beispielsweise Elektronik und Bläser ausbreiteten sowie Gospel-Gesang einschlichen) und neue Wege des Songwritings zu bestreiten (hauptsächlich am Klavier).
Dies führte Alison Mosshart und Jamie Hince zu den 12 Songs, die nun ihr sechstes Album bilden. „God Games“ ist als CD und LP (black Vinyl, red swirl Vinyl, boomslang green Vinyl, opaque pink Vinyl) erhältlich und wird aktuell bei Metacritic mit einem Metascore von 82/100 gelistet.
Im Zusammenspiel mit Hince als aggressiv-rhythmischem Seitenauspeitscher entsteht so immer wieder ein interessantes „Call and Response“. Sein Spiel ist von der gleichen Rauheit wie ihre Stimme und es wird häufg, wie etwa in „LA Hex“, mit starker elektronischer Verfremdung gearbeitet. „My Girls My Girls“ klingt wie ein Schlager auf Störgeräusch, „Wasterpiece“ hat etwas von den späten New Order, und wenn Mosshart auf „Bullet Sound“ singt: „The way you’re looking at me – wow!“, unterstreicht sie damit das selbstbewusste textliche Grundrauschen der Platte.
Es bleibt lebendig, der alte Minimalismus ist passé, The Kills pumpen ihren Sound auf. Mossharts Stimme wird gedoppelt, links und rechts im Ohr klimpern und klappern unzählige Percussionelemente, Synthies erzeugen Flächen, wo bei den Kills sonst Löcher waren. Und die Gitarre von Jamie Hince kracht nicht mehr alles voll, erzeugt spärlicher eingesetzt aber deutlich mehr Wirkung als in der früheren Dauerpräsenz. Das Stück LA Hex ist ein gutes Beispiel für diese Entwicklung, angelegt ist es als Darkwave-Hip-Hop-Gospel, Mossharts Sprechgesang klingt dem verhexten Thema entsprechend verfremdet, die Gitarre setzt erst nach gut zwei Minuten ein, für wenige Sekunden nur, als dreckige Erinnerung, bevor ein Gospelchor das Stück in Richtung Erlösung führt.(Die Zeit)
Wer grundsätzlich ein Problem damit hat, wenn Rockbands im fortschreitenden Bestehen Elektronik und Bremspedal für sich entdecken, wird auch mit der Entwicklung des britisch-amerikanischen Duos keine Freude haben. Alle anderen können einem weiteren wunderbaren Beispiel dafür beiwohnen, wie Identitätswahrung ohne Stillstand funktionieren kann. Wie Hince in "103" die Gitarre brutzeln lässt, während Mosshart eine ihrer besten Gesangsmelodien darauf tröpfelt, ist pures Gold. Auch der scheppernde TripHop-Blues von "Bullet sound" wirbelt trotz Midtempo genug Sand in der Arena auf, um Torero und Bullen gleichermaßen schwindlig zu machen. Und wenn The Kills den little bastard doch mal zum Schwitzen bringen wollen, brauchen sie keine Garagen-Dreckschleuder dafür – ein Geschichten aus der Disco-Gruft erzählender Synth-Pumper wie "Wasterpiece" tut's mindestens genauso gut.
7,5 Punkte
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