Toni Kater, so klärt uns die Presseinfo auf, landete 2004 mit "Wo bist du" einen Hit, an dem kaum jemand vorbeikam. Kaum jemand, damit bin dann wohl ich gemeint. Aber vielleicht auch noch der ein oder andere mehr, denn Wikipedia ergänzt, dass sich der Song nur eine Woche in den deutschen Charts hielt - und zwar auf Platz 99.
Das ist aber kein Grund, um der Musikerin und Autorin, die eigentlich Anett Ecklebe heißt, und ihrem vierten Album keine Chance zu geben.
"Eigentum" erscheint auf dem von Peter Plate (Rosenstolz) gegründeten Label pop-out und Fans von Rosenstolz könnten durchaus Gefallen an Toni Kater finden. Während "Eigentum" läuft, muss ich jedoch viel mehr an Jovanka von Wilsdorf und ihre Band Quarks denken. Neben der stimmlichen Ähnlichkeiten sind es auch die versponnenen Arrangements zwischen Elektro- und Kammerpop sowie Singer/Songwriter, die immer wieder dazu führen. Selten dominieren, wie in "India" oder "Heuschrecken" die perkussiven Elemente, meistens sind melancholische, somnambule Piano-Klänge zu vernehmen, unter die sich ständig ein Knirschen, Knistern und Klacksen mischt ("Anders betrunken", "Normal").
Textlich zeigt sich Toni Kater vielfältig und -schichtig: Gentrifizierung, Unterdrückung von Frauen und Kritik am Kapitalismus werden behandelt und weiten das Spektrum über die üblichen privaten und zwischenmenschlichen Themen hinaus aus.
"Eigentum" hätte weit mehr verdient als einen einwöchigen Chartaufenthalt auf den untersten Rängen!
Wie eine Katze gibt sich die Musik Toni Katers vordergründig zahm, um dann - einmal die Hand nach ihr ausgestreckt - doch zu buckeln, zu fauchen und sich als eigenwillig zu positionieren. »Fräulein Jesus«, »Goliath« und »Heuschrecken« thematisieren mitnichten religiöse Erweckungsphantasien, sondern zollen den Geißeln unserer Zeit, Burn-Out und Größenwahn, Tribut. Dazu maunzt der vermeintlich harmlose Minimal-Pop der Berlinerin, der sich aus Klavier, Bass und Schlagzeug sowie der Clavioline, einem analogen Synthesizer, speist.
Man muss also genau hinhören, um hinter dem friedlichen »Panzer« Kritik an der Rüstungsindustrie zu erkennen und hinter »India« eine von Tribal-Beats befeuerte Feminismus-Hymne. Dann wandelt sich der sanfte Kater in eine feurig anklagende Raubkatze, die für »Heuschrecken« zum Kate-Bush-Sample greift und ihren wattigen Liebreiz immer wieder mit verstörenden Elektronik-Sounds und scharfsinnigen Lyrics durchbricht.
(intro)
Toni Kater unterwegs:
07.02.2015: Saturn, Hamburg
21.02.2015: Moritzhof, Magdeburg
22.02.2015: Moritzhof, Magdeburg (Lesung)
15.03.2015: Lokal-Harmonien, Duisburg
28.03.2015: Merlin, Stuttgart
Nach meiner Wertung hoffentlich kein Katzenjammer bei Frau Kater. 6 Punkte
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