Wenn ich du wäre, Tobias Siebert, dann würde ich bei Konzerten auf eine Begleitband verzichten, einen Großteil der ...

And The Golden Choir - Another Half Life























Wenn ich du wäre, Tobias Siebert, dann würde ich bei Konzerten auf eine Begleitband verzichten, einen Großteil der Musik, die du schließlich auch allein im Verlauf von 5 Jahren aufgenommen hast, auf Vinyl pressen lassen, diese Platten ganz schlicht auf einen Plattenspieler oder ein Grammophon legen, abspielen und dazu singen und Gitarre oder Piano spielen. 
Ach, das machst du schon so!?

Wenn ich du wäre, Tobias Siebert, dann würde ich mein erstes Album "Another Half Life" auf jeden Fall auf Vinyl veröffentlichen - und zwar doppeltes, in einer Aufklapp-Hülle mit goldenem Rand und eingestanzten güldenen Lettern. Und noch besser: Sogar die beiden LPs wären, passend zum Bandnamen "And The Golden Choir", golden. 
Ach, das hast du so getan!? 

Wenn ich du wäre, Tobias Siebert, dann würde ich einige Titel der tollen "It's My Life" EP mit auf "Another Half Life" nehmen, damit niemand auf "It's Not My Life" oder das wunderbare "Angelina" verzichten muss. 
Ach, das ist so geschehen!?

Wenn ich du wäre, Tobias Siebert, dann würde ich "Dead End Street" mit einem Video versehen (irgendetwas mit einem Auto) und es als Bote für mein Album in die Welt schicken. Außerdem würde ich einen Song auswählen und diesen bei Platten vor Gericht zum freien Download anbieten, damit viele Menschen von meiner schönen Musik erfahren.
Ach, das mit dem Video hast du so gemacht, nur beim Download hast du dich vertan und Tonspion ausgewählt!? 

Wenn ich du wäre, Tobias Siebert, dann würde ich irgendwann einmal ein Konzert im Wohnzimmer des Autors dieser Zeilen spielen. Ein Plattenspieler steht auch schon da. Zuletzt hat dies übrigens Enno Bunger getan, mit dem du wohl gerade als Produzent an dessen dritten Album arbeitest.  
...




Er legt eine Schallplatte auf, deren Tonspur ersetzt die Band. Aufgenommen hat er die vielen Instrumente, die da zu hören sind – von der Waldzither über das Harmonium bis zur Harfe –, alle selbst, über fünf Jahre hinweg in seinem Kreuzberger Hinterhofstudio. Sein Projekt And The Golden Choir, das ist ganz er. Das merkt man spätestens, wenn der umwerfende Refrain von „My Brother’s Home“ den Saal erstrahlen, die Besucher tief durchatmen und die Smartphones wegstecken lässt: „My dear, we never end. Know, you’ll never die alone. My cope will always warm your throne.“ Vorgetragen mit einer emotionalen Wucht und einer Anmut, von der der nach unantastbarer Coolness strebende Thom Yorke irrigerweise annimmt, sie nicht mehr an den Tag legen zu dürfen. Die Schüchternheit war eine Illusion, hier weiß einer genau, was er tut.

Siebert packt sein Herz aus, zeigt es Wildfremden. Fast schon verboten fühlt es sich an, sein jetzt erschienenes Debütalbum anzuhören. Als würde man im Tagebuch eines anderen blättern. Auch wenn einem der Songtitel „It’s Not My Life“ das schlechte Gewissen zu nehmen versucht. Was die beiden EPs aus dem vergangenen Jahr, Transformation und IT’S NOT MY LIFE, erahnen ließen, ist eingetreten: ANOTHER HALF LIFE ist ein aus der Zeit gefallenes Meisterwerk in Sachen Songwriting, Arrangement und Dramaturgie. Der titelgebende Opener ist ein dreiviertelminütiger Chor, der mit der Erkenntnis schließt: „If you stare at all of your years, at your portraits, so without change, then it’s too late, it is done.“ Es geht voran, also. Folgerichtig trägt das nächste Lied den Titel „The Transformation“. Es setzt die sanfte Einführung fort. Die richtig großen Nummern spart Siebert sich für später auf: das tanzbare „Dead End Street“ etwa oder „Choose To Lose“, von dem wir uns ein baldiges Feist-Cover wünschen.

Kurz vor seinem Ende baut sich das Album zu seinem Höhepunkt auf, dem gigantischen „Angelina“. Ein Song, der sich Schritt für Schritt allem Irdischen enthebt, mit einer euphorischen Melodie anstelle eines Refrains, die einen den ganzen Scheiß um einen herum vergessen lässt und den Blick auf das Wahre, das immer anwesende Schöne freilegt. Ein Song wie der Übergang von Tag zu Nacht, vielleicht wie von Leben zu Erlösung. Wie passend, dass das folgende, letzte Stück „In Heaven“ heißt. Dort herrscht Ruhe. Freunden von Talk Talk, Radiohead und Get Well Soon kann mit dieser Platte der Winter nichts mehr anhaben. Die Vinylversion ist goldfarben. Das passt.
(Musikexpress)


And The Golden Choir auf Tour:

04.03.15 Köln, Studio 672
05.03.15 Wetzlar, Franzis
06.03.15 Erlangen, E-Werk
07.03.15 Mainz, Kulturclub schon schön
08.03.15 Göttingen, Nörgelbuff
09.03.15 Essen, Weststadthalle
10.03.15 Jena, Café Wagner
11.03.15 Hamburg, Prinzenbar
18.03.15 Magdeburg, Moritzhof
19.03.15 Düsseldorf, Die Kasette - Micro Pop Week
20.03.15 Frankfurt, Mousonturm Lokal
21.03.15 Stuttgart, Cafe Galao
22.03.15 München, Milla
27.04.15 Berlin, Lido
28.04.15 Dresden, Societätstheater



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