Zur Veröffentlichung seines aktuellen Albums hat Phillip Boa etwas über die Zukunft des Albums zu sagen...
In Zeiten, in denen immer mehr Manager bei Radio, TV und Plattenfirmen davon reden, dass das Format "Album/LP" veraltet bzw. überholt ist und ein Ende dieser Formate prophezeien und fordern.
Meine Meinung: Ein Album atmet eine Zeit, einen Raum, ist ein Dokument, ist die Summe vieler kleiner liebevoller Arbeitsschritte und Ideenaustausch vieler kreativer, andersdenkender Menschen, von Studios, Songschreibern, Musikern über Engineers, Producern, Designern, Fotografen bis hin zu Presswerken, Labels und Vertrieben, Geschäften. Alles Menschen, die Musik lieben. Die das nicht nur für Geld tun, sondern aus Idealismus. Nur noch kleine, unabhängige Vertriebe und Labels wissen noch diesen komplexen, einmaligen Prozess zu realisieren und zu schätzen. Ein Album ist die letzte Bastion der musikalisch Andersdenkenden, der letzten Zweifler, ein ästhetisches, komplexes, zeitloses, schillerndes Konstrukt."Bleach House" und seine liebevoll gestalteten Details sind ein Statement gegen eine Tendenz. (...)
"Bleach House" ist romantisch, laut und atmet komplex, in jeder Beziehung, total expressiv, elegant und naiv in seiner Summe, ähnlich wie diese Worte.
Ich LIEBE Alben; und ich liebe es, Alben zu machen, möchte, dass es mehr ist, als nur die Musik: Liebevoll verpackte Formate; hiermit mal ein Dankeschön an meine Fotografen und Designer Olaf und Jochen, danke auch schon mal an Cargo für die schwierige Realisation.
... und "Bleach House" praktischer Weise gleich in zahlreichen Versionen unter die wartenden Fans gebracht. Jedoch wird es Boas Anhänger mit der Qual der Wahl nicht gerade leicht gemacht, denn nur wer zu den schnellsten 200 gehörte, bekam seine Platte in pink farbenem Vinyl geliefert, der CD Digipack wartet hingegen noch mit 3 Bonus Tracks auf, die jedoch noch von 8 weiteren zusätzlichen Liedern und allerlei Extras in der schicken Limited Collector's Edition übertroffen werden.
Musikalisch bietet "Bleach House" einen Querschnitt durch das Schaffen von Phillip Boa und seinem Voodooclub und legt dabei sein Hauptaugenmerk auf eine härtere und punk-rockige Gangart im Stile von "Primitive Man" (von "Hair", 1989). Auf der Haben-Seite können hier "The One Who Howls At The Moon", "Down With The Protocols" und "Icons Of Anarchy" verbucht werden, "Beatsey Youth" und "Snake Plissken" hätten sich eher als Bonus Tracks geeignet.
Der Opener "Kill The Future" und "Chronicles Of The Neartbroken", eines der Highlights, würden sich auch nahtlos auf "Aristocracie" (1986) und "Copperfield" (1988) einfügen. Die elektronischen Beats von der Single "Standing Blinded On The Rooftops" und "Baby Please Go Home" lassen an "Boaphenia"-Zeiten (1993) denken, der für Boas Refrains so typische weibliche Gesang stammt nicht mehr von Pia Lund, sondern wird von einer nicht näher vorgestellten Dame, die offenbar "Blade Runner"-Fan ist und sich den Namen Pris gegeben hat, übernommen. Große Unterschiede macht dies nicht, da sie ähnlich klingt und auf dem Titelstück so schön schräg singt wie Pia auf den ersten Alben.
"Bleach House" wurde produziert von David Vella in den Temple Studios auf Malta, abgemischt von Dougal Lott (Ray Davies, Marina And The Diamonds, Bombay Bicycle Club) in den Londoner Konk Studios und gemastert von Fred Kevorkian (The White Stripes, The National) in den New Yorker Avatar Studios.
Bereits der treibende Opener „Kill The Future“ lässt keinen Zweifel daran, dass man es mit einem BOA-Output zu tun hat. Die Gitarren zeigen sich aufgekratzt und auch die Rhythmusfraktion lässt sich nicht lumpen. In diesem Sinne schließt sich auch das bassbetonte „The One Who Howls At The Moon“ an, ehe der Titeltrack „Bleach House“ geheimnisvoll übernimmt. Schließlich entwickeln sich auch hier die typischen gemischtgeschlechtlichen Vocals, bevor „Standing Blinded On The Rooftops“ die musikalische Reise dezent unterkühlt fortsetzt. So kennen und lieben die Fans die Mucke des Wahl-Maltesers, der einmal mehr zu einer textlichen Erkundungsreise einlädt. Mit ebenso bandtypischen wie zeitlosen und tanzbaren Sounds empfängt „Baby Please Go Home“ den geneigten Hörer, während „Beatsey Youth“ vergleichsweise harte Klänge anschlägt, um dann mit „Are You The One From Heaven“ aber gleich was fürs Herz hinterherzuschicken. „Snake Plissken“ macht unterdessen wieder ordentlich Druck und „The Fear That Falls“ erinnert an verträumte Tage in den Eighties. Derweil serviert „Ueberblendung“ erneut Futter für den Dancefloor, bevor „Chronicles For The Heartbroken“ zärtlichen Gesang zu einem filigranen Arrangement mit dem minimalistischen Dialog von Langaxt und Schlagwerk verbindet. Zweifellos einer der Höhepunkte der Platte, die ihre Fortsetzung im knackigen „Down With The Protocols“ findet. Ein wenig American Punk findet währenddessen beim zornigen „Icons of Anarchy“ Verwendung, ehe die Bonus Tracks „6AM In A Capital“, „Capping“ und „Ancedonia“ Raum für Spielereien bieten.
(Terrorverlag)
Doch seiner Heimat bleibt Boa trotzdem treu, wenn er in „Beatsey Youth“ „we are from Dortmund and we are proud of it“ singt. Boa ist ein Spezialist für subtile Textzeilen mit fast Dali-Esken Anklängen, die in ihrer Poesie und Melancholie einem Morrisey in nichts nachstehen. Fast liebliche Melodien wie „Are You The One From Heaven“ werden trotzdem nicht kitschig, wenn Boa und seine weibliche Gesangspartnerin mit eingängigen Refrains darüber flirren. Schon der nächste Song „Snake Plissken“ (Titel des legendären John Carpenter Films „Die Klapperschlange” mit Kurt Russel) nimmt wieder ordentlich Fahrt auf, wenn Pillip Boa und Oli Klemm mit ihren treibenden Gitarren über den Song donnern.
So bleibt das Album stets abwechslungsreich. Von Punk über Alternative bis Romantik ist alles dabei.
(Fast Forward Magazine)
Phillip Boa & The Voodooclub auf Tour:
05.11.14 Marburg, Kulturladen KFZ
06.11.14 Mainz, KUZ
07.11.14 Magdeburg, Factory
08.11.14 Dresden, Alter Schachthof
13.11.14 Nürnberg, Hirsch
14.11.14 Karlsruhe, Substage
15.11.14 Köln, Essigfabrik
28.11.14 Bremen, Kulturzentrum Lagerhaus
29.11.14 Hamburg, Markthalle
04.12.14 Göttingen, Musa-Saal
05.12.14 Erfurt, Gewerkschaftshaus
06.12.14 Berlin, Huxleys Neue Welt
07.03.15 München, Strom
Warum habe ich die Platte so selten gehört?
AntwortenLöschen8 Punkte
6,5 Punkte
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AntwortenLöschen7,5 Punkte
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