So kann es kommen: Eine Band wird von Alan McGee entdeckt, veröffentlicht erfolgreich erste Singles auf einem Indielabel, wechselt anschließ...

Glasvegas – Euphoric /// Heartbreak \\\




















So kann es kommen:
Eine Band wird von Alan McGee entdeckt, veröffentlicht erfolgreich erste Singles auf einem Indielabel, wechselt anschließend zu einem Major (Columbia), räumt mit dem Debütalbum „Glasvegas“ in den englischen Charts (Platz 2) ab, bestreitet eigene Tourneen in größeren Hallen und bespielt die bekanntesten Festivals.

So kann es aber auch weiter gehen:
Die guten Songs („Geraldine“! „It's My Own Cheating Heart That Makes Me Cry“!) wurden für das erste Album verwendet, schnell müssen neue (oder weniger gute alte) Lieder für das zweite Album her. Da landet plötzlich ein Song wie „You“ auf der Platte, der nichts zu bieten hat als einen, eben aus diesem einen, in die Länge gezogenen und mehrmals wiederholten Wörtchens bestehenden Refrain, oder „Whatever Hurts You Through The Night“, das sich als fürchterlich kitschiges Überbleibsel aus der Weihnachtsplatte „A Snowflake Fell (And It Felt Like A Kiss)“ entpuppt.
Ausgestattet mit dem Vorschuss der Plattenfirma wird mit Flood (Depeche Mode, Placebo, Editors) ein bekannter Produzent verpflichtet, der in einem teuren Studio noch die kleinste Idee zu einem pompösen Nichts aufbauschen kann. In den wenigen guten Momenten („Euphoria, Take My Hand“, „Lots Sometimes“) ist ein akuter U2ismus zu attestieren, ansonsten ist eine zunehmende Runrigisierung von Glasvegas nicht zu verleugnen.
Vielleicht lassen sich fehlende Ideen mit einem bedeutungsschwangeren Albumtitel überdecken, denn die Schrägstriche stehen laut Mastermind James Allen für "the ascent, the crest of a wave, and then the crash." Spoken Word Beiträge, wie hier im Opener „Pain Pain, Never Again“ und dem abschließenden „Change“ zielen in die gleiche Richtung. Wäre doch jemand vor Ort gewesen, der die vier Schotten mit dem Hinweis, dass weniger oft mehr ist, vor zu viel Bombast und Größenwahn bewahrt hätte!

Die Anzahl der beim Hören des Platte frei gesetzten Dopamine und Endorphine erleichtert es einem, sich als Fazit gemäß dem Albumtitel zwischen „Euphoric“ und „Heartbreak“ zu entscheiden.



Darf man eine Band, die noch vor nicht allzu langer Zeit als wichtigste und beste schottische Kapelle bezeichnet wurde, des Irrsinns bezichtigen? Irrsinn, weil keiner der Songs auf „Euphoric ///Heartbreak\\\“ ohne diese vollkommen übertriebene Dosis pompösen Glamours auskommt, ja nur schwerlich bestehen könnte? Eingerahmt vom sphärischen Intro „Pain Pain, Never Again”, bei dem eine Freundin des Frontmanns James Allan aus Montreal zu hören ist, und der ebenso tragenden Schlussnummer “Change” (hier Allans Mutter am Mikro) übergießen Titel wie „Euphoria, take my Hand“, „Lots sometimes“ oder “You” den Hörer mit einer nur schwer zu greifenden Mixtur aus markantem, aber auf Dauer an den Nerven zehrendem Gesang, meilenweiten Synthie-Flächen und Gitarreneffekten, bei denen selbst U2s The Edge noch die Kinnlade gen Süden streben würde.
Melodien haben die Songs allesamt im Überfluss, aber nur wenige davon tragen eine ausreichende Ladung Nachhaltigkeit in sich. Da wird höchst repetitiv ein und das selbe durchschnittlich ansprechende Motiv immer wieder strapaziert, während das Schlagzeug unter den Fittichen der neuen Drummerin munter das Bumm-Tschikk spielt und wenn da nicht die Songs wie „Shine like Stars“ oder „Whatever hurts you through the Night“ (erinnert ja doch sehr an T’Pau und Richard Marx) wären, die mehr Struktur und Einfallsreichtum beweisen, könnte man sich wirklich fragen, was Glasvegas da im Studio (oder in der Sonne Kalifornias – dort ist das Album zusammen mit Produzent Flood entstanden) getrieben haben. Man darf hier und da doch schon verwundert den Kopf schütteln - und doch ist da dieser leise Anflug von Reue, wenn „Shine like Stars“ oder „Whatever hurts you through the Night“, diese natürlich ebenfalls gnadenlos überbaute, aber doch sehr eindringliche Vertonung eines Road Movies ihren Weg in die Ohren findet.
(valve-magazin.de)

Auf “Euphoric /// Heartbreak \\\” ist alles groß: die Geste, der Weltschmerz, das Leiden, die Liebe, der Sound. Nur wirkt diese Größe hier ein wenig aufgeblasen. Wie ein Hefeteig, der bei der geringsten Berührung in sich zusammenfällt. Von den ersten Tönen des dramatischen Intros bis zu den letzten, gesprochenen Worten von “Change” ist das zweite Album der Schotten darauf aus, Eindruck zu schinden. Es drängt sich quasi auf die große Bühne. Trotzdem scheint noch immer das außerordentliche Talent der Band durch.
Am besten gefallen mir eigentlich die Songs, die ein wenig Luft zum Atmen haben und nicht duch Powerchords und Bombast-Refrains erdrückt werden. Das spannende “I Feel Wrong (Homosexuality Part I)” zum Beispiel oder auch “Lots Sometimes”, welches sich über sechs Minuten kontinuierlich aufbaut und in einem Drama endet. Auch das bereits erwähnte “The World Is Yours” ist ein großartiger Song, trotz des mächtigen Sounds. Oder “Euphoria, Take My Hand”, auch wenn es sich ein wenig im Dunstkreis von Coldplay (“Life In Technicolor”) bewegt.
Ein durchwachsenes zweites Album mit einer handvoll guter Songs, etwas zu bombastisch produziert.
(nicorola.de)


Glasvegas in Deutschland:

14.05.11 Köln, Live Music Hall
15.05.11 Berlin, Postbahnhof
17.06.11 Scheessel, Hurricane Festival
18.06.11 Neuhausen op Eck, Southside Festival

12 Kommentare:

  1. Nicht, daß ich es ohne die Kritiken gekauft hätte. Aber die sind trotzdem hilfreich.

    AntwortenLöschen
  2. vom gejaule eines james allen mal abgesehen... natürlich ist der sound sehr fett und glamourös, ein bisschen derbe drübergebügelt, aber man sollte diesem album nicht mehr unrecht antun als es verdient. ich kann mich durchaus mit ihm anfreunden, finde mehr und mehr gefallen dran.

    wenn ich an das letzte delays-album denke (oder das davor?) oder was die killers mittlerweile aus sich selbst gemacht haben, so war das ne ganze ecke deftiger, schlimmer und furchtbarer.

    AntwortenLöschen
  3. Aud das Killers-Level kann Glasvegas tatsächlich nur Stuart Price herunter ziehen.

    AntwortenLöschen
  4. Wenn ich so die größtenteils vernichtenden Kritiken allerorts sehe, kann das Album eigentlich nur großartig sein. Vielleicht komm ich heut mittag ja dazu die Doppel-LP mal aufzulegen.

    AntwortenLöschen
  5. Ich habe gestern Euphoria, take my Hand im Radio gehört und dachte erst, einen Mitschnitt eines neuen Lloyd-Webber Musicals zu erleben.

    AntwortenLöschen
  6. Auch auf die Gefahr hin, dass ihr mich wieder aus eurem feinen Kreis entfernt: Für mich ist dieses Album sowas von genial.
    Warum? - das könnt ihr hier nachlesen:
    http://darklands-radio-shadowplay.blogspot.com/2011/05/glasvegas-before-you-change-for-me.html

    Fazit: 9 von 10 Punkten

    AntwortenLöschen
  7. Da "Euphoria, Take My Hand" und "Lots Sometimes" am Ende des Albums einen guten Ausklang vermitteln, gibt es:

    7 Punkte

    AntwortenLöschen