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MG - MG
























Eigentlich seltsam, während sich Dave Gahan auf seinen beiden Soloalben "Paper Monsters" (2003) und "Hourglass" (2007) plötzlich als Songschreiber präsentierte und seit 2005 auch auf Platten von Depeche Mode Eigenkompositionen beitragen darf, beschränkte sich der eigentliche Songwriter der Band bei seinem Solooutput, der "Counterfeit"-Reihe (EP 1989, LP 2003), bisher auf Fremdkompositionen. Seine Zusammenarbeit mit Vince Clarke (Erasure, Yazoo und einstmals Depeche Mode) unter dem Namen VCMG erbrachte 2012 minimalistische, instrumentale, elektronischer Tanzmusik. 

"MG" setzt diese Arbeit in 16 Titeln und 54 Minuten nun konsequent fort und wandelt zwischen verträumtem Ambient, experimentellem, technoiden Elektro und atmosphärisch-filmischen Soundscapes. Die Nähe zu Depeche Mode lässt sich, wie auch prägnante Melodien, nur erahnen.
Da macht jemand genau das, was er möchte und nicht, was zahlreiche Devotees erhoffen und erwarten.


MG besteht nun erstmals aus Eigenkompositionen und -produktionen von Gore – ohne Gesang, teilweise skizzenhaft, assoziativ. Wer dachte, Gore sei ohne Hooks und Gesangsmelodien verloren, wird überwältigt sein davon, wie gut der 53-Jährige seine neuen Freiräume nutzt. Ein möglicher Ansatz für Kritik: Martin, you lazy boy, hast einfach ein paar Spielereien am Modularsynthesizer aus der Schublade gekramt und rausgehauen! Doch Martin Gore wäre nicht Martin Gore, wenn er nicht jede Skizze zum Song, jeden Maschinenfurz zur Mikromelodie hinbiegen könnte. Auch stilistisch passiert bei genauem Hinhören viel: Da gibt es Industrial- und Techno-Hybride (»Brink«) und melancholische Geister alter DM-Hits (»Europa Hymn«), »Elk« könnte ein verschollener Song aus Angelo Badalamentis Twin-Peaks-Soundtrack sein, und »Crowly« bolzt störrisch vor sich hin wie ein Actress-Track.
Wirklich wahr, an den schleppenden, erratischen Groove von Actress muss man oft denken, wenn Gore ab und an Drumspuren zuschaltet. Insgesamt dominieren aber schroffe Elektronik und Entdeckungslust, womit Gore einerseits auf die Vergangenheit verweist – auf die unpoppigen Seiten von Mute, auf Robert Rental, Duet Emmo, den frühen Fad Gadget – und andererseits auf ein aktuelles Revival dieses Pioniersounds. (...) MG ist deshalb so etwas wie ein Puzzleteil in Gores Karriere, das bisher fehlte. Gut, dass es jetzt da ist.
(Spex)




"MG" ist ein reines Instrumental-Album: düster, mit sphärische Endlosschleifen, wabernde Sinustöne und blubbernde Bässe. Beats fehlen fast komplett – und das obwohl der Drumcomputer immer wieder zum Einsatz kommt – aber eben nicht für treibende Rhythmen. Spezialisten würden die Sounds von Martin Gore jetzt womöglich als Ambient-Chill-Out-Music bezeichnen – für mich klingen die 16 Titel wahlweise wie der Soundtrack zum Stummfilm Metropolis von Fritz Lang, einem Endzeitfilm oder einer Dokumentation über Schwerindustrie – metallisch, maschinehaft. (...)
"MG" von Martin Gore ist weder ein Album für die Charts, noch für eine lustige Geburtstagsfeier. Wer aber keine Angst vor einem experimentellen und drogenfreien Trip in die Welt der elektronischen Dunkel-Musik hat, könnte mit Martin Gores Album "MG" durchaus neue Sphären bereisen.
(SWR)

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