Ist das noch die gleiche Band, die vor einigen Jahren mit "Oh My God, Charlie Darwin" (immerhin 2009 Platz 14 in unseren Jahrescharts) und "Smart Flesh" (2011) Folkrock-Fans für sich begeistern konnte?
The Low Anthem haben in den vergangenen 5 Jahren entweder den Spaß an dieser Musikrichtung verloren oder viel The Flaming Lips gehört oder zu viele Drogen genommen oder sich in ihrer eigenen Experimentierfreude verloren und bei den eigenen Ambitionen verzettelt.
Vermutlich alles zusammen.
"Eyeland", das seltsame Sammelsurium auf dem Plattencover deutet es bereits an, ist ein kruder Mix aus bunt-schillerndem Psychedelic-Pop, gefrickelndem und pluckerndem Ambient, abrubten Pro-Rock-Blitzen und minutenlangen, soundtrackartigen Instrumentalpassagen mit Session-Charakter. Die Lieder heißen "Wzgddrmtnwrdz", "Waved The Neon Seaweed" oder "Am I The Dream Or Am I The Dreamer" und klingen genau so. The Flaming Lips trifft Vangelis trifft Mercury Rev trifft Múm trifft Devendra Banhart trifft Grandaddy.
Die Band dürfte sich ins Fäustchen gelacht haben, als sie vorab »The Pepsi Room« veröffentlichte – einen archetypischen Folk-Song, der genau das Gegenteil davon andeutet, was sich nun auf dem Album vollzieht: lange Instrumentalpassagen aus flirrenden Gitarrenwänden, Pianos, Trompeten und Störgeräuschen. Fast alles ist anders als zuletzt. Aber ist das zwangsläufig besser? Man kann dem Duo zugutehalten, dass »Eyeland« ein mehrdimensionales Hörerlebnis mit interessanten Sounds und einem hohen Maß an Abwechslung ist. An manchen Stellen übertreiben es die beiden aber: Stücke wie »Her Little Cosmos« oder »Ozzie« klingen, als hörte man der Band hinter einer Glaswand bei ihrem Spiel zu. Insgesamt markiert »Eyeland« aber trotzdem einen mutigen Schritt. Bei der nächsten Platte greifen die Experimente dann vielleicht noch besser ineinander.
(intro)
Vielleicht sollten The Low Anthem zusammen mit dem "Eyeland"-Tonträger einen Feuerlöscher verschicken, denn von ihren einstigen (Country-)Folk-Roots scheinen sie die Schnurrbärte voll gehabt zu haben. Der nahezu gleichnamige Opener steigt noch ruhig und atmosphärisch als eine Art Pseudo-Indie-Schlaflied ein und lässt fälschlicherweise die Vermutung aufkommen, dass Altbekanntes in moderner Form folgen werde. Doch bereits bei "Her little cosmos" beginnt der Irrsinn: Der Gesang verschwindet nahezu unverständlich im Hintergrund, und minimalistisches Frickel-Geplucker inklusive intensivem Beatmaschineneinsatz bestimmt das Tempo.
Auch "Ozzie" setzt auf diese Art der verqueren Aneinanderreihung von Tönen from Outer Space, die The Low Anthem selbst "Future-Folk" nennen. "Waved the neon seaweed", "Wzgddrmtnwrdz" und "Am I the dream or am I the dreamer" inklusive Batman-Theme-Anleihen und windschiefen Bläsern gehen sogar noch mehrere Schritte weiter, klingen wie viel zu lang gezogene Interludes und verzichten vollständig auf Gesang, womit jeglicher Halt für den Hörer verloren geht. Dadurch wird dieser komplett aus den Ohren verloren, und The Low Anthem spielen für sich selbst. Einzig "The Pepsi moon" erinnert noch an die Vergangenheit. Der Song scheint nicht nur vom Namen her an ein – zumindest früheres – Vorbild der Band aus Rhode Island gerichtet zu sein, denn Nick Drake und sein pinker Mond befinden sich nur einen Steinwurf weit entfernt vom kohlesäurehaltigen Erfrischungsgetränk. Auch "Dream killer" als Piano-Ballade sorgt wenigstens kurzzeitig für etwas Pipi in den Augen – vermutlich auch aufgrund der Verdeutlichung, was möglich gewesen wäre.
(Plattentests)
Nach all den vernichtenden Kritiken, habe ich viel Schrecklicheres erwartet. Die ruhigen Folk-Balladen blitzen doch hier und da immer noch auf, und strahlen durch die experimentelle Ummantelung fast noch heller. Natürlich gibt es auch ein paar anstrengende Passagen.
AntwortenLöschen7
Das Album ist in der Tat besser als sein Ruf. 7 Punkte
AntwortenLöschenVersponnen, aber besser als gedacht. Ebenfalls 7 Punkte
AntwortenLöschenIch lande bei 6 Punkten
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