Nach Sigur Rós (2002, 2005) und Noah And The Whale (2009) sind Tunng (2006) bereits die dritten ehemaligen Titelträger...

Tunng - Turbines

















Nach Sigur Rós (2002, 2005) und Noah And The Whale (2009) sind Tunng (2006) bereits die dritten ehemaligen Titelträger, die sich dieses Jahr bei Platten vor Gericht als "Album des Jahres" bewerben.
Dank Beady Eye und Sigur Rós sind Oasis (2008) und Jónsi (2010) ja auch irgendwie am Start und mit Morrissey (2004), Arcade Fire (2007) und Kasabian (2011) könnten tatsächlich noch weitere ehemalige Sieger folgen. 

Letztes Jahr musste man ein wenig Angst um das Fortbestehen von Tunng haben, denn nach dem Ausstieg von Sam Genders veröffentlichte auch Mike Lindsay mit (und als) "Cheek Mountain Thief" ein Soloalbum.  
Doch nun, 3 Jahre nach "...And Then We Saw Land", steht mit "Turbines" wieder ein Album der britischen Folktronic-Formation in den Läden und alles ist so schön wie zuvor. Die Ursprünge von "Turbines" sind in Island zu finden, als in gemeinsamen Jam-Sessions erste Song-Ideen entwickelt wurden. Diese wurden in einem Studio in Dorset als Sextett weiter ausgearbeitet, so dass das fünfte Tunng-Album auch als erste "Band-Platte" verstanden werden kann.  

Weitere Änderungen auf "Turbines" sind der omnipräsente Girl/Boy-Gesang zwischen Becky Jacobs und Mike Lindsay ("Trip Trap"), ein irgendwo ausgegrabener 70er Jahre Synthesizer, dem viel Raum zugestanden wird ("By This"), und aufgrund verstärkten Gitarreneinsatzes eine größere Nähe zum Retro-Rock, den die Band selbst als "sci-fi folk-rock" verstanden sehen möchte ("Heavy Rock Warning"). Selbstverständlich gibt es weiterhin den Simon & Garfunkel nahe stehenden, warmen Folk, der von feinster Electronica unterspült wird ("Follow Follow").



Eins lässt sich schnell feststellen – es ist eine homogene, in sich schlüssige Platte geworden. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich, denn Tunng vereinen seit jeher neben einer Reihe von musikalischen Einflüssen auch unterschiedlichste Instrumente in ihren Songs. Umso mehr erfreut es, dass sich die Band diese Vorliebe für Vielfalt und Kurioses beibehalten hat und „Turbines“ trotzdem eine organische Klangfarbe verleihen konnte. Auf die bekannten, leicht exzentrisch wirkenden Soundexperimente muss man trotzdem nicht verzichten, etwa im sich kontinuierlich steigernden „So Far From Here“, in dem Marimba-ähnliche Sounds auf zerzauste Tröten treffen.
Dennoch wirkt Tunngs Sound auf „Turbines“ deutlich abgerundeter als auf ihren vorherigen Alben. Synthesizer werden ergänzend zu Naturinstrumenten verwendet und geben den Songs mehr Textur anstatt als gegenläufige, konkurrierende Akzente behandelt zu werden, was hervorragend mit dem Songwriting harmoniert – denn die Songs auf „Turbines“ sind melodischer denn je. Dass Mike Lindsay und Becky Jacobs sich in den Gesangspassagen häufig abwechseln, sorgt für Tiefe. Insgesamt wirkt das alles freundlich, luftig und fließend – alles scheint in die warmen Sonnenstrahlen eines Sommerabends getaucht zu sein und entfaltet ein wohliges Indie-Pop-Gefühl ohne dabei belanglos zu sein.
Tunng schaffen es auf „Turbines“ gekonnt, ihren Stil abzurunden und trotzdem ihren eigenen verspielten Charakter beizubehalten. Dabei klingt ihre Musik so schlüssig und ausgereift wie nie – Es scheint so, als hätte der Band die kollektive Zusammenarbeit und die intensive Konzentration auf das neue Album gutgetan. Mit „Turbines“ erscheint so ein Album, das die Entwicklung und Reife der Band widerspiegelt und vor allem vom geschmackvollen Songwriting lebt.
(byte.fm)


‘Bloodlines‘ zum Beispiel beginnt als ein verworrenes Geflecht aus durcheinanderschwirrenden Electro-Schnipseln, die sich schließlich um eine einzelne Gitarre auflösen, und vom zarten Wechselgesang von Männer- und Frauenstimme übernommen werden und mit einen wunderbar melodiös klimpernden Klavier enden.

Tunng haben auf ‘Turbines’ ihren Weg gefunden, romantischen Folk à la Simon and Garfunkel mit schrulligen Electrosounds zu vereinen. So beginnt ‘Follow Follow‘ wie ein Gitarrenpopstück aus den staubigen 60ern, nur um dann einen verspielten Synthiesound davorzuschalten, der dem Song erst seine rhythmische Dynamik verleiht. Überhaupt, Tunngs Songs leben in großem Maße von der rhythmischen Bandbreite, den unerwarteten Tempowechseln, vereint mit dem zauberhaften männlich-weiblichen Harmoniegesang.

Die Songs sind trotz der breitgefächerten Details und liebevoll-elektronischen Einfällen, wie beispielsweise dem erstaunlich dicken Beat und den Drumsamples in ‘Trip Trap‘, in ihrer Essenz simpel, melodiös und dadurch zugänglicher, poppiger als auf den Vorgängern der Band.

‘Turbines’ ist letztlich ein seltsames Album, mit all seinen Ecken und Kanten, aber es ist wie dieser Freund, den man schon seit seiner Kindheit kennt und der schon immer ein wenig seltsam war – dessen Macken man aber im Laufe der Zeit schätzen gelernt hat, als das, was sie tatsächlich sind: liebenswerte Andersartig- nein! Einzigartigkeiten.
(Bedroomdisco)



Tunng in Deutschland:

28.09.13 Hamburg, Reeperbahnfestival
30.09.13 Berlin, Festsaal
01.10.13 Frankfurt, Zoom
02.10.13 München, Ampere

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