Kommen wir von einem der kürzesten zu einem der längsten Album des Gerichtsjahres 2024 (und damit können wir eine vergessene Platte, nein, eigentlich sind es deren drei, nachtragen): Während man „Universum“ einmal durchlaufen lässt, muss man bei „Aurelia“ gleich viermal die Starttaste drücken. Denn Fortuna Ehrenfeld füllen ihr aktuelles Album mit 31 Songs und fast 2 Stunden Musik und deren stilistische Bandbreite ist immens. Wie kunterbunt diese irrsinnige Songsammlung ist, verdeutlichen bereits die Kürze bzw. Länge der extremsten Songs: „Viva La Vida“ (keine Coverversion“) ist nach 0:56 Minuten vorbei, „Tulpen aus Amsterdam“ (nein, auch keine Coverversion) läuft 8:35 Minuten. (Und „Hol die Polizei“ ist wohl auch keine Coverversion von The Police, oder?)
So divergent wie diese Songlängen sind auch die Meinungen zu „Universum“ und so seien hier Kommentare von Unterstützern der Kölner Band und Meinungen von laut.de-Lesern gegenübergestellt:
Zwischen schönstschlimmster Melancholie ohne Kitsch und Kalkül bis hin zu tanzbarstem Gaga haben Martin Bechler und Kollegschaft ein kleines Meisterwerk geschaffen, das seinesgleichen bis dato sucht in der Vita der deutschen (Indie-)Musik. Wer die Alben-Geschichte der Band verfolgt, kann nur darüber staunen, wie sie nur immer gewaltiger, dichter, genialer wird. Was auf das "Universum" jetzt noch folgen soll hingegen, überfordert die Vorstellungskraft.(BendyFazey)Ganz großes Theater. Es klingklongt wie aus einer anderen Welt. Gedankenreich!(Otti07)
kannte ich bislang nicht. ist ja einfach nur fürchterlich(Schwingster)Klassische 1/5 Zusätzlich 1/5 fürs Label(abbedudde)
Finanziert wurde dieses ambitionierte Projekt via Crowdfunding und es fanden sich tatsächlich genug Käufer für Doppel-CD und Dreifach-LP, so dass „Universum“ der Sprung in die deutschen Charts (#92) gelang, zwar nur knapp, aber immerhin!
Man darf gespannt sein, ob auch hier die Meinungen zu „Universum“ auseinander driften. Zuletzt war bei Platten vor Gericht der Trend nicht der Freund von Fortuna Ehrenfeld:
„Hey Sexy“ (2017), Platz 82 (7,100 Punkte)
„Helm ab zum Gebet“ (2019) Platz 26 (7,583 Punkte)
„Die Rückkehr zur Normalität“ (2021), Platz 40 (7,583 Punkte)
„Glitzerschwein“ (2023), Platz 123 (7,000 Punkte)
Das Sprichwort "Mehr Menschen, mehr Idioten" ließe sich auch wunderbar übertragen auf Musikalben mit 31 Songs, "mehr Songs, mehr Ausreißer". Ich mache es kurz, diese Ausreißer sucht man trotz einer Albumlänge von 111 Minuten mit der Lupe und überdies ist dieses Urteil ja auch sehr subjektiv.
"Tulpen aus Amsterdam" ist ein Song, der nicht nur die Energie, sondern auch die Länge einer angeleiteten Meditation hat. Warum es musikalisch zerrissene fragmentarische fünfminütige Interludes wie "The Creatures From The Sea" braucht, wollte sich mir noch nie erschließen, und der- oder diejenige, dem oder der "Fuzzi Fuzzi Cowboy" nicht zu infantil ist, möge laut 'hier' schreien. Ansonsten aber spielen die Ehrenfelder die gesamte Klaviatur ihres musikalischen Spektrums aus, "Bring Back The Noise" macht sogar den Moshpit auf, Pogo, gib ihm; und was für einer.
(laut)
Diverse Genres werden, weil er es kann, bedient. Das Einschlaf- und Trostlied „Schatzilein“ umschmeichelt beruhigend, „Fuzzi Fuzzi Cowboy“ zitiert klassische Westernfilmmusik. Es wird von oben auf die Welt geguckt („Turbulentes Indigo“, ja, ja, Joni Mitchell) oder in „Univer- sum Prolog“ gefordert: „Talk to me, set the captain free.“ Auch ein lustiges Quatschstück ist dabei: „Wir sitzen hier und schlabbern Aperol“ mit der tollen Zeile: „Die Füße ausgestreckt bis in den Boden, den jemand für uns aufgeschüttet hat.“
UNIVERSUM enthält Nachdenkliches, Schnurren und niedliche Überlegungen zu Sinn und Dasein. Gesanglich bewegt sich das Ganze im Bereich Tom Waits, es wird genuschelt und mit feenhaftem Backing-Gesang gearbeitet. Allein: Die Sache ist irgendwie nicht cool. Sie hat etwas Bildungsbürgerliches, Stadttheaterhaftes an sich. Man sieht Germanistik-Studentinnen dazu ihre Bachelorarbeit schreiben.
Ich hab Angst vor Ohrwürmern von "Fuzzi Fuzzi Cowboy" und "Wir sitzen hier und schlabbern Aperol". 6,5 Punkte
AntwortenLöschenEin paar Songs weniger und es wäre (für mich) eine runde, tolle Sache. 7,5 Punkte trotz des Cowboys.
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschenP.S.: Ich hatte in jüngerer Zeit in die Serie "Yellowstone" reingeschaut. Auf diese Art konditioniert, ist "Fuzzi Fuzzi Cowboy" erträglich.
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