Maifeld Derby 2013 (VII)
Scout Niblett wurde als Emma Louise Niblett geboren, wodurch einerseits erklärt wird, wer mit Emma im Plattentitel gemeint ist, andererseits bereits aufgezeigt wird, dass es sich um ein sehr persönliches und intimes Album handelt.
Die in Portland, Oregon, lebende Engländerin setzt sich thematisch mit den Aspekten enttäuschter Liebe auseinander und vertraut dabei in kargen Arrangements ausschließlich auf ihre Stimme, Gitarre, Schlagzeug und dezente Streicheruntermalung. Scort Nibbelt stellt "It's Up To Emma", das irgendwo zwischen PJ Harvey, Sinéad O'Connor (jeweils in ihren Frühphasen) und Nirvana anzusiedeln ist, am heutigen Freitag beim Maifeld Derby Festival vor.
Niblett verleibt sich ‘No Scrubs‘ ein, die schmeichelweiche R&B Hymne von TLC, reißt ihr das Fleisch von den Knochen aber nicht das Herz aus dem Leib. Obwohl Niblett ansonsten beinahe jeden einzelnen Ton auf ‘It’s Up To Emma‘ selbst eingespielt hat darf hier der kongeniale Gatte Emil Amos (Om/HolySons/Grails) mit dunklen Bariton zurückhaltend unter die Arme greifen, sein Abdruck wird immer wieder in den neun Kompositionen spürbar. Will Oldham Fans werden davon entzückt sein, alle anderen sowieso. Zumal derartig im Unterholz köchelnde Aggro-Romantik überall auf ‘It’s Up To Emma‘ zu finden ist, selbst im Alleingang und der neuen Körperlichkeit in den Texten, der unkaschierten Personalisierung in Cover und Titel. ‘Can’t Fool Me Now‘, ‘What Can I Do?‘ und das erhaben strahlende ‘My Man‘ finden nicht nur Erfüllung in schwärmenden Gitarrensolos, sondern auch in bombastbefreiten Streichern, die sich elegisch in die sehnsüchtigen Songs schmiegen.
Das spät einsetzende Schlagzeug (klassisch rohe Snare mit satter Bassdrum) im furios scheppernden Fuck You ‘Gun‘ (gönnt sich stimmungsmachende “Hey!“-Anfeuerungen) trifft kantigen Doom-Metal elegant in den Magen, ‘Second Chance Dreams‘ und ‘Woman and Man‘ bringen PJ Harvey mit Sonic Youth ebenso kratzbürstig wie Indie-rockend unter einen Hut. Das John Frusciante Gitarrenspiel in ‘Could This Possibly Be?‘ könnte melancholischer kaum sein und giest sich letztendlich doch einen Kanister Benzin über den Körper.
Die sich mittlerweile an Spielregeln haltende Stimme; die Art des Gitarrespiels aus schweren Riffs, offenen Akkorden und wehmütig schwingenden Tremolo: man kennt die Bausteine dieser unverkennbaren “Scout Niblett-Musik” mittlerweile auswendig, da mag das eine oder andere Motiv Erinnerungen hervorrufen. Aber einem Mark Kozelek wirft ja auch zurecht niemand vor, dass man ihn und seine Gitarre blind erkennen würde. Zumal Niblett trotz einer gewissen Role-Model-Funktion immer noch ohne ernsthafte Konkurenz arbeitet.
Vor allem aber steht die Rückkehr zur unverschmähten Schönheit der immer noch zwischen ruppig und verletzlich pendelnden Niblett einfach ausgezeichnet. Eingängiger (tatsächlich: poppiger!) und unmittelbarer war die Engländerin mutmaßlich noch nie. Womit ‘It’s Up To Emma‘ auch das Album sein sollte, dass die leidigen Will Oldham Rufe bei Liveaufttitten ein für allemal verstummen lässt.
(Heavy Pop)
Scout Niblett in Deutschland:
31.05.13 Mannheim, Maifeld Derby Festival
01.06.13 Hamburg, Kampnagel (mit Ólöf Arnalds)
03.06.13 Berlin, Volksbühne (mit Ólöf Arnalds)
04.06.13 Duisburg, Steinbruch
05.06.13 Schorndorf, Manufaktur
09.06.13 Köln, Museum Ludwig
11.06.13 München, Strom
24.06.13 Jena, Cafe Wagner
sieben punkte.
AntwortenLöschenInteressante Stimme! Die Spannung hält aber nicht über die gesamte Spieldauer an.
AntwortenLöschen6 Punkte
Ui, war das beim Maifeld Derby so gar nicht nach meinem Geschmack - und das lag nicht am strömendem Regen.
AntwortenLöschen4 Punkte
Seit Mitte 2013 liegt die Scheibe immer wieder auf meinem Plattenteller. Ebenso toll wie Calcination und Kidnapped by Neptune. 10 Punkte
AntwortenLöschen