Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die beste Band im Schottenland? Dank ihres Albums " The Gift " (2008) haben sich Adele B...

Sons & Daughters - Mirror Mirror



















Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die beste Band im Schottenland?
Dank ihres Albums "The Gift" (2008) haben sich Adele Bethel, David Gow, Ailidh Lennon und Scott Paterson zumindest für die nähere Auswahl auf der Suche nach einer passenden Antwort auf diese Frage qualifiziert.

Nun steht "Mirror Mirror", das vierte Album von Sons & Daughters, in der Startlöchern und ist dabei anders als der Vorgänger geraten. Es wurde nicht mehr mit Bernard Butler in London aufgenommen, sondern mit Keith McIvor im heimischen Glasgow. Verschwunden sind dadurch die poppigen und glamourösen 60s-Anleihen. "Mirror Mirror" ist düsterer, sperriger und bietet Dank Produzent McIvor und Mixer Gareth Jones (Depeche Mode) unerwartete analoge Synthie-Klänge zu einem Mix aus Postpunk, New Wave und Indierock. Als träfen sich Siouxsie an the Banshees und Blood Red Shoes in einer Geisterbahn, um Songs von The Cure, The B-52s und Fever Ray zu covern.

Dass Bethel das Mikrophon nicht mehr für sich alleine will, sondern Paterson diverse Leadparts überlässt, reduziert den innig geliebten Sirenenfaktor. Dass seine Stimme jedoch sogar den Turm von Pisa gerade aussehen lässt, sorgt beim rumpelnden "Don't look now", beim irrlichternden Spaßverderber "Breaking fun" und zum elastischen Neumond-Beat von "The beach" für fröhliche Dissonanz. Holpern und Stolpern verschrecken nur vorläufig, gehörten sie doch schon immer zum Bezugsrahmen von Sons And Daughters. Wo alle Welt zackiger Achtelbeats überdrüssig geworden ist, zeigen die Schotten, dass die wahre Schönheit des Postpunk im kantigen, bissigen Lärm lag. "Mirror mirror" grüßt den "Rock lobster".

Die größte Freude machen jedoch weiterhin Bethels Mädchenmomente, die dieses Mal raffinierte Schlagseite aufweisen. Das elegante "The model" formuliert vor blecherner Kulisse eine späte Antwort auf "Boys don't cry". "Do you think she's happy? Really, really happy?" Die quecksilbernen Gitarrenhubschrauber von "Orion" schießen einen in den Abendhimmel. Im synthetischen "Ink free" spielt eine Schreibmaschine den Bolero. Halliges Schrammeln und perlende Gitarrenspiralen helfen sich gegenseitig dabei, den Rockismus von "Rose red" auf Distanz zu halten, der am Ende ganz schön Rabatz macht. Und der "Bee song" sorgt für ein pochendes Mantra des Scheiterns, das in seiner minimalistischen Pracht Thom Yorkes Zuspruch ernten dürfte. Die großen Hymnen haben Sons And Daughters also vor die Tür gesetzt. Die Glasgower haben sich damit abgefunden, nicht mehr zu Scotland's Next Popstars zu werden. Sie haben heute kein Foto für uns. Das wunderbar verzerrte Spiegelbild gefällt sowieso viel besser.
(plattentests.de)


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