Früher, als man zu Vor-Pandemie-Zeiten noch Konzerte besuchen konnte, habe ich Ólafur Arnalds bereits drei Mal live sehen dürfen. 2013 und 2...

Ólafur Arnalds - Some Kind Of Peace


Früher, als man zu Vor-Pandemie-Zeiten noch Konzerte besuchen konnte, habe ich Ólafur Arnalds bereits drei Mal live sehen dürfen. 2013 und 2018 jeweils im passenden Rahmen, nämlich in der Wiesbadener Ringkirche bzw. im dortigen Kurhaus. Dort wurde den ruhigen Klängen des Isländers äußerst andächtig gelauscht. Mit steigendem Bekanntheitsgrad ändern sich offensichtlich auch die Anfragen und so stand ich letztes Jahr beim Down The Rabbit Hole Festival vor der Bühne und erlebte einen ob der Örtlichkeit (dauerquatschende Zuschauermengen, die einerseits auf einer Schicht bei jeder Bewegung knackender Kunststoffbecher standen und anderseits in einem Zelt waren, auf das der Regen stark prasselte) und fehlerhaften Technik verzweifelnden Arnalds. 
Auch sein neues Album bietet sich nicht gerade für die Darbietung auf einem Festival an.

„Some Kind Of Peace“ ist, neben den zahlreichen Zusammenstellungen, Soundtracks und Projekten, das fünfte Album von Ólafur Arnalds. Und wie bei den beiden Vorgängerplatten „Re:member“ (2018) und „For Now I Am Winter“ (2013), die bei Platten vor Gericht in der Jahresendauswertung auf Platz 8 und 14 landen konnten, lud er sich bekannte Musiker und Gaststimmen ins Studio ein: an prominentester Stelle wären Simon Green aka Bonobo („Loom“) sowie die Sängerinnen Jófríður Ákadóttir aka JFDR („Back To The Sky“) und Josin („The Bottom Line“) zu nennen. 

Gemeinsam mit Karl Pestka, Björk Óskarsdóttir und Sigrún Harðardóttirden an den Streichinstrumenten webt der Pianist wieder einen wohlig entspannten Klangteppich aus Kammermusik, Ambient und Neo-Klassik, in den man versinken und dort verweilen möchte. Nur dezent werden von elektronischen, sanft vor sich hin pluckernden Beats und den sich einschmeichelnden Stimmen von JFDR und Josin Kontrastpunkte gesetzt. Wer Entspannung sucht, wird sie auf „Some Kind Of Peace“ finden. 




 


Entgegen aller Erwartungen fällt der Einstieg mit Loom nicht gedankenschwer, sondern leichtgängig, ja geradezu spielerisch aus: Gast-Star Bonobos verquirlte Vocal-Samples flüstern mit wandernden Klavieren um die Wette, die nur von ein paar markigen Synthesizer-Bässen auf dem Boden gehalten werden. Aber der Reihe nach: mehrere Klaviere? Auch für some kind of peace hat Arnalds wieder mit dem Plug-In Stratus gearbeitet, hinter dessen klangvoller Beschreibung “halb-generativ” sich die Fähigkeit verbirgt, jedem gespielten Ton weitere Verzierungen hinzuzufügen. Als säßen da gleich mehrere Pianisten an ihrem Instrument, wird ein einmal angeschlagener Akkord geisterhaft zu dichten Netzen von Variationen weitergesponnen – selbstverständlich innerhalb der vorgegebenen rhythmischen und harmonischen Gefilde. Die Wirkung dieses ausgesprochen gut dressierten One-Trick-Ponys ist jedoch nicht zu unterschätzen, wie Woven Song gleich darauf zeigt. Eine Wolke aus raschelnden Tasten- und Pedalgeräusche breitet sich aus, von Arnalds mit südamerikanischem Gesang verflochten und dann sanft mit zurückhaltenden Streicher-Spuren zugedeckt. Da ist es schon, wonach wir uns gesehnt haben: ein beruhigendes, wohlig einlullendes Wiegenlied.
Arnalds wird das eingangs zitierte Album-Motto allerdings schnell zum Verhängnis. Hat er sich auf sympathische Art und Weise klein gemacht und führt zum Einstieg subtil seine Klangelemente vor, bläht er die restlichen Songs meist mit enttäuschender Verlässlichkeit auf. Das Unperfekte, das durch die Samples von Woven Song schimmerte, verrinnt in einem gleichmäßig warmen, unkenntlichen Strom aus bedeutungsschwangeren Streichern und dahinklimperndem Stratus-Piano. Dabei bleibt nichts übrig, was Arnalds Vorstellung von Frieden stören könnte








5 Kommentare: