Während sich der eine unserer beiden jungen Kater, Bowie, noch durch die 26 Soloalben seines Namenspatrons hört, kann sich der andere, Iggy, sogar über eine brandneue Platte freuen. Denn Iggy Pop veröffentlichte am 6. Januar sein neunzehntes Studioalbum „Every Loser“. (Von den Stooges erzähle ich Iggy erst in ein paar Jahren, aber Tin Machine werde ich Bowie verschweigen.)
Wer jetzt, nach dem etwas ruhigeren und auch in Richtung Jazz schielenden Alterswerk „Free“ (2019) dachte, dass es James Newell Osterberg Jr. mit mittlerweile 75 Jahren etwas ruhiger angehen lassen würde, sieht sich getäuscht. Iggy Pop tobt, rockt und wütet in 37 Minuten als stünden noch die beiden Asheton-Brüder Ron und Scott sowie Dave Alexander als The Stooges an seiner Seite und wäre es 1969 und nicht mehr als 50 Jahre später.
Dafür wirkten neben dem Produzenten, Gitarristen und Keyboarder Andrew Watt zahlreiche bekannte Musiker an „Every Loser“ mit: Bassist Duff McKagan (Guns N’Roses) und Schlagzeuger Chad Smith (Red Hot Chilli Peppers) auf dem Großteil des Albums, vereinzelt Dave Navarro (Jane’s Addiction), Josh Klinghoffer (Red Hot Chilli Peppers), Stone Gossard (Pearl Jam), Travis Barker (Blink-182), Eric Avery (Jane’s Addiction) oder der jüngst verstorbene Taylor Hawkins (Foo Fighters).
„Every Loser“ ist als CD, Kassette und Vinyl in mehreren Varianten erhältlich: black Vinyl, blood red Vinyl, Picture Disc, coke clear Vinyl und sky blue Vinyl (beide mit alternativem Artwork).
In „Frenzy“, dem furiosen Einstieg ins neue Album, zeigt der Sänger allen Douchebags, die ihn aufs Altenteil abschieben wollen, den Mittelfinger: „So get me a try before I fucking die/ My mind is on fire, I will not retire.“ Chili Pepper Chad Smith, Duff McKagan und Andrew Watt halten ihm dabei den Rücken frei – mit einem Sound zwischen Rock’n’Roll- Exzess und fett produzierter Selbstparodie.„Modern Day Rip Off“ ist leider trotzdem wenig mehr als eine Diebestour durch das Werk der Stooges. Sehr druckvoll und energisch, das schon, aber ohne eine einzige neue Idee. „Morning Show“ präsentiert Iggy dafür mit einer wunderbar tiefergelegten Balladenstimme, auch der darauffolgende Swing „The News For Andy“ behält den warm-sonoren Ton bei. Beide Songs sind auch deshalb große Klasse, weil sie aus dem oft zu betont virilen Rahmen fallen. „Neo Punk“ klingt denn auch so schrecklich, wie es heißt. Tobsüchtige Musik für Sechzehnjährige mit Selbstfindungsproblemen und gelegentlichen Erektionsstörungen. Aber so was passiert jedem mal, ehrlich. Insgesamt ist „Every Loser“ eine recht gelungene Kollektion.
„Modern Day Rip Off“ wird von einem Stakkato-Klavier vorangeschoben, das an „I Wanna Be Your Dog“ erinnert, und in „Comments“ erzählt Iggy vom erfolglosen Versuch, in Kommentarspalten Liebe zu finden, während seine Band einen 80ies-New-Wave-Smiths-Pastiche zusammenbraut.Die Spoken-Word-Parts sind schnell übersprungen, Schlusstrack „The Regency“, ein Stück Jangle-Pop mit Moshpit-Kompabilität. Die Texte sind manchmal etwas drüber, und die Produktion etwas zu geschleckt, aber Iggys Gesang ist vielseitig und die Songs stark.
8 Punkte
AntwortenLöschenWarum das Album bei "Album Of The Year" (www.albumoftheyear.org) bei immerhin fast 500 User-Bewertungen auf derzeit nur 4,8 Punkte kommt ist mir ein Rätsel. 7 Punkte von mir.
AntwortenLöschenIch wünschte, ich könnte mit 75 Jahren auch noch Punk-Rock... zumindest hören. 7 Punkte
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