Eine norwegische Rap-Band namens Undergrunn hat verhindert, dass  Susanne Sundfør zum fünften Mal in Folge mit einem Album auf Platz 1 in i...

Susanne Sundfør - Blómi


Eine norwegische Rap-Band namens Undergrunn hat verhindert, dass Susanne Sundfør zum fünften Mal in Folge mit einem Album auf Platz 1 in ihrer Heimat gekommen ist. Das wird die Singer/Songwriterin vermutlich aufgrund ihres privaten Glücks verschmerzen können, denn während der Pandemie kam ihre erste Tochter zur Welt und letztes Jahr heiratete sie deren Vater und Jazz Musiker André Roligheten. 

„Blómi“ ist ein höchst optimistisches und emotionales Album geworden, welches einerseits die positiven Lebensveränderungen der Mutterschaft beschreibt und als eine Art Liebesbrief an ihre kleine Tochter zu verstehen ist und andererseits starken Bezug zur eigenen persönlichen Lebensgeschichte, wie die akademische Arbeit ihres Großvaters, eines auf semitische Sprachen spezialisierten Linguisten, nimmt.

Musikalisch setzt sie den mit „Music For People In Trouble“ (2017) eingeschlagenen Weg fort, verzichtet auf Synthesizer und andere elektronischen Gerätschaften und konzentriert sich auf intimen Folk mit Ausflügen in Richtung Jazz und Gospel, bezaubernden Kammerpop sowie experimentelle Fieldrecordings samt Spoken Word Beiträgen. Hier wird ein Song nur vom Piano getragen, dort schwelgen Streicher und Chöre und da säuseln ein Saxophon und Flöten. Gesungen wird größtenteils auf norwegisch, jedoch gibt es auch englische („Alyosha“, „Náttsǫngr“) und deutsche Texte („Sānnu yārru lī“) zu vernehmen - letzterer wird Susannes Töchterchen möglicherweise erröten lassen, wenn sie ihn verstehen wird.

Blómi“ wäre schon ein höchst ungewöhnliches Album für die Spitze der Charts gewesen - als Ausgleich gibt es ausreichend Kritikerlob: Bei Metacritic sind aktuell 88/100 Punkten verzeichnet.
Das Ende April veröffentlichte „Blómi“ ist mittlerweile auch in Deutschland als CD und LP (black Vinyl) erhältlich.


 


Die gleichzeitige Intimität und Unnahbarkeit ist das größte Faszinosum dieser zehn Stücke. Sundfør umgibt jeden Ton mit einer heilig strahlenden Aura, ohne als Priesterin von oben herab zu predigen. Eine folkige Akustikgitarre buddelt das nach dem Himmel strebende "Rūnā" mit beiden Füßen in den Boden ein, auf dem auch der unpathetische Gospel von "Fare thee well" bleibt – und die einladende Augenhöhe des nur mit Vogelzwitschern, Handclaps und leiser Percussion geschmückten Community-Songs "Leikara ljóð" leidet selbst dann nicht, wenn in der Schlussminute eine irisch anmutende Geige ihr Solokonzert spielt. Nicht der größte Überraschungsmoment des Albums: "Ṣānnu yārru lī" leiht sich seinen Torkel-Beat aus Tom Waits' Whiskey-Schrank und die Flöten aus Björks Baumhaus, während Sundfør auf Deutsch (!) einen Text aufsagt, der aus einem metaphernreichen Billig-Erotik-Roman stammen könnte. Wo sie den herhat, wissen wir nicht, ob das ernst gemeint ist, genauso wenig. Fakt ist: Musikalisch fesselnder in Szene gesetzt und auf seltsame Weise unterhaltsamer haben Zeilen wie "Du sollst den Boden brechen, mein Steifer" selten geklungen.




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