Matt Berninger - Get Sunk


Dass The National Stammgäste in unseren Bestenlisten* sind, ist klar, aber auch solo konnte deren Sänger vor 5 Jahren überzeugen und mit „Serpentine Prison“ 7,800 Punkten einsammeln und damit am Ende des Jahres auf Platz 19 bei Platten vor Gericht landen.

Matt Berningers zweites Soloalbum schrieb er größtenteils zusammen mit seinem Produzenten Sean O’Brien, der auch schon in die Entstehung von „Serpentine Prison“ sowie der National-Alben „Sleep Well Beast“ und „I Am Easy to Find“ involviert war. Die Aufnahmen folgten einer längeren Schreibblockade nach  Berningers Soloalbum und einem Umzug von Los Angeles nach Connecticut, wo er neue Inspiration zum Schreiben von Texten und der Gestaltung von Kunstwerken in seiner Scheune fand. Die Aufnahmen der 10 Songs fanden in einem Kellerstudio in Silver Lake statt, in das auch zahlreiche Gastmusiker*innen, wie beispielsweise Meg Duffy (Hand Habits), ihren Weg fanden. Mit wenigen Ausnahmen, zum Beispiel „Bonnet Of Pins“, fehlt auf „Get Sunk“ die Wucht vieler The National-Songs und aufgrund der zahlreichen weiblichen Backing Vocals lässt das häufig wehmütig klingende Album am ehesten an deren „I Am Easy to Find“ denken. 

Das Album ist in folgendenen Schallplatten-Varianten erschienen: Blue Sky Opaque Vinyl, Cobalt Translucent Vinyl, Ruby Red Vinyl, Ultra Clear Vinyl, Black Vinyl, Transparent with Blue & White Splatter Vinyl, Opaque with White & Blue Marble Vinyl).

Get Sunk“ steht bei Metacritic mit 78/100 Punkten einen Hauch besser da als sein Vorgänger und auch in den deutschen Charts gab es mit #13 im Vergleich zu „Serpentine Prison“ (#19) einen kleinen Fortschritt - ob dieser auch am Ende des Jahres bei Platten vor Gericht erfolgt?


*
„Boxer“ (2007) #4
„High Violet“ (2010) #2
„Trouble Will Find Me“ (2013) #28
„Sleep Well Beast“ (2017) #23
„I Am Easy to Find“ (2019) #65
„First Two Pages of Frankenstein“ (2023) #4
„Laugh Track“ (2023) #11


 


Zum Beispiel die walzernde Folk-Miniatur „Breaking Into Acting“ über einen Hochstapler, der all seine Gefühle nur schauspielert. Oder „Nowhere Special“, in dem Berninger einen Wortschwall rezitiert wie ein resignierter Hörbuchsprecher. Es geht um unerfüllte Träume, um Drogen, Goldfische und das Weinen auf Autorücksitzen. Berningers Stärke ist das Szenische: Er macht Musik, die aufgrund ihrer Atmosphäre flirrt und weniger durch ausgefeilte Arrangements oder Melodien besticht.
Dabei gibt es hier durchaus Melodisches. Das Klavier in „Frozen Oranges“ etwa, das so erfrischend tröpfelt wie ein Regenschauer im Sommer. Oder die melancholische Americana von „Little By Little“, wo Maracas rauschen, die akustische Gitarre schrubbt und eine staubige Orgel röhrt. Und je tiefer man taucht, desto mehr Anrührendes offenbart sich. Dort unten wird man dann vom behäbigen Shufe „Silver Jeep“ empfangen – und von Matt Berningers allumarmendem Gesang. Fast so, als wollte er einen vor dem Ertrinken bewahren.


 


Stattdessen lässt er sich mit einer Gästeliste, die von Hand Habits über Kyle Resnick bis Booker T. Jones reicht, durch ein musikalisches Sumpfgebiet treiben, das den Furor seiner Hauptband etwas eintrübt, stilistisch jetzt aber nicht die großen Abenteuer auslotet. Bisweilen flackern kleine Kerzen, etwa die bezaubernden Background-Vocals von Julia Laws in „Bonnets Of Pins“ oder das eigenartige Flirren im Beinahe-Walzer „Breaking Into Acting“. Vieles ist aber verschwommen, unscharf, beinahe unbenennbar, aber nicht reizlos. Denn wohnt man lange genug in diesen Liedern, begreift man sie anders, vielleicht als: Skizzenbuch.




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