Der 36jährige Teitur Lassen gibt alles, um a) Torkil Nielsen, der am 12.09.90 das 1:0 beim historischen Sieg Färöers gegen Österreich erzielte, als prominentesten Färinger abzulösen, b) wieder einmal nach "Poetry & Aeroplanes" (2003) zum Album des Jahres bei unserem schweigsamen Richter Volker gekürt zu werden und c) mehr als die sechskommairgendwas Punkte zu erzielen, die er zuletzt mit "Stay Under The Stars" (2006) bei Platten vor Gericht hatte.
Wenn ich sage, dass Teitur alles gibt, dann heißt das: ein von Van Dyke Parks (Beach Boys, Joanna Newsom) orchestrierter Song ("It's Not Funny Anymore"), der von Mitgliedern der Holland Baroque Society eingespielt wurde, die Zusammenarbeit mit dem klassischen Komponisten und Arrangeur Nico Muhly (Ólafur Arnalds, Jónsi, Antony And The Johnsons), ein Kinderchor, insgesamt 60 Musiker im Alter von 9 bis 86 Jahren, Geigen, Cello, Banjo, Glockenspiel und Flöten, sowie ein musikalisches Spektrum von Kammerpop über Disney-Soundtrack und Folk bis hin zu Klang-Experimenten und Meeres-Rauschen. Ob das ausreichen wird?
Für sein viertes Album hat sich der Singer/ Songwriter von den Färöer Inseln mehrstimmige Unterstützung ins Boot geholt; in Songs wie „If You Wait“ oder „Monday“ übernimmt ein Chor den wechselseitigen Gesang zusammen mit Teitur selbst. Das klingt manchmal ein wenig nach Musical, manchmal ein wenig zu theatralisch. Der Song „Antonio And His Mobile Phones“ könnte hingegen die Titelmelodie einer Kinderserie sein. Das liegt nicht zuletzt an der Mannigfaltigkeit der Instrumente. Eine Vielzahl dieser werden in so gut wie jedem Song zum Einsatz gebracht. In „It's Not Funny Anymore“ beispielsweise geben vor allem klassische Instrumente wie Cello, Klarinette, Horn oder Harfe den Ton an. Ausnahme stellt der Song „Indie Girl“ dar, dessen Gerüst einzig und allein E-Drums und eine Fidel bilden.
(crazewire)
"Story music" wurde fast ausschließlich mit färöischen Instrumentalisten und Vokalisten aufgenommen und ist das erste Teitur-Album, das in dessen Heimat entstanden ist. Hört man auch an den zahlreichen folkloristischen Elementen, die neben den klassischen Orchester-Arrangements das Album dominieren. Besonders eindrucksvoll in "Antonio and his mobile phones" und in der sympathischen ersten Single "Rock and roll band" zu vernehmen. Auf keiner seiner bisherigen Platten waren Streicher, Blockflöte, Harfe, Marimba, Vibraphon, Glockenspiel, Banjo und Euphonium so präsent. Woran es dieses Mal aber bedauerlicherweise etwas fehlt, ist das Songmaterial. Der Fokus von "Story music" liegt ganz klar auf dem Experimentieren mit Form und Arrangement. "Hopeful" beginnt hoffnungsvoll mit glasklarem Piano und Harfen-Ornamenten, bleibt dann aber doch eher Meditationsmusik, anstatt tatsächlich für Erfüllung zu sorgen. "Indie girl" ist mit einer Länge von einer Minute und 45 Sekunden nicht mehr als ein nettes Fragment, und auch aus dem sechseinhalbminütigen "Walking up a hill" klinkt Teitur sich noch vor der Zwei-Minuten-Marke aus. Der von ihm bis dahin gesungene Text wird anschließend noch zweimal von Kindern wiederholt, teilweise im Kanon. Dazwischen hört man fast eine Minute lang Wasser plätschern.
Klingt etwas anstrengend? Ist es auch. Man muss schon ein offenes Ohr für kuriose Konzepte und extraordinäre Experimente haben, um an "Story music" durchweg Gefallen zu finden. Man muss ebenso darüber schmunzeln können, dass Teitur in "Gone fishing: The palindrome song" in der Mitte des Liedes die zuvor gesungenen Textzeilen einfach spiegelt und sie trotzdem noch einen Sinn ergeben. Man muss auch Kinderchöre mögen, vor allem so einen leicht schiefen wie in "Hard work". Und man muss im gleichen Lied die Schönheit der Marimba inmitten schrammeligem Geklampfe erkennen. Wofür man jedoch kein besonderes Talent braucht: "It's not funny anymore", das mit Abstand beste Stück der Platte, umgehend ins Herz zu schließen. Es wurde ausnahmsweise in Holland mit einem Sinfonieorchester eingespielt und hat ein fantastisches Disney-Arrangement zu bieten, geschrieben von keinem Geringeren als Van Dyke Parks. "It's funny how you regret / The choices that you make", singt Teitur darin. Und hat zumindest mit diesem Song dann doch wieder alles richtig gemacht.
(plattentests)
Einige Songs ("Rock And Roll Band", "Antonio And His Mobile Phones", "Hard Work") gefallen mir sehr und die ganze Platte ist zweifelsohne sehr fein arrangiert. Trotzdem wirkt mir das alles stellenweise etwas arg experimentell und zerrissen.
AntwortenLöschen6 Punkte
Ach was würde sich der schweigsame Richter noch mal so ein Album wie damals wünschen. Stattdessen kommt er wieder mit so einer Kunstkacke ums Eck
AntwortenLöschen4,5
6 Punkte
AntwortenLöschenSchwankt zwischen sehr schön und recht anstrengend.
AntwortenLöschen6,5 Punkte