Werfen wir einen Blick zurück auf die Diskografie des mittlerweile 62-jährigen Paul Heaton : Mit The Housemartins und The Beautiful South ha...


Werfen wir einen Blick zurück auf die Diskografie des mittlerweile 62-jährigen Paul Heaton: Mit The Housemartins und The Beautiful South hat er in 20 Jahren bis 2006 ein Dutzend Studioalben veröffentlicht, und damit zweimal Platz 1 der UK Charts erreichen können. Acht weitere Platten schafften es in die Top 10, nur zwei Alben scheiterten kurz davor. Ähnlich gut verkauften sich rund ein halbes Dutzend Kompilations.
Solo veröffentlichte er vier Alben (eins unter dem Namen Biscuit Boy), die an diese Erfolge nicht anknüpfen konnten und in der unteren Hälfte der Top 100 seiner Heimat rangierten oder diese sogar ganz verfehlten. Erst ab 2014 folgten fünf Alben in Zusammenarbeit mit Jacqui Abbott, die an die Erfolge der gemeinsamen Beautiful South-Zeiten heranreichen konnten: zweimal Platz 1 und dreimal Top 5 sind für diese Platten verbucht.

Nun versucht er es erstmals seit 2012 mit „The Mighty Several“ wieder komplett allein. Was natürlich nicht stimmt, denn ein Blick auf das Albumcover zeigt nicht nur Paul Heaton, sondern auch seine weiteren Gaststimmen: Rianne Downey, die ihn auch häufig bei Konzerten unterstützt, sowie Yvonne Shelton und Danny Muldoon. Nicht mit abgebildet ist Ian Broudie von The Lightning Seeds, der hier einmal wieder als Produzent (The Coral, Sleeper, The Frank And Walters, Dodgy) tätig wird.

Hinsichtlich der Musik täuscht das Albumcover, denn wir hören hier weder Country-Klänge noch Musik für den Saloon. - eher für einen britischen Pub, zu der sich gut trinken und feiern lässt, wie „Quicksand“ mit seinem Ska-Touch oder der Rock ’n’ Roll-Song „H Into Hurt“ oder der Pogues-mäßige Folk-Schunkler „Small Boats“ belegen. In einem Pub hat Heaton übrigens auch den erwähnten Danny Muldoon kennen gelernt. 
Highlights sind für mich die mit Streichern ausgestatteten Balladen („After The Sugar Rush“) oder Uptempo-Songs („National Treasure“), die an The Beautiful South denken lassen. Auch der beatlesque Refrain von „Fish ’n’ Chip Supper“ gefällt mir zunehmen gut.

„The Mighty Several“ bietet 12 Songs, ist als CD, Kassette und LP (black Vinyl, gold Vinyl) erhältlich uns steht bei Metacritic aktuell bei 84/100 Punkten.


 


Not that The Mighty Several doesn’t have its autobiographical moments. It’s just more interested in casting an eye over the awfulness (Stop The Boats bigots) and excellence (unsung care workers, attentive friends) of the British public. Or the magic of enduring love, but its fragility when it’s pigheadedly squandered. Or the ruinous effects of alcohol on families, but also the glory of a good pub (Walk On/Slow Down being Heaton’s spin on Orwell’s Moon Under Water). It’s all laced with dark humour, notably on Couldn’t Get Dead (a song about hapless failed attempts at suicide). That dance between light and shade is assisted by an Ian Broudie production which juxtaposes the jaunty with the jaundiced. All human life isn’t here – not quite – but the life that’s here is wonderfully human.

In full pub-philosopher mode throughout, Heaton delivers a good-natured rant on the closing track, “Walk On, Slow Down”. Backed by burbling electronica, he advises the listener to skip boozers playing Britpop. His preference, he continues, is for a watering hole with “Pointless on TV” and where the “barman’s half asleep”. It’s a wonderful image to end a record that sounds like a collection of postcards from a world we all recognise but seldom encounter in modern pop.




Das Scheitern seiner Band musste Sam Griffith erst einmal verarbeiten, denn das Quartett The Howl & The Hum, das mitten in der Pandemie ...


Das Scheitern seiner Band musste Sam Griffith erst einmal verarbeiten, denn das Quartett The Howl & The Hum, das mitten in der Pandemie sein Debütalbum „Human Contact“, an dem rund acht Jahre gearbeitet worden war, in Eigenregie veröffentlicht hatte, existiert so nicht mehr. 

Doch der Brite ließ sich nicht entmutigen und begann irgendwann wieder damit Ängste, Enttäuschungen, Selbstzweifel und Schmerzen in Wörter und Melodien zu überführen. Er behielt den Bandnamen bei und begann an den Arbeiten zum zweiten Album.  

Der Titelsong eröffnet „Same Mistake Twice“ und lässt mit seiner Leise-zu-Laut-Dynamik an The National oder Bruce Springsteen denken. Trotz Saxofon ein toller Song, bei dem sich Griffith die Frage stellt, wie er mit Fehlern umgehen würde, bekäme er die Chance diese zu vermeiden: „I never make the same mistake twice, I always aim for a third time. (…) Cos I never make the same mistake twice, If I do it's an encore.

Gut, dass er den „Fehler“, ein Album aufzunehmen und zu veröffentlichen, tatsächlich wiederholt (aber auf das Saxofon im zweiten Song „Dirt“ hätte er verzichten können und die Zugabe in „Back In Time“ hätte es auch nicht gebraucht) - auch wenn nicht alles rund läuft: Die Homepage von The Howl & The Hum funktioniert derzeit nicht und die physische Veröffentlichung von „Same Mistake Twice“ musste von Anfang September auf Ende Oktober verschoben werden. So kann man das Album zwar bereits digital hören, muss auf CD oder LP (black Vinyl) noch ein wenig warten.

Sam Griffith fühlte sich durch die Musik von Big Thief, Phoebe Bridgers und Randy Newman inspieriert und so bewegen sich die 12 Songs auch zwischen Indierock („No One Has To Know“, „No Calories In Cocaine“) und Folk („Everything Is Not On Fire“, „Echo“). Als Highlights würde ich „Same Mistake Twice“, „All Your Friends Hate Me“ und das an Radiohead erinnernde „The Wheel“ benennen.

The Howl & The Hum in Deutschland:
22.11.24 Köln, Luxor
26.11.24 Frankfurt, Das Bett
28.11.24 Berlin, Hole44
29.11.24 Hamburg, Molotow


 


In ‘Same Mistake Twice’, The Howl And The Hum have crafted an album of remarkable depth and sincerity. Griffiths' lyrics are profoundly personal and insightful, creating a collection of songs that resonate with honesty and integrity. This is an album that dares to be vulnerable, that isn’t afraid to confront the messiness of human experience. It's a triumphant and moving work, one that leaves a lasting impression and cements The Howl And The Hum as being one of the most intriguing and distinctive bands in the current UK music scene. 


 


 



Die erste Vorladung (XVIII) Personalien: Die aus Belarus stammende Band Molchat Doma besteht aus Egor Shkutko (Gesang), Roman Komogortsev (...


Die erste Vorladung (XVIII)

Personalien:
Die aus Belarus stammende Band Molchat Doma besteht aus Egor Shkutko (Gesang), Roman Komogortsev (Gutarre, Drumcomputer, Synthesizer) und Pavel Kozlov (Bass, Synthesizer).

Tathergang:
2017 wurde die Band, deren Name im Deutschen sinngemäß etwa Schweigen in den Häusern bedeutet, in Minsk gegründet. Zu dem Überfall Russlands auf die Ukraine schwiegen sie nicht, sondern distanzierten sich davon öffentlich. 
Molchat Doma haben mit „S krysh nashikh domov“ (2017), „Etazi“ (2018) und „Monument“ (2020) bereits drei Alben veröffentlicht, anfamgs in bescheidener Lof-Fi-Qualität und nur auf Kassette. Über YouTube, Spotify und TikTok verbreitete sich ihre Musik auch in der westlichen Welt, so dass das US-amerikanischen Label Sacred Bones Records sie unter Vertrag nahm und auch die älteren Alben wiederveröffentlichte. Das weißrussische Trio zog nach Los Angeles zog, um dort an ihrem vierten Album zu arbeiten.
Belaya Polosa“ ist als CD, Kassette und LP in zahlreichen Varianten (Zoetrope Vinyl, Koi Pond Vinyl, Black Vinyl, Cloudy Clear Vinyl, Clear with Gold / Black Splatter Vinyl, Clear with Orange Splatter Vinyl, Orange Ripple Vinyl) erschienen.

Plädoyer:
Die Zeiten des LoFi-Sounds sind vorbei, auch wenn die Band, die sich selbst den Stilen Post-Punk, New Wave und Synthpop/Electro Wave zuschreibt, mit Stücken wie „Ty Zhe Ne Znaesh Kto Ya“, die möglichst maschinell, minimalistisch und kühl klingen sollen, tief in die Retro-Gothic-Disco treibt. Im Gegensatz dazu stehen beispielsweise der Titelsong, der auch auf „Ultra“ von Depeche Mode einen guten Platz gefunden hätte, oder „III“, das in einer Playliste gut neben frühen Songs von New Order laufen könnte, oder das atmosphärisch-warme Instrumental „Beznadezhnyy Waltz“, das den Einsatz in einem Soundtrack zu einem Film, der nicht zwingend dystopisch sein muss, zu fordern scheint oder der melodisch-melancholische Synthpop von „Zimnyaya“ oder...

Zeugen:

Their brand of ’80s pastiche offers one kind of safety in an otherwise dangerous world. My Bulgarian mother always tells me that we Eastern Europeans, or maybe just people with anxiety disorders are destined to suffer. While contemporary political and personal unrest continues to invade the lives of Molchat Doma’s members and those of many other people their music remains firmly rooted in the past. Even if it’s not entirely innovative, it offers a sense of security, and that can be its own reward.


Belaya Polosa wears its many influences on its sleeve, and we are better off for it. For the baby bats who may have picked up on the dark, minimalism of their earlier work, this is a great exposure to the myriad vibes and sounds of synth-forward goth pop. For us old heads, it is a welcoming buffet of all of the delicious things that made us fall in love with the shadows in the first place, both a love letter to the spirit of goth and a brave step forward for Molchat Doma. This band does not deserve to be a simple meme, stuck in the revolving door of banality, and they prove that their prowess extends beyond flash-in-the-pan internet culture. Yeah, not everyone loves goth, new wave, or synth pop, but for those of us that do, Belaya Polosa is sweet, sweet candy for the ears.

Indizien und Beweismittel:


 


 


 


Ortstermine:
04.11.24 Hamburg, Große Freiheit 36
23.11.24 Berlin, Tempodrom
25.11.24 Wiesbaden, Schlachthof
26.11.24 München, Theaterfabrik

Urteile:
Nun sind die werten Richter gefragt...


Kinder, wie die Zeit vergeht! Der kleine Jake Bugg , der neulich, im Alter von 18 Jahren, sein Debütalbum veröffentlichte und damit Platz 1 ...


Kinder, wie die Zeit vergeht! Der kleine Jake Bugg, der neulich, im Alter von 18 Jahren, sein Debütalbum veröffentlichte und damit Platz 1 der UK Charts erreichte, ist gar nicht mehr so klein, sondern mittlerweile 30 Jahre alt, und hat in seiner Discography bereits fünf Alben stehen, die alle im Vereinigten Königreich die Top Ten erreichten.  

Das dürfte auch „A Modern Day Distraction“ gelingen. Bugg schrammelt sich auf 12 Songs durch Indierock, Britpop, Folkrock und Bluesrock und ist damit von modern so weit entfernt wie von einer Top Ten Platzierung in Deutschland. 

In einer Playliste würde sich beispielsweise  „Breakout“ gut hinter The La’s machen, „Never Said Goodbye“ passt prima zu Cast, über „Keep On Moving“ würde sich Miles Kane freuen und „Got To Let You Go“ ist eine The Beatles-Replika, wie wir sie auch auf den Soloalben von Liam Gallagher finden konnten. Der musikexpress nennt neben britischen vor allem US-amerikanische Vorbilder, das sind aber die Songs bei denen ich eher weghöre („I Wrote The Book“ oder das schmalzige „All That I Needed“):

Die beiden größten Brillenträger des Rock’n’Roll – Buddy Holly und Roy Orbison („All That I Needed“) – klingen dabei genauso durch wie die elektrifizierten Simon & Garfunkel („Beyond The Horizon“) oder John Fogerty („I Wrote The Book“). Was bei all diesen US-Referenzen Freunde des insular geprägten Teils der Rockhistorie am meisten zu Begeisterungsstürmen bewegen dürfte, sind drei perfekte Britpop-Peergroup-Nummern („Never Said Goodbye“, „Got To Let You Go“ sowie „Still Got Time“), die ­Oasis‘ melodische Beatles-Besessenheit besser aufgreifen als so vieles aus dem getrennten Hause Gallagher seit Mitte der 90ies.

„A Modern Day Distraction“ ist als CD und LP (black Vinyl, crystal clear Vinyl, Picture Disc) erhältlich.

Jake Bugg in Deutschland:
10.11.24 Köln, Luxor
12.11.24 Berlin, Lido


 


 





Bei Public Service Broadcasting kann man sich zu jeder Albumveröffentlichung fragen, welches Konzept dieser wohl zu Grunde liegen mag. So h...


Bei Public Service Broadcasting kann man sich zu jeder Albumveröffentlichung fragen, welches Konzept dieser wohl zu Grunde liegen mag. So hatten wir beispielsweise bereits den im Deutschen als Wettlauf ins All bezeichneten Wettbewerb in den 1950er und 1960er Jahren zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion um Pionierleistungen und Vorherrschaft in der Raumfahrt auf „The Race For Space“ (2015). Oder „Every Valley“ (2017), das, vor dem Hintergrund des industriellen Niedergangs und der vernachlässigten und verlassenen Gemeinden in der westlichen Welt, den Aufstieg und Fall der Steinkohleindustrie in South Wales thematisierte.

The Last Flight“ dreht sich um die US-amerikanische Luftfahrt-Pionierin Amelia Earhart, die 1937 als erste Frau versuchte, mit ihrer Lockheed Electra 10E die Welt zu umrunden. Earhart war dabei verschollen und wurde später für tot erklärt. Public Service Broadcasting thematisieren nicht nur deren dramatisches Schicksal sondern auch ihre Ambitionen, Erfolge und Auswirkungen als Frauenrechtlerin. Dabei kombinieren die Briten wie gewohnt Electronica, Krautrock und Indierock, lassen die Streicher des London Contemporary Orchestra aufspielen, setzen häufig Stimm-Aufnahmen ein (die Sprecherin Kate Graham ließt Einträge aus Earharts Tagebuch vor oder gibt Gesprächsausschnitte wieder) und haben auch die ein oder andere Gastsängerin an Bord: Andreya Casablanca von Gurr („The Fun Of It“), Anna Lena Bruland aka Eera („A Different Kind Of Love“) sowie Kate Stables von This Is The Kit („The South Atlantic“).

„The Last Flight“ ist als CD, Kassette und LP (black Vinyl, clear Vinyl, Zoetrope Vinyl) erhältlich.


Towards The Dawn showcases PSB’ gleeful, full-on surf-meets-post-rock interests. Andreya Casablanca’s joyous vocal on The Fun Of It brings the playfulness of Earhart to life; while the keening voice of Kate Stables – aka UK indie-folk artist This Is The Kit – over the sweet, gentle cello of The South Atlantic is a standout.

Elsewhere, Electra is classic PSB: all propulsive electrics, sound clips, layer upon layer of texture, ringing guitars. Monsoons perfects the group’s toff-Mogwai dimension to perfection.

A Different Kind Of Love, featuring Norwegian dream pop singer EERA, is the closest the collective may ever come to a soft-rock radio classic. With transcripts of the conversation between Earhart and husband George Putnam, it could almost fit into Michael Ball’s Sunday Love Songs show.

The eight-minute closer Howland – named after the Pacific island that was Earhart’s destination in her final communication – is suitably funereal, with mournful strings repeating as her messages gently drift away into the ether.

After one minute’s silence, a brief coda of audio verité ambience and birdlife from the uninhabited island today suggests that although Amelia Earhart is long gone, her memory and spirit live on. It’s a fitting way to end The Last Flight, an album that aims for both head and heart.


 


 





A Place To Bury Strangers und Synthesizer? Habe ich da etwas verpasst? Oder bricht das New Yorker Noise Rock-Trio, mit Betonung auf Noise u...


A Place To Bury Strangers und Synthesizer? Habe ich da etwas verpasst? Oder bricht das New Yorker Noise Rock-Trio, mit Betonung auf Noise und Rock, mit allen ihren über sechs Alben hinweg tief gefestigten Traditionen? Nein, natürlich nicht.

Aber auch ein wenig ja, denn unter dem infernalischen Gitarrenlärm baut Oliver Ackermann (Gesang, Gitarre), der seit 2021 Sandra (Schlagzeug) und John Fedowitz (Bass) an seiner Seite hat, auch die elektronischen Klänge eines eigens für dieses Albums gebauten Platinen-Synthesizers ein. Aber wer kann schon sagen, wo, beispielsweise auf „Bad Idea“, das die Gehörgänge ordentlich malträtiert, die Grenzen zwischen Synthesizer-Sounds und verzerrten Gitarren-Effekten genau verlaufen.

Der Clou ist aber die Hülle der LP, denn aus dem Plattencover kann man sich seinen eigenen DIY-Synthesizer zusammenbauen. Während sich also „Synthesizer“ auf dem Plattenteller dreht und der Krach aus den Lautsprechern schallt, kann man eigene Fieps-Geräusche zum Sound beisteuern! Dazu benötigt man nur mittlere Fertigkeiten im Zusammenbau von Schaltkreisen und Werkzeuge (Lot, Zange, Lötkolben) sowie eine Bestellung bei Death By Audio, die - zusätzlich zur Platte - $150 Dollar (ohne Versand und Zollgebühren) kostet. Hier kann man den funktionierenden Schallplattencover-Platinen-Synthesizer in Action sowie die einzelnen Bauteile sehen:


 




Wer das siebte Studio-Album von A Place To Bury Strangers ohne weitere Umbauten kaufen möchte, hat die Wahl zwischen CD, Kassette und LP (black Vinyl, glow in the dark Vinyl).
 

 


Entsprechend unvermittelt und feixend prescht der Opener „Disgust“ in ein Album, das dem Gitarrenlärm ein Denkmal zimmert. Doch gerade, weil es eben nicht nur rau, sondern auch raffiniert zur Sache geht und die schneidenden Gitarren häufiger von zackigem Post-Punk-Mörtel untermauert werden, entsteht Kontur und so etwas wie Hooklines.
Näher an den Gothic-Vibes der 80er wie in “You Got Me” waren die New Yorker selten. Der Song versprüht mit überraschend cleanen Gitarren als Einsiedlerkrebs der Platte gar zutraulichen Charakter, obwohl die Sechssaiter gerade hinten heraus gerne neben dem Ton operieren. Dadurch fügt es sich wiederum vortrefflich in den Strudel aus Besessenheit, den A Place To Bury Strangers zum Nimbus erkoren haben.





Die Veröffentlichung von „Moon Shaped Pool“ liegt bereits mehr als 8 Jahre zurück. Da muss man als Radiohead-Fan eben nehmen, was man bekomm...


Die Veröffentlichung von „Moon Shaped Pool“ liegt bereits mehr als 8 Jahre zurück. Da muss man als Radiohead-Fan eben nehmen, was man bekommt, zum Beispiel „Anima“ (2019) oder „Earth“ (2020), die Solo-Alben von Thom Yorke bzw. Ed O’Brien. Dann schlugen 2022 The Smile auf, das Projekt der Radiohead-Mitglieder Thom Yorke und Jonny Greenwood mit dem Schlagzeuger Tom Skinner. Seit 2021 spielte das Trio Konzerte, im Mai 2022 veröffentlichten sie „A Light For Attracting Attention“ und fanden während weiterer Auftritte auch noch Zeit und Lust für den Nachfolger, der im Januar diesen Jahres erschienen ist.

Offensichtlich blieben am Ende der Sessions in den Abbey Road Studios mit dem Produzenten Sam Petts-Davies neben den 8 Songs von „Wall Of Eyes“ noch einige Lieder übrig oder unvollständig, so dass diese seitdem fertiggestellt und nun als „Cutouts“ nachgeschoben wurden. So ähnlich waren Radiohead vor mehr als zwei Jahrzehnten mit „Kid A“ und „Amnesiac“, zwischen deren Veröffentlichung sogar nur 7 Monate lagen, schon einmal verfahren. 

Der atmosphärisch-ruhige Einstieg in „Cutouts“ mit „Foreign Spies“ und dem von Streichern und Akustikgitarre geprägten „Instant Psalm“ lässt tatsächlich ein wenig an „Amnesiac“ denken. Dem mangelt es etwas an schnelleren, rockigen Songs, ein Fehler, den The Smile Dank „Zero Sum“ und „Eyes & Mouth“, die beide eine jazzige Note mit einbringen, sowie „The Slip“ und „No Words“ nicht wiederholen. 


 


„Cutouts“ ist als CD, Kassette und LP (black Vinyl, white Vinyl) erhältlich. Bei Metacritic ist ein leichter Rückgang des Metascores auf hohem Niveau zu sehen: „A Light For Attracting Attention“ erreichte 86/100 Punkten, „Wall Of Eyes“ kam auf 83/100 und „Cutouts“ steht aktuell bei 82/100.


 


Es ist der luftige State-Of-The-Art-Sound, das Know-how und die Arbeitsweise, die einen wohlig an Can denken lassen. Das Prinzip Bereicherung statt Konkurrenz prägt auch The Smile: Die Männer musizieren gemeinsam und gleichberechtigt. Manche Passagen klingen improvisiert und – auch das war typisch für die Kölner Pioniere – wie in einem einzigen Take aufgenommen. So sehr werden diese reichen, vor Ideen strotzenden CUTOUTS durch Spielfreude und gegenseitige Inspiration bestimmt, dass eine Rückkehr zu Radiohead langsam fraglich wird.


 


Zu große Kunstfertigkeit degradiert den Hörer zum Empfänger und Bewunderer. Manchmal, etwa bei „Bo­dies Lau­ghing“ – mit „Colours Fly“ und „Zero Sum“ einer der besten Songs von „Cut­outs“ –, ist das sogar sehr angenehm. ­Yorkes markante Kopfstimme verliert sich in einem Labyrinth aus Gitarren-Arpeggios, der Rhythmus ist ein arabeskes Drängen, Keyboardflächen heben und senken sich wie fliegende Teppiche. (…)
„Cut­outs“ entführt einen eher in imaginäre schwebende Landschaften. Trotzdem: Auch das dritte Album von The ­Smile ist wieder absolut hörenswert. Man sollte allerdings ein Faible fürs kosmisch Entrückte haben.




Wieso höre ich denn jetzt ständig The Cure und The Cranberries aus Liedern heraus? Vielleicht würde Christoph als Vergleich für „Adah“ von ...


Wieso höre ich denn jetzt ständig The Cure und The Cranberries aus Liedern heraus? Vielleicht würde Christoph als Vergleich für „Adah“ von einer seiner Lieblingsband keine weitere Band mit C nennen, sondern eine andere Lieblingsband, nämlich The Organ. Und würde das düstere „Silent“ nicht perfekt auf „Disintegration“ passen? Nur der Gitarrist denkt wohl zeitweise, dass er Mitglied bei Pink Floyd sei…

Im Mittelteil des Albums starten Desperate Journalist ein paar klangliche Experimente, denn solch einen elektronischen Holter-die-Polter-Beat wie auf „Underwater“ haben wir von Robert Smith & Co. noch nicht zu hören bekommen. Im Mittelpunkt steht jedoch immer der Gesang von Jo Bevan, die ihre Vokale wirklich gern langgezogen singt, so dass mir auch Björk ein paar Mal in den Sinn kommt („Underwater“, „You Say You're Lonely“). Die häufig auftretenden 8oies Synthesizer-Klänge erinnern, beispielsweise bei „Comfort“, an Metric.
 
Desperate Journalist sind eine Londoner Band, die aus Jo Bevan (Gesang, Synthesizer), Simon Drowner (Bass, Synthesizer), Rob Hardy (Gitarre, Synthesizer) und Caroline "Caz" Helbert (Schlagzeug) besteht und mittlerweile fünf Alben veröffentlicht hat. „No Hero“ ist als CD, Kassette und LP (white Vinyl, black & white marble Vinyl, curaçao Vinyl) über Fierce Panda erschienen.

Desperate Journalist konnten drei ihrer bisherigen vier Alben bei Platten vor Gericht in den Top 20 platzieren: 
Desperate Journalist“ (2014; 7,667 Punkte; #19)
Grow Up“ (2017; 7,200 Punkte; #67)
In Search Of The Miracolous“ (2019; 7,667 Punkte; #17)
Maximum Sorrow!“ (2021; 7,750 Punkte; #19)


 


„No Hero“ klingt, als hätte eine Gruppe verbitterter New Romantics den Valentinstag hassen gelernt. Die Gitarren ertrinken in Chorus-Effekten, der Bass schraubt sich wie bei Joy Division in die Höhe. Eisige Keyboards bedecken die Arrangements wie feiner Schnee, in „Adah“ etwa, wo zu stoischen E‐Drums breitbeinige Powerchords anschwellen. Durch „Con­so­la­tion ­Prize“ galoppieren U2-Gitarren, das shoe­gazi­ge „Silent“ lässt Echo & The Bunnymen anklingen. Alle Heldentaten von Des­pe­rate Journalist beziehen sich auf vergangene Zeiten.