Der nicht zu überhörende deutsche Akzent, die tiefe Stimme sowie die musikalische Nähe zu (gelegentlich) Nick Cave und (häufiger) Leonard Co...

Stella Sommer - Northern Dancer


Der nicht zu überhörende deutsche Akzent, die tiefe Stimme sowie die musikalische Nähe zu (gelegentlich) Nick Cave und (häufiger) Leonard Cohen - bei einem musikalischen Blind Date hätte ich zunächst auf Andrea Schroeder getippt. Vielleicht wäre meine zweite Wahl auf Nico gefallen, denn dieser dunkle Folk könnte auch schon mehrere Jahrzehnte gealtert und -reift sein.  

Jedoch ist „Northern Dancer“ das zweite Soloalbum von Stella Sommer, die für den Nachfolger von „13 Kinds Of Happiness“ gleich ein eigenes Label gründete. Aber wenn man sich sowieso um nahezu alles selbst kümmert (Gesang, Komposition, Arrangement, Gitarre, Klavier, Synthesizer), dann kann man diese Kleinigkeit auch noch selbst übernehmen, schließlich hat man während der Pandemie viel Zeit und wenig Geld. Ersteres hatten u.a. auch Max Rieger und Sam Vance-Law, die sich um die Produktion kümmerten bzw. Geige spielten. Während sie bei ihrer Band Die Heiterkeit auf deutsch singt, verwendet sie solo die „Sprache des Pop“. 

Andrea Schroeder kam hier zuletzt mit „Void“ (2016) auf 7,4 Punkte und Rang 46. Die hervorragenden Plattenkritiken lassen für „Northern Dancer“ auf mehr hoffen...


 


Doch viele der Songs bringen eine beschwingte Leichtigkeit mit: „Seven Sisters“ klingt nach kalifornischer Westküste, das Titelstück besitzt jubilierende Feierlichkeit. „We Only Part“ wirkt wie ein Spiritual aus dem Märchenwald: Über das Dröhnen verträumter Shoegazer-Sounds singt Sommer ihre Adaption von „Nehmt Abschied, Brüder“, es folgen plätscherndes Wasser und singende Vögel: Wo auch immer Sommer ist – man will dorthin.


 


Zu behutsamen Klavierarrangements oder leiser Gitarre, grundiert von schwirrender, orchestraler Perkussion, erzählt die im Nordseeküstenort St. Peter-Ording aufgewachsene Sängerin in ihren neuen Liedern folkmystisch Verrätseltes über rückwärts fließende Ozeane, Lichter auf dem Wasser oder Blumen, die nicht wachsen wollen. Es sind traurige, aber auch stolze Balladen einer einsamen Strandspaziergängerin, die durch allerlei Gemütsstürme hindurch immer mehr zu sich selbst und der Schönheit ihrer Musik gefunden hat. (…)
Umso toller ist, wie verlässlich und souverän sich die Musik, gefühlvoll produziert von Max Rieger (Die Nerven, Ilgen Nur) mit umarmenden Chören und optimistisch hellen Sonnenstrahlklängen gegen die immanente Düsternis ihrer Schöpferin und ihren Hang zur Misanthropie behauptet. Im zeitgenössischen Pop aus Deutschland ist das schon ziemlich unvergleichlich.


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