Dieses Album erst heute vorzustellen, ist in etwa so, wie im Februar einen Jahreskalender zu kaufen, denn das Dutzend Songs trägt als Titel die zwölft Monatsnamen und startet natürlich mit „January“. Die Frage, ob man jetzt beim zweiten Lied beginnen muss oder nur jeden Monat ein Lied hören darf, kann ich leider nicht beantworten.
Das Konzept dieses Songzyklus’ über den Klimawandel, die 12 Monate eines Jahres und die Veränderungen in bzw. die Kraft der Natur wurde von der norwegischen Musikerin Rebekka Karijord erdacht, die für die Umsetzung ihre Freundin, die US-amerikanische Poetin, Tänzerin und Multimedia-Künstlerin Jessica Dessner kontaktierte. Während Karijord die Musik komponierte, als Sängerin und Produzentin fungierte, steuerte Dessner das Artwork und die Texte bei, die auch eine sehr persönliche Note erhielten, da bei ihr im Verlauf der Entstehung Brustkrebs diagnostiziert wurde.
Zu den Aufnahmen in Paris gesellten sich aber noch mehr Dessners hinzu: Jessicas jüngere Zwillingsbrüder Aaron und Bryce von The National spielten einen Großteil der Instrumente ein, übernahmen die Rolle der Co-Produzenten und schrieben für sechs Songs Streicher-Arrangements, die vom Malmö Symphony Orchestra umgesetzt wurden.
„Complete Mountain Almanac“, benannt nach einem Gedichtband von Jessica Dessner, bietet warmen, organischen Folk und zerbrechlichen, melancholischen Kammerpop (irgendwo zwischen Sufjan Stevens, Fleet Foxes und Clannad) und ist als CD und LP (black Vinyl) käuflich zu erwerben.
Die 12 Titel sind in sich ruhend ausgewogen, gleiten gemächlich wie auch bestimmt durch die betitelten Monate. Allgegenwärtig die helle, fast schon elfenhafte Stimmlage. Diese ist beim Opener “January” gewöhnungsbedürftig, schmiegt sich mit zunehmender Länge aber an die Titel.Dafür blüht sie bei “February” im nervösen Streicherreigen auf, zersetzt den Titel in seiner textlichen Vergänglichkeit und ergründet erste Untiefen des Seelenheils in “March”. Leise schreitend tastet sich der Titel an den Hörer heran, was das orchestrale “April” wiederum gar nicht im Sinn hat. Spielerisch schnarrende Gitarrensaiten und pluckernde Elektronik wogen sich Frühjahrswirrwarr an die klangvolle Stimme.Leider verlieren sich die beiden Künstlerinnen in der Textlastigkeit, was Titeln wie “May” die Kurzweiligkeit nimmt. Dass sich instrumental Neues dazu gesellt, hilft da wenig, die Titel werden zäher als sie sein müssten.Die Sommermonate mäandert man in gesättigter Schwermut antriebslos umher. Verliert sich in Beschwörungen ans eigenem Seelenheil und den Frohlockungen des Gesangs, bis der Herbst wieder etwas mehr Klarheit bringt.“October” nährt sich am Geiste eines Nick Cave und wiegt sich ähnlich eines Mantras ins Gehör. Diesen Charakter behalten die restlichen beiden Titel des Albums bei, wobei besonders “November” mit sommerlich wirkenden Klangfarben Lebensfreude spendet.
Passend zur Vorstellung ist "February" das Highlight, egal in welcher Reihenfolge. 6,5 Punkte
AntwortenLöschen6 Punkte
AntwortenLöschenSchön. Und vor allem schön langweilig. 5,5 Punkte
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