Es geht aufwärts für Angel Olsen! Nachdem sich die US-amerikanische Singer/Songwriterin mit ihrem letzten regulären Studioalbum „All Mirrors“ (2019) - dem folgten intimere Neueinspielungen namens „Whole New Mess“ (2020) - erstmals in den deutschen Hitlisten positionieren konnte (#74) und ihre beste Chart-Position im Vereinigten Königreich (#28) erzielte, wurden mit „Big Time“ beide Rekorde verbessert: Platz 46 bzw. 24 stehen für ihr aktuelles Album zu Buche.
Es geht aufwärts für Angel Olsen, aber hauptsächlich in den Charts. Zwar feierte sie einerseits ihr Coming Out als queere Person und konnte sich auch ihren Eltern gegenüber erstmals öffnen, musste jedoch andererseits kurz darauf zuerst den Tod des Vaters und etwas später den ihrer Mutter verkraften. Kein Wunder also, dass „Big Time“ von einer großen Schwere, Melancholie und Trauer geprägt ist.
Das Album entstand in Zusammenarbeit mit dem Musiker und Produzenten Jonathan Wilson und ist mit seinen vielschichtigen Arrangements (Harmonium, Sitar, Mandoline, Zither, Orgel, Vibrafon und zahlreiche Streich- und Blasinstrumente) ähnlich aufgebauscht wie der Vorgänger, geht aber (auch Dank der annähernd omnipräsenten Pedal-Steel-Guitar) einen deutlich Schritt in Richtung Country und Americana (und schaut gegen Ende in einem jazzigen Nachtclub vorbei).
„Big Time“ ist als CD, Kassette und LP erschienen. Die Schallplatte gibt es wahlweise auf black Vinyl, clear green Vinyl, opaque pink Vinyl, translucent pink Vinyl, blue and pink swirl Vinyl und crystal clear Vinyl.
Seit k.d. lang oder – in letzter Zeit – Weyes Blood hat man solche opulent arrangierten, intim schimmernden Songs nicht gehört. Streicher, Orgel, Pedal-Steel-Gitarre und der Hall auf Angel Olsens Gesang evozieren die Atmosphäre einer Platte von Tammy Wynette oder Dusty Springfield. (…)Manchmal schwingen sich die Songs in sonische Höhen auf, in denen so etwas wie synthetische Bläser eine Dramatik erzeugen, die Olsens intimer Gesang viel besser herstellen kann. Den Bombast kennt man von Jonathan Wilsons eigenen eklektischen Platten. Olsen hatte – zuletzt auf einer EP – mit elektronischem Instrumentarium gearbeitet. Aber ehrlich, das bringt nichts. Ihre Stimme kommt in klassisch arrangierten Songs besser zur Geltung: „This Is How It Works“, „Through The Fires“ mit (künstlichen) Van-Dyke-Parks-Geigen und die berückend-entrückte Klavierballade „Chasing The Sun“.
An den opulenten Orchesterpomp von ALL MIRRORS (2019) reicht das nicht heran, aber kleine Rock-Ausraster („Go Home“) gibt es durchaus und im Finale auch eine streicher-cinematische Klavierballade („Chasing The Sun“), in der Angel Olsens Sehnsuchtsengelsstimme ganz enorm nuancenreich brilliert. Insgesamt eine schöne Sache, dass Angel Olsen (wie gerade ja auch Orville Peck wieder) an der Verqueerung des insgesamt immer noch sehr konservativen Country-Genres werkelt.
Angel Olsen in Deutschland (zusammen mit Tomberlin):
04.10.22 München, Freiheitshalle
07.10.22 Berlin, Huxley’s neue Welt
15.10.22 Köln, Gloria
6,5 Punkte
AntwortenLöschenOhne Slide Guitar würde ich einen halben Punkt drauf legen. 5,5 Punkte
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