Zeitgleich mit Taylor Swift, Little Mix und Rod Stewart ein Album veröffentlichen, nachdem in den beiden vorherigen Wochen ABBA und Ed Sheeran neue Longplayer herausgebracht hatten - keine gute Idee. So war die überraschende Nummer-Eins-Position für „Ultra Mono“ aus dem letzten September für Idles nicht zu wiederholen. Immerhin Damon Albarn konnten die Punk Rocker aus Bristol hinter sich lassen.
Joe Talbot und Kollegen veröffentlichen weiterhin über das Indie-Label Partisan Records und sind mittlerweile bei ihrem vierten Album in fünf Jahren angekommen. Würden Chartpositionen nach den Plattenkritiken vergeben, hätten sich Idles letzte Woche zumindest Platz 2 gesichert: „Crawler“ steht bei Metacritic mit 82/100 Punkten knapp vor Albarns „The Nearer The Fountain, More Pure The Stream Flows“ und deutlich vor ABBA („Coyage“ 72/100), Rod Stewart („The Tears Of Hercules“ 57/100) oder Ed Sheeran („Equals“ 59/100). Nur an „Red (Taylor’s Version)“ führte wohl kein Weg vorbei (92/100 Punkten).
„Crawler“ wurde zusammen mit dem US-amerikanischen Hip Hop Produzenten Kenny Beats (Vince Staples, slowthai) aufgenommen und ist vielfältiger als seine Vorgänger geraten. Das Album ist als CD, Kassette und LP erschienen. Bei der Schallplatte hat man die Wahl zwischen black Vinyl und den limitierten Auflagen Deluxe LP (mastered at half-speed (45rpm), pressed on deluxe double heavyweight 180g black vinyl, housed in a gatefold jacket with printed inner sleeves.) und Eco-Mix LP (pressed on limited edition, eco-mix coloured vinyl, housed in a single-sleeve jacket and printed inner sleeve.). Nur im Store von Idles gibt es folgende limitierte Auflage: pressed on limited edition, translucent amber vinyl, housed in a matching clear amber PVC sleeve.
Dabei kommt er zunehmend subtiler um die Ecke und seltener über bloße, kratzbürstige Wut. Seine Mitstreiter versuchen, diesem Ansatz mit Vielfältigkeit Rechnung zu tragen und spielen verzerrten Glam-Rock in „The Wheel“, Grindcore in „Wizz“ oder verstörende, pulverisierende Bass- und Schlagzeug-Grooves in „The New Sensation“.Am Überraschendsten sind womöglich die für Idles-Verhältnisse regelrecht leisetretenden „Stockholm Syndrome“ und „Progress“, die Körper und Geist auf eine Weise beruhigen, wie das nur wenige Idles-Songs zuvor getan haben.Vor diesem Hintergrund gibt es auf „Crawler“ mehr zu entdecken als jemals zuvor.
Nun also kaum ein Jahr später CRAWLER, wobei die Band dem Virus dafür danken sollte, dass er sie aus dem Teufelskreis der ewigen Tour geholt hat: Idles mussten sich zu Hause ihrer schlechten Laune stellen, und das ist den Songs auf CRAWLER prima bekommen.Stücke wie „The Wheel“ oder „When The Lights Come On“ hatte die Band bis dahin noch nicht im Portfolio: dunkle Postpunk Anordnungen mit Bezügen zu The Fall, australischen Blues-Apokalyptikern wie Crime & The City Solution, US-Neo-Postpunks wie Preoccupations oder Protomartyr. Sogar Industrial- Spuren sind zu entdecken. Und wer Idles fehlende Originalität vorwirft, sollte „The Beachland Ballroom“ hören: Southern-Soul-Punk –hat man so noch nicht gehört.
Crawler" zeigt die Band in Bestform. (…)Ohnehin schaffen Idles eine ausgewogene Mischung aus ungezähmter Härte, packender Intensität und zurückgenommenen Passagen. Mittendrin steht mit "The beachland ballroom" sogar ein Song, der sich einen Ausflug in Soul-Gefilde gönnt. Danach geht es munter weiter, "Crawl!" wählt direktere Wege, "Meds" wird zur Achterbahnfahrt im Idles-Express, "Wizz" schließlich besteht in seinen nur 30 Sekunden aus Sprachnachrichten von Talbots Ex-Dealer.Ganz am Ende, nachdem die Idles ihre Zuhörerschaft eine Dreiviertelstunde lang nach allen Regeln der eigenen Kunst massiv aufgewühlt, durchgeschüttelt, mitgerissen, euphorisiert und fasziniert haben, spricht Joe Talbot Worte aus, die gleichermaßen verblüffend wie unerwartet daherkommen: "In spite of it all", betont er da in voller Überzeugung, "life is beautiful." Und mit dieser Erkenntnis im Ohr setzt man sich nur allzu gerne den zuweilen dunklen Geschichten erneut aus. Wieder und wieder. Denn "beautiful" ist das Leben ja eben auch, weil es authentische Musik wie diese gibt.
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