So richtig reüssieren konnten Modest Mouse bei Platten vor Gericht bisher nicht. Obwohl der Indierock-Formation um Isaac Brock mit ihren letzten beiden Alben der kommerzielle Durchbruch gelang - „We Were Dead Before the Ship Even Sank“ erreichte 2007 Platz 1 der US Charts und „Strangers to Ourselves“ kam 2015 auf Rang 3 - landeten sie hier lediglich bei 7,250 bzw. 6,400 Punkten.
Diesmal sind nur weitere sechs Jahre ins Land gegangen, bis Modest Mouse mit ihrem siebten, von Dave Sardy (Oasis, Noel Gallagher’s High Flying Birds, LCD Soundsystem) und Jacknife Lee (U2, R.E.M., The Killers, Editors) produzierten Album einen neuen Anlauf wagen.
„The Golden Casket“ kombiniert ambitionierten, fordernden Indierock mit modernen Pop-Banali- sowie Absurditäten und wird Freunde des hochgelobten Frühwerkes verschrecken. Beim Paste Magazine wurden die sieben Alben zuletzt in einem Ranking geordnet und die drei hier erwähnten Platten landeten auf den letzten drei Plätzen.
So experimentierfreudig und überdreht wie Modest Mouse hier, zeigten sich in der Vergangenheit auch immer wieder The Flaming Lips. Und wie bei diesen verschwimmen wiederholt die Grenzen ihres Psychedelic Rock zwischen packend und nervtötend, möchte man ob rückwärts laufendender Gitarren jubilieren und gleichzeitig das Elektro-Geplucker oder den Auto-Tune-Effekt irgendwie abschalten.
Meine persönlichen Highlights sind das an Grandaddy erinnernde „Transmittier Receiving“ und das abschließende „Back To The Middle“, welches jedem Indienrock-Album gut zu Gesicht stehen würde, selbst „Transatlanticism“ von Death Cab For Cutie oder „Clarita“ von Jimmy Eat World.
Was Modest Mouse auf THE GOLDEN CASKET richtig gut machen: Sie haben Spaß. „Fuck Your Acid Trip“ kombiniert Modern Pop mit Daddy’s Indie-Rock, „We’re Lucky“ erzeugt einen Strudel, den Arcade Fire heute nur noch selten hinbekommen, „Walking And Running“ bringt Funk in den Mix, „The Sun Hasn’t Left“ klingt wie die Killers mit Witz. Die Modest-Mouse-Ultras schimpfen, der Rest hat seine Freude an diesem abseitigen Modern-Indie-Rock.
Modest Mouse fordern wieder. Viele elektronische Elemente sitzen zunächst quer auf den Tracks. Man weiß selbst nicht, was man davon halten soll – ob das Gedüdel aus "The sun hasn't left" auf den Wecker geht oder das Ding erst zum Hit macht, ändert sich mit jedem Durchlauf. Im sanften "Lace your shoes" hat der ewig schlecht gelaunte Brock sogar ein unironisches Lied an seinen Nachwuchs geschrieben: "I can't wait to see you lace your shoes / Things were hazy but that all stopped with you." Und so konfus die Musik ist, so unumwunden sind oft die Lyrics. Die Bitterkeit, die Modest Mouse oft zu lyrischen Höchstleistungen anspornte, ist weitgehend weg. (…)Die Vernebelung auf "The golden casket" macht es letztlich zwar nicht besser als "Strangers to ourselves", aber immerhin ein ganzes Stück spannender. "The tiger isn't tame, but it's toothless just the same", bemerkt Brock noch unfreiwillig treffend im schleppenden "Wooden soldiers". Und schafft doch im Anschluss mit "Transmitting receiving" ein geglücktes Experiment, das mit mehr gesprochenen als gesungenen Vocals und einem kreisenden Arrangement hypnotische Qualitäten entwickelt. (…)"The golden casket" wird keine neuen Fans gewinnen, es wird auch niemand dies als favorisiertes Modest-Mouse-Album angeben. Stattdessen spricht es seine eigene Sprache. Mal unverständlich, mal konfus.
Man kann Modest Mouse als eine kultivierte Form von Spinnerei betrachten. „Walking And Running“, einer der fabelhaften neuen Songs der auf sechs Musiker angewachsenen Band, erzählt davon. Überall Stille, ringsum Natur. Doch immer gibt es welche, die verbreiten so viel Lärm und Ungestüm, plappern durcheinander, dass selbst die Honigbienen kirre werden. Oder sind wir gemeint? Wir alle? Die wir Pläne schmieden für eine Zeit, die uns weggespült haben wird? „Making plans in the sands as the tides roll in“, wie es in „Wooden Soldiers“ heißt, während eine wimmernde Gitarre zu Tränen rührt.Wenn man Kinder habe, sei es schwer, Pessimist zu sein, hat Brock zuletzt eingestanden. Etliche Songs klingen deshalb auf eine heitere Art verzweifelt, weil das Bemühen Brocks, seiner dreijährigen Tochter ein gutes Vorbild zu sein, ihm einiges an Überwindung abverlangt. „Vater- Krankheit“ nennt er das. Dad-Rock ahoi!
7 Punkte
AntwortenLöschenIch mag nicht jeden Song, aber ich mag das Album für 7 Punkte.
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