Ach, was gibt es nicht alles für Platten von Moby: 17 Studioalben, die stilistisch von Techno über Electronica bis Ambient reichen, zahlreiche Compilations, die seine Frühwerke oder Soundtrack-Beiträge oder Singles oder deren B-Seiten zusammenfassen, und fast eben so viele Remix Alben. Aber „Reprise“ ist selbst für Richard Melville Hall Neuland.
Seine erste Veröffentlichung für das auf Klassik spezialisierte Label Deutsche Grammophon bietet 14 Lieder aus nahezu allen kreativen Schaffensphasen von Moby in orchestralen und akustischen Arrangements. Von seiner ersten Hit-Single „Go“ (1992), die sich der Streicher von Angelo Badalamenti „Laura Palmer’s Theme“ aus dem „Twin Peaks“ Soundtrack bedient, bis zu drei Songs aus dem Album „Innocents“ (2013) reicht die Spannweite. Den Schwerpunkt bilden jedoch seine beiden erfolgreichsten und bekanntesten Alben „Play“ (1999) und „18“ (2002), die mit insgesamt sieben Titeln vertreten sind. Etwas überraschend erklingt zwischendurch eine Coverversion von David Bowies „Heroes“.
Eingespielt wurden die Lieder vom Budapest Art Orchester, einem Streicherquartett und zahlreichen Gästen, u.a. Mark Langegan und Kris Kristofferson („The Lonely Night“), dem isländischen Pianisten Víkingur Ólafsson („God Moving Over the Face of the Waters“), Jim James von My Morning Jacket („Porcelain“), Novo Amor, Mindy Jones und Darlingside („Almost Home“) oder dem mit zwei Grammys ausgezeichnete Jazz-, Blues- Soul- und Gospel-Sänger Gregory Porter („Natural Blues“).
Und gerade die Gaststimmen auf einem Großteil der Lieder sind es, die „Reprise“ über das zu erwartende Maß an orchestralem Bombast hinaus zum spannendsten Moby-Alben der mindestens letzten 10 Jahre werden lassen.
„Reprise“ ist als Special Limited Edition Deluxe CD, Limited Edition Black Cassette, Double LP (180g Black Vinyl in gatefold sleeve oder Grey Vinyl) und Special Limited Edition Crystal Clear Vinyl (180g, gatefold sleeve + Slipmat) erhältlich.
Das Orchester verleiht den wohlbekannten Stücken zwar einen filmorchestralen Klang mit entsprechendem Breitwandsound, der die ohnehin ja nicht gerade kantigen Originalvorlagen aber keineswegs übermäßig glattbügelt. Die blitzsaubere Einspielung überzeugt, die gesanglichen Qualitäten durch die Bank sogar umso mehr.Wie Lanegans und Kristoffersens Reibeisenstimmen im Duett in „The lonely Night“ mit den süßen Streichersätzen kontrastieren, ist so hörenswert wie Skylar Greys fragiler Gesang über dem wuchtig orchestrierten „The last Day“, Gregory Porters Predigerduktus zu dem eufonischen „Natural Blues“ oder das erstaunlich wandlungsfähige Timbre der jungen Vokalistin Apollo Jane.Gewiss ist es also in erster Linie nicht die Musik des von frechen Zungen gerne mal als „Bessergestelltenlistening“ geschmähten Moby, die auf „Reprise“ besonders punkten kann – weil sie durch ihre Neueinspielung mit dem bisweilen übrigens auch mit Gitarre und Schlagzeug verstärkten Orchester wenig zusätzliche Reibungsflächen erhält – , sondern eher das hier zu hörende, doch ja: Fest der Stimmen, das dieses Album zu deutlich mehr macht als nur einer konturlosen Hintergrunduntermalung.
Bisweilen geht das ganz hervorragend auf, etwa wenn Gregory Porter und Amythyst Kiah aus dem „Natural Blues“ verblüffende Vokal-Macht ableiten, wenn Jim James von My Morning Jacket angemessen schwermütig „Porcelain“ interpretiert oder Mark Lanegan und Kris Kristofferson „The Lonely Night“ Abgründe mitgeben, die man so bei Moby-Songs nicht kennt. (…)Und wenn nieman Fremdes mitsingt? Dann sind die Ergebnisse leider wenig interessant. „Lift Me Up“ mag mit seinem weinenden Cello noch durchgehen, aber an anderer Stelle nervt die ewige Gediegenheit. Denn Moby verfährt meistens nach dem Viel-hilft-viel-Prinzip (…). In solchen Momenten wird man daran erinnert, wie sehr die vielgelobte Neo-Klassik dann häufig doch nah an Muzak, oder noch schlimmer, Night-Of- The-Proms-haftem Kitsch operiert.
Gar nicht so einfach zu bewerten. Mir geht es da ein wenig wie Jochen Overbeck in oben zitierter Musikexpress Review. Tollen Songs mit Gastsänger:innen stehen leider auch ein paar Songs mit sehr hohem Kitschfaktor gegenüber. Und das sage ich, wo ich doch normalerweise auf Kitsch stehe! Insgesamt lande ich bei 7 Punkten.
AntwortenLöschen7 Punkte
AntwortenLöschenStreicher, find' ich gut. 7 Punkte
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