Jetzt ist es amtlich, „Quickies“ dauern zwischen 17 Sekunden und 2:35 Minuten. Vielleicht sollte man aber beim neuen Album von The Magne...

The Magnetic Fields - Quickies


Jetzt ist es amtlich, „Quickies“ dauern zwischen 17 Sekunden und 2:35 Minuten. Vielleicht sollte man aber beim neuen Album von The Magnetic Fields auch von Carmina interrupta sprechen, denn kaum hat ein Lied, wie zum Beispiel der Opener „Castles Of America“ begonnen und man sich in den Song hinein gefunden, wird er auch schon wieder unterbrochen. In diesem Fall nach 35 Sekunden, um genau zu sein. AlsVinyl-Freund kommt man aus dem Umdrehen der Schallplatten kaum heraus, denn das Konzeptalbum „Quickies“ ist in einer Box mit fünf 7’’ Singles erschienen:




Auf diese Art und Weise und unter dieser Prämisse kommt „Quickies“, das zwölfte Album von Stephin Merritt & Kollegen (erneut Sam Davol, Claudia Gonson, Shirley Simms und John Woo), auf 28 Lieder in 47 Minuten. Stilistisch könnten sich tatsächlich alle Lieder auch auf „69 Love Songs“, dem Opus magnum der Magnetic Fields, wiederfinden (textlich auch, denn der ein oder andere Song dreht sich um Sex („You’ve Got a Friend in Beelzebub“, „Bathroom Quickie“, „I Wish I Were a Prostitute Again“)). Die „No-Synth Trilogy“ wurde mit „Realism“ (2010) abgeschlossen, schroffe Gitarren- und Lärmwände bleiben allein „Distortion“ (2008) vorbehalten. 

In den nicht gerade klein geratenen Kanon der großartigen Lieder von Stephin Merritt können  mindestens „The Biggest Tits In History“, „The Day The Politicians Died“, „My Stupid Boyfriend“ oder „(I Want To Join A) Biker Gang“ aufgenommen werden.




Merrit komponiert das Leben getreu dem Albumtitel im Indie-Schnelldurchlauf. In den Songs liegt die Schlüpfrigkeit, in ihrer Kürze die Pointe: „She’s got the biggest tits in history/ She loves to show them ‚round/ They’re bigger than her chickadees/ They each weigh half a pound”, singt Simms in „The Biggest Tits In History“.
“I was busy shopping” erwidert Merrit in „I Wish I Was A Prostitute Again”. Und zusammen beschimpfen sie ihre imaginären Partner im sagenhaft unorthodoxen Duett „My Stupid Boyfriend“.
Die beiden kriegen in einem Zwei-Minuten-Stück mehr Lacher unter, als die meisten deutschen Comedians in einer zweistündigen Show auf RTL. Untermalt mit allerhand abseitigen und zu Teilen auch schwachsinnigen Instrumenten.
(musikblog)




Doch die wahren inhaltlichen Highlights dieser "Quickies" sind einmal mehr jene Szenarien, in denen sich Merritt mit allerlei verbalen Jonglierakten in absurde Bereiche versteigt. Ein besonderes Bravourstück ist "The Biggest Tits In History". Es spielt mit der (im deutschen Sprachraum eher nicht geläufigen) Doppelbedeutung des Wortes "Tit", das eben nicht nur eine weibliche Brust, sondern auch einen Vogel (eine Meise) bezeichnet. Wenn die Protagonistin des Songs erzählt, sie habe vier "Tits", deren jede ein Viertelkilo wiegt, während die durchschnittliche, gut gefütterte "Tit" nur 14 Gramm wiege, erhebt sich ein ansehnlicher semantischer Wirbel. "Ich habe den Titel schon ein paar Jahre mit mir geschleppt, ohne eine Vorstellung zu haben, was genau ich schreiben würde. Dann las ich einen Artikel über Meisen, und die sind wirklich lieb. Und so ging das zusammen mit der Idee des Songs - mit der Gier nach immer größer und immer mehr. Der Song ist die Rationalisierung des Titels.“
(Wiener Zeitung)




Trotz ihrer Kürze kommen die Lieder, wie immer im Wechsel intoniert von Merritt und den Sängerinnen Claudia Gonson und Shirley Simms, als voll realisierte Songs daher. In der Autoharp-Miniatur „Kill A Man A Week“ braucht die Band nur 59 Sekunden, um eine liebliche Melodie direkt im Gehirn zu platzieren. Selbst das 17-sekündige „Death Pact (Let‘s Make A)“ ist ein Ohrwurm. Die Texte sind gewohnt seltsam, stehen der Musik aber nicht im Weg. Auch wenn Simms über die größten Brüste der Welt singt, oder Merritts tiefer Bass sich über das neue Schlagzeug des Nachbarsjungen beschwert, klingt das alles sehr anschmiegsam.
(byte.fm)








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