Hier dreht sich alles um Platten und Punkte. Und ausgerechnet beim zweiten dieser Punkte hat Balbina bisher nicht besonders gut punkten können: „Über das Grübeln“ (2015) kam auf 6,167 und „Fragen über Fragen“ (2017) auf 6,000 Punkte.
Ob man die punktebesessenen Plattenrichter mit einem Punkte-Konzept zu mehr Punkten verleiten kann? Balbina scheint daran zu glauben, benennt ihre vierte Platte „Punkt.“, setzt einen solchen hinter den Album- sowie jeden Songtitel und gründet auch noch ein eigenes, mit „Polkadot“ passend benanntes Label.
Punkten möchte Balbina mit dem Einflechten der englischen Sprache („Hinter der Welt.“, „Blue Note.“, „Punkt.“), großem Orchester und einem mehr an Beats und Elektro, den Gästen Ebow („Weit weg.“) und Herbert Grönemeyer („Machen.“), einer an Björk erinnernden optischen und konzeptuellen Inszenierung, noch exzentrischeren Gesangskapriolen („Langeweile.“) sowie einer höchst ungewöhnlichen Coverversion („Sonne.“ von Rammstein).
Geblieben ist ihr Talent, Sprache zu sezieren und sie für ihre Zwecke kongenial neu zu synthetisieren. Im Titelstück, einer zu Opulenz neigender Elegie im Stil von "Nothing Else Matters", verarbeitet sie die Frustration bei der Abnabelung vom Musikbusiness. Die "life sentence", also die lebenslange Strafe wird zum Ermächtigungs-Statement, zum grammatikalisch-biografischen Satzende: "Full stop, Punkt, Aus, Ende.“ (…)
Ohne Rücksicht auf Verluste oder mögliche Fan-Verstörung verfolgt Balbina die Ausweitung ihrer musikalischen Kreativzone: In der verspielteren ersten Hälfte des Albums experimentiert sie mit James Blakes Flüster-R&B und Róisin Murphys Pluckerpop ("Wanderlust") oder skelettiertem Reggaeton ("Augenblick"). Immer wieder kontrastieren schroffe Gospel-Strukturen und perkussive Volten hochmelodische Refrains oder Hooks. Es wird mit der Stimme geheult und geschreddert oder mit einem ganzen Orchester in James-Bond-Opulenz geschwelgt; das kennt man in solcher aggressiven Fulminanz eigentlich nur von US-amerikanischen Roots-Idiosynkraten wie Alabama Shakes oder Algiers.
Manches ("Bluenote", "Langeweile") bleibt dabei vielleicht zu seicht. Aber das fällt nur auf, weil der Großteil dieser neuen Balbina-Stücke so furchtlos emotional und so mitreißend originell ist. Ganz nah dran an ihrer Seele, sehr fern vom deutschen Pop-Einerlei.
(Spiegel)
Balbinas Texte nähern sich auf dem neuen Album stellenweise dem Emopop an, der hierzulande die Charts zumüllt. Dabei konnte sie doch mal das Absurde? Da waren die skurril verkopften Texte ihr Alleinstellungsmerkmal und ergaben kombiniert mit mainstreamkompatiblen German Gefühligkeitssound ziemlich erhellende Kontraste. Schade. Sie droht im Song "Augenblick" jedenfalls, für immer zu bleiben. Er ist gerahmt von bizarrer Kirmesmusik mit rhythmischem Gefurze.
(Süddeutsche Zeitung)
Es wurde sich ja im Vorfeld von Teilen der Mitstreiter dieser Plattform mächtig lustig gemacht über "Sonne". Natürlich völlig zu Unrecht. Atmosphärisch für mich das beste Balbina Album bis hierhin.
AntwortenLöschen7,5
Wie "Plattform"? Hohes Gericht muss das heißen!
AntwortenLöschenAber Volker jetzt (März 2020) schon mit gefühlt mehr Urteilen als 2019.
Ich bereite mich auf die Quarantäne vor, nachdem heute das Stuttgart-Spiel, in zwei Wochen der New York Urlaub und das ein oder andere Konzert schon flach fallen.
AntwortenLöschenIn gewissem Umfang stimme ich Volker natürlich zu. Das vorab veröffentlichte "Sonne" ist nicht der schlechteste Song auf diesem Album! Trotzdem insgesamt 1 Punkt weniger schlimm als die Vorgänger. 5,5 Punkte
AntwortenLöschenDas mit den englischen Texten wasn't a good idea. Bisher die wenigsten Punkte für ein Balbina-Album von mir: 6 Punkte
AntwortenLöschen7 Punkte
AntwortenLöschen5,5 Punkte
AntwortenLöschen5
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