Egal, ob „California Son“ kein richtiges neues Album von Morrissey ist, da es nur Fremdkompositionen enthält. Egal, ob ich keinen der z...

Morrissey - California Son


Egal, ob „California Son“ kein richtiges neues Album von Morrissey ist, da es nur Fremdkompositionen enthält. Egal, ob ich keinen der zwölf Songs aus den 60er und 70er Jahren im Original kenne. Egal ob mir teilweise sogar die Interpreten (etwa Jobriath oder Gary Puckett & The Union Gap) vollkommen fremd sind. Egal, ob sie Serie der nicht so gut gelungenen Albenhüllen bei Morrissey weitergeht. Egal, ob in „Don’t Interrupt The Sorrow“ ein Saxophon schrecklich säuselt oder „Lady Willpower“ und „Wedding Bell Blues“ nur im Rahmen eines ESC-Abends zu ertragen sind. Egal, ob Morrissey eine Riege von US-Musikern ins Studio eingeladen hat (Billie John Armstrong (Green Day), Ed Droste (Grizzly Bear), Ariel Engle (Broken Social Scene), Laura Pergolizzi (LP) usw.). Egal, ob es eine schöne hellblaue Schallplatte bei Indie-Händlern oder es für stolze $199.99 eine Box mit „California Son“ Plattenspieler gibt.

Hauptsache Morrissey singt. Und spricht nicht. 




So ist ein das nun veröffentlichte nostalgische Cover-Album nur ein folgerichtiger Schritt, doch die Wahl der Songs zeigt, dass man es sich so leicht mit dem querulanten Morrissey auch wieder nicht machen kann: Bei den 12 Tracks handelt es sich nämlich zum Teil um Protestsongs von Künstlern, die keineswegs eine rechte Gesinnung haben wie zum Beispiel Bob Dylan oder Joni Mitchell.
Zudem sind Coverversionen schon immer ein wichtiger Teil in Morrisseys Musik, zuletzt überraschte er mit gelungen Versionen von The Pretenders "Last Of The Chaingang" und Lynn Andersons Schmachtfetzen "(I Never Promised You) A Rose Garden" – nun, genau das hat er wohl wirklich niemals und das schmerzt die (vielleicht auch nostalgieverfallenen) Fans, die statt nach Rosen duftenden Wilde-Zitaten momentan eher mit dornigen Polit-Statements zu kämpfen haben. Verrat und verschmähte Liebe also auf beiden Seiten - eigentlich ein zutiefst morrisseyesker Songstoff.
(Tonspion)




Die Auswahl der Stücke ist exquisit, Morrissey ist ein Kenner, ein Fan – auch das will er uns beweisen. Dabei sendet er Signale, die ihn politisch wieder ins richtige Licht rücken sollen: Er singt „Days Of Decision“ des linken Protest-Folkies Phil Ochs, von Dylan covert er „Only A Pawn In Their Game“, gewidmet dem 1963 ermordeten Bürgerrechtsaktivisten Medgar Evers. „Take a little drink from the liar’s cup“, heißt es in Buffy Sainte-Maries „Suffer The Little Children“, in dem sie die verfehlte Pädagogik in Schulen im Zeitalter des Kapitalismus kritisiert.
Zeigt Morrissey Einsicht? Oder dreht er die Vorlage klammheimlich um? Schwer zu sagen. Die Zeit der Unschuld ist vorbei, er hat sie selbst beendet, man wird Morrissey nie mehr so hören, wie früher – obwohl man es gerne täte, wenn er formvollendet „It’s Over“ von Roy Orbison singt.
(musikexpress)






4 Kommentare:

  1. Mit "Ach Morrissey" habe ich meine Tonspion-Review auch begonnen und auch wenns unpopulär ist es zuzugeben: Ich mag das Album ziemlich...: 8 Punkte

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  2. Ich habe extra in unserer Morrissey-Revision nachgesehen: Meine schlechteste Wertung für ein Morrissey-Album war bisher 6 Punkte. Die erreicht das Cover-Album nur ganz knapp.

    6 Punkte

    https://plattenvorgericht.blogspot.com/2017/11/revision-morrissey.html

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