Rollen wir das Feld von hinten auf und beginnen mit "Make You Mine", dem zehnten und letzten Titel des neuen ...

Mando Diao - Aelita



















Rollen wir das Feld von hinten auf und beginnen mit "Make You Mine", dem zehnten und letzten Titel des neuen Albums von Mando Diao, denn dieser hat aus zwei Gründen eine besondere Erwähnung verdient: erstens klingt er sehr nach den deutschen Synthie-Poppern von Camouflage (ca. 1989) und zweitens hat man mit ihm die 54 Minuten von "Aelita", die so wohlklingend sind, wie das Plattencover monochrom, endlich hinter sich gebracht.

Was man Mando Diao wirklich nicht vorwerfen kann, ist es zu einem Eigenplagiat zu verkommen. Nach den kommerziellen Erfolgen von "Give Me Fire!" und der dazugehörigen Single "Dance With Somebody" wäre es für Gustaf Norén, Björn Dixgård & Co. sicherlich ein Leichtes gewesen, diese Masche erneut aufzugreifen und das Muster zu wiederholen. Doch zunächst veröffentlichten sie mit "Infruset" ein Folk-Album in ihrer schwedischen Muttersprache, das zehn Gedichte des schwedischen Lyrikers Gustaf Fröding anlässlich seines 100. Todestages im Jahr 2011, vertonte und zwar in Schweden erstmals den ersten Platz der Charts erreichte, in Deutschland die Hitparaden aber komplett verfehlte. Dann stürzten sie sich mit dem Projekt Caligola in die unsäglichen Tiefen von Soul, R'n'B, Hip Hop und Disco, die mit 4,2 Punkten für "Back To Earth" bei Platten vor Gericht noch wohlwollend bedacht wurden. 

Nachdem all' diese Musikrichtungen abgehakt werden konnten, blieben für Mando Diao eigentlich nicht mehr viele übrig - dazu Gustaf Norén:
A lot of people ask us if we're going back to "the old Mando Diao sound" on the new record. There is no Mando Diao sound. We're constantly evolving, and the music evolves with us. None of our albums sound the same as the last one, and this upcoming one is not an exception. We're always looking for new dimensions and we found yet another one with Aelita. 

Bei Aelita handelt es sich um einen alten russischen Synthesizer und Mando Diao holen aus diesem all' die Klänge heraus, die auch in den 80ern schon ziemlich schrecklich sein konnten. Der Einsatz von Vocoder ("Baby"), Autotune ("If I Don't Have You"), Flamenco-Gitarre ("Wet Dreams") und schwülstigen Platikstreichern ("Lonely Driver", "Wet Dreams", "Child") sowie weiblichem Chorgesang lässt es auch nicht gerade besser werden.

Der Musikexpress kommt bei "Aelita" auf 2 (von 6) Sternen....
Dixgård und Norén, unbestritten sehr talentierte Songwriter, spielen hier geschlagene 55 Minuten mit 80s-Stilmitteln wie Vocoder-Effekten, elektronischem Schlagzeug und Keytar-Soli herum und klingen dabei erschreckend lust- und ideenlos.

Bereits der Opener „Black Saturday“ klingt so sehr nach ihrem Megahit „Dance With Somebody“, dass es an Selbstparodie grenzt. Mandos Markenzeichen – der enge Harmoniegesang von Dixgård und Norén – klingt ab und zu durch, aber sonst dominieren sich scheinbar endlos wiederholende Synth- Pop-Instrumentalparts („Rooftop“) und verkrampfte Moroder-Hommagen („Baby“). Anstatt der Band neue Möglichkeiten zu eröffnen, hat der Synthesizer Mando Diao eingeengt: Die Songs plätschern beliebig und unsagbar langatmig vor sich hin (ein einziger Song unter vier Minuten), und wenn Norén auf „If I Don’t Have You“ mit von Auto-Tune verzerrter Stimme rappt (!), nimmt man das als positiven, weil wenigstens mutigen Moment wahr.

Einzig auf „Lonely Driver“ meistert die Band den gerade angesagten 80s-Sound, ohne sich dabei selbst zu verlieren: Der Vocoder wird dezent im Hintergrund gehalten, und Dixgård klingt so wund und dringlich, wie man es von ihm gewohnt ist. Aber ein einziger wirklich überzeugender Song ist für ein gelungenes Comeback-Album entschieden zu wenig. Und haben Sie sich mal das Cover angesehen? Will man mit so etwas seine Gäste erschrecken? Dagegen hatte ja sogar Gagas ARTPOP „was“.


... und Plattentests landet bei 4/10 Punkten:
Insgesamt ist "Aelita" aber doch eher nüchtern zu sehen, jedoch in selbigem Zustand wohl nicht allzu häufig zu ertragen – das wird an gleich mehreren Stellen deutlich. Da gibt das zurückgelehnte "Lonely driver" mit einer ordentlichen Portion Soul und Blues im Blut und Streichereinlagen den coolen Groove vor, und schon mäandert sich das langatmige "Child" trotz Geigenbegleitung wieder ins Abseits. Auch das schwülstige "Sweet wet dreams" flirtet kurz mit spanischen Gitarren, macht dann aber vergeblich auf 70er-Jahre-Disco. Ebenso "Romeo" oder "Baby", die einfach nicht zupacken. Am ehesten windet sich "Money doesn't make you a man" noch in Tanztreter und Ohrmuschel, wie man es so von den frühen Depeche Mode oder etwa New Order erwarten würde. Auch der düster-balladeske Achtminüter "If I don't have you" ist hörbar – mitunter, weil die Synthies hier mal etwas zurücktreten und Noréns und Dixgårds stimmlich-gefühlvoller Doppelpass gelingt. Wäre aber auch kürzer gegangen.



4 Kommentare:

  1. Ich nehme es mit Humor. 4 Punkte

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  2. Irgendwann passiert es und man hört sich ein neues Album von den Herren nach den letzten beiden Flops gar nicht mehr an...

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  3. Anfangs hatte ich noch Spaß, der schwand leider zusehends

    5

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