PVG: „Folklore“ und „Evermore“ bekamen von dir 2020 8,5 Punkte und landeten gemeinschaftlich auf Platz 1 deiner persönlichen Charts. Für „Midnights“ (2022) gab es dann 8 Punkte und „The Tortured Poets Department“ erhielt letztes Jahr nur noch 7,5 Punkte von dir. Ist deine Liebe zu Taylor Swift möglicherweise etwas abgeflacht, Oliver?
Oliver: Musikalisch haben wir uns wohl etwas auseinandergelebt. Wobei „Folklore“ und „Evermore“ ja erst die ersten Alben von Taylor Swift waren, mit denen ich mich beschäftigt habe. Die Liebe währt also noch gar nicht so lange. Nach diesen beiden „Indie“-Alben, bei denen viele Songs in Zusammenarbeit mit Aaron Dessner entstanden, ging es mit „Midnights“ und „The Tortured Poets Department“ wieder Richtung Pop – und meine Bewertungen leicht runter. Aber 8 bzw. 7,5 Punkte sind ja jetzt auch nicht so schlecht.
PVG: Warst du denn bei der „The Eras Tour“ und welche Epoche - abgesehen von der folkigen Dessner-Phase - ist deine liebste?
Oliver: Kurz überlegt habe ich natürlich – gegangen bin ich letztendlich aber nicht. Es gibt allerdings einen Konzertfilm, der auf einer Streaming-Plattform verfügbar ist. Den habe ich mir dann tatsächlich angeschaut. Mittlerweile habe ich mich auch ein wenig mit dem Frühwerk Taylor Swifts befasst und mag die Phase um das Album „1989“ ganz gerne.
PVG: Taylor Swift flog zwischen den Konzerten ihrer Europatournee immer wieder nach Stockholm, um mit den schwedischen Produzenten Max Martin und Shellback „The Life Of A Showgirl“ aufzunehmen. Wie gefällt dir denn Taylors Rückkehr zum Pop?
Oliver: Gegen Pop ist ja generell nichts zu sagen – ich drücke es mal so aus: Dass Jack Antonoff nicht auch als Produzent dabei war, finde ich schade.
PVG: Hast du dir denn am Feiertag den Wecker gestellt, damit du um Mitternacht „The Life Of A Showgirl“ direkt anhören konntest?
Oliver: Ich habe es ein bisschen so wie früher gemacht, als wir neue Musik erst hören konnten, wenn wir die Platte, nachdem wir sie im Plattenladen gekauft hatten, auf den Plattenteller gelegt haben. Das war dann am Montagabend – drei Tage nachdem das Album erschien!
PVG: Zu zwei bestimmten Songs müssen natürlich Fragen kommen. Starten wir damit: Was sagst du zu „Father Figure“, das den gleichnamigen Song von George Michael interpoliert?
Oliver: Ich war nie ein großer Fan des George Michael-Songs – dass mir Taylor Swifts Song besser gefallen würde, war zu erwarten. Aber wenn wir schon über „Interpolationen“ reden: Wie wäre es mit einem Mash-Up (ich kann es nicht lassen, diese Frage zu stellen) aus „Actually Romantic“ und „Teenage Dirtbag“? Und „Wood“ zitiert Soul-Klassiker. Musikalisch „I Want You Back“ von den Jackson 5 und textlich zum Beispiel, naja, „Knock On Wood“.
PVG: Die zweite müsste eigentlich an unseren Pop-Versteher Volker gehen, der ist aber leider zurzeit nicht verfügbar, daher: Was sagst du zu der sehnlichst erwarteten Zusammenarbeit mit Sabrina Carpenter?
Oliver: Vielleicht wirklich eine Frage für Volker. Ich bin ob dieser Zusammenarbeit jedenfalls nicht in Jubelstürme ausgebrochen.
PVG: Welche Songs von „The Life Of A Showgirl“ konnten dich bisher am meisten überzeugen? Und wagst du auch schon eine Prognose bzgl. deines Gerichtsurteils? Irgendwie (siehe oben) rechne ich mit 7 Punkten…
Oliver: Mit „The Fate Of Ophelia“ startet das Album recht vielversprechend. Das schon erwähnte „Wood“ ist bisher mein Favorit. „Opalite“ ist leider ganz schlimm und insgesamt bin ich jetzt nach drei bis vier Durchläufen noch nicht wirklich von dem Album überzeugt. 7 Punkte wird schwer.
PVG: Und welche der zahlreichen Vinyl Varianten hättest du gern in deinem Plattenschrank stehen?
Oliver: Ich habe gar nicht großartig geschaut, was es da alles gibt. Die erste Variante, die mir angeboten wurde, versprach „Gold Glitter“. Die habe ich dann genommen.
PVG: Dann sollte sich wohl die Platte ganz links (transluzentes orangefarbenes Vinyl mit Goldglitzer) auf deinem Plattenteller drehen. Die nächste Frage stelle ich für einen Freund (von Plattencover vor Gericht): Unter euch Swifties, entschuldige, unter den Swifties gab es zahlreiche Diskussionen über das Cover. Welche der (aktuell) elf unterschiedlichen Plattenhüllen findest du am gelungensten?
Oliver: Puh … Nächste Frage bitte …
PVG: Oh, alle Taylor Swift Fragen sind aufgebraucht, als vielleicht zum Abschluss: Über welche Platte aus der Jahr 2025 müssten wir hier dringend noch sprechen?
Oliver: Da Sons Of Martha sich Zeit lassen mit einem Album, bringe ich mal „I Dreamt I Had Insomnia“ von Blindness & Light ins Spiel.
„The Fate Of Ophelia“ bietet einen poppigen Hamlet-Bezug, aber hier wird Ophelia gerettet, statt zu ertrinken. ER hat es getan. Wer ist das? Wir können nur mutmaßen …Das Stück ist extrem taylorhaft und bietet natürlich auch eine ihrer berühmten „Bridges“ an. Relatable! Mit „Elizabeth Taylor“ wird ein lustiges Namenswortspiel, das Swift schon einmal einsetzte, wieder aufgenommen. Elizabeth Taylor, oft der Vielmännerei bezichtigt, wollte evtl. nur den Einen, so die Geschichte. Dieses Lebensproblem wird hier musikalisch kraftvoll und mit Druck abgebildet.Das tollste Stück des Albums ist „Opalite“. Leicht und luftig hat es etwas von den späten Fleetwood Mac. Auch was den empowernden Moment angeht: „Sleeplees in the onyx night but now the sky is opalite“. „Father Figure“ ist eine Hommage an George Michael, „Ruin The Friendship“ bedient sich der Mittel des Yacht-Rocks und gibt dem Bedauern, nicht „mehr“ aus einer reinen Freundschaft zu einem Jugendfreund gemacht zu haben, Raum. In „Actually Romantic“ nimmt sich Swift Runtermacher:innen vor (hier geht es vermutlich explizit um Charli XCX, die ja einen Song mit dem Titel „Everything is romantic“ im Gepäck hat und die zeitweise Beef mit Swift hatte…).„Wood“ könnte ein weiterer Hit sein, Sixties-Vibes geben ihm Lockerheit. Der Anfang erinnert angenehm an „ABC“, den großartigen Song der Jackson Five. „Honey“ scheint ein Liebeslied für ihren Verlobten Travis Kelce zu sein und im Titelstück beschreibt Swift dann eben wirklich, was es heißt, berühmt zu sein. Unterstützt wird sie dabei von Sabrina Carpenter, die auf der letzten Tour ja teilweise für Swift eröffnet hat. Lässige Handclaps, Gitarren helfen dabei, den allzu romantisierenden Blick von Außen auf ein Leben auf Bühnen und im Scheinwerferlicht zu relativieren.
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