Hoffentlich gehen King Hannah bei Platten vor Gericht nicht wieder baden!
2022 veröffentlichten Hannah Merrick und Craig Whittle ihr Debütalbum und soffen damit ziemlich ab: Platz 265 stand am Ende des Jahres für „I’m Not Sorry, I Was Just Being Me“ zu Buche. gerade einmal 11 Alben konnten einen schlechteren Punktedurchschnitt aufweisen - für diesen war jedoch nahezu Volker („Boah ist das nervig“) im Alleingang mit einer Wertung von 3 Punkten zuständig. Ob ihm und den anderen Plattenrichtern nun „Big Swimmer“ besser gefallen wird?
Der Opener „Big Swimmer“ ist bezaubernd, verträumter Folkrock (man stelle sich Mazzy Star in gang, ganz wütend vor), auf dem anschließenden „New York, Let’s Do Nothing“ hören wir Hannah Merrick dann erstmals (und nicht letztmals) sprechsingen oder lasziv raunen, der Song dürfte gut als Referenz an die beiden New Yorker Bands The Velvet Underground und Sonic Youth durchgehen.
Gelegentlich hätte jemand King Hannah sagen müssen, dass sie sich etwas kürzer fassen sollten, denn „Suddenly, Your Hand“ und „Somewhere Near El Paso“ sind mit über 7 bzw. 8 Minuten einfach zu langatmig geraten (insofern man nicht auf Minuten lange Gitarrensoli steht). Wäre das nicht eine Aufgabe für ihren Produzenten Ali Chant (Aldous Harding, Gruff Rhys, PJ Harvey, Soccer Mommy, Perfume Genius) gewesen?
Anhand der in den Songtiteln erwähnten Orte lässt sich schon erahnen, dass das Liverpooler Duo seine Inspiration nicht aus heimischen Bands zieht, sondern dafür über den großen Teich schielt. Und das Plattencover passt eigentlich auch recht gut, denn „Big Swimmer“ ist phasenweise recht träger und trockener Wüstenrock.
„Big Swimmer“ ist als CD und LP (black Vinyl, ocean blue Vinyl) erhältlich.
King Hannah in Deutschland:
05.09.24 Berlin, Lido
19.09.24 Hannover, Cafe Glocksee
Es klingt kaum anders oder moderner als das Debüt von 2022, hat aber noch mehr magische Momente zum Auskosten. Etwa »New York, Let’s Do Nothing«, das mit Merricks hintersinnigem Lou-Reed-Sprechgesang klingt, als wäre es bei der bekannteren Konkurrenz von Dry Cleaning abgekupfert – bis Gitarrist Whittle dann mit einem Solo so laut dazwischenbrät, dass es selbst Thurston Moore Respekt abverlangen dürfte. Überhaupt findet man in jedem der lasziv zwischen Noise und Noir schwankenden Stücke immer wieder einen besonders schönen Gesangspart, einen irritierenden Textschnipsel (»Mattress«, »John Prine on the Radio«) oder schlicht eines dieser frechen, wachrüttelnden Whittle-Riffs (»Lily Pad«). Man verfolgt »Big Swimmer« wie einen lakonischen, kunstvoll fotografierten Indie-Film, in dem gar nicht so viel passiert, von dem man aber trotzdem keine Sekunde verpassen will.(Spiegel)
Dabei klafft bisweilen eine Schere zwischen ihrem unheilschwangerem Ton und der düsteren Spannung der Musik einerseits und der Ereignislosigkeit des Inhalts andererseits. Ein amüsantes, aber auch enervierendes Feature dieser Band, die zudem dazu neigt, Songs unnötig in die Länge zu ziehen, oft mit Whittles wenig inspirierten Noise-Gitarrensolos. Das unkomplizierte, druckvolle „Davey Says“ und das countryeske „John Prine On The Radio“ zeigen, dass Whittle lieber häufiger als Zweitstimme fungieren sollte, statt ständig die Saiten zu quälen. Zusätzliche Background-Verstärkung gibt es auf zwei Songs übrigens von Sharon Van Etten – kleiner Fun Fact zu einem atmosphärischen, aber auch etwas zerdehnten Album.
7 Punkte
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschenDie Songs sind teilweise zu lang, immer noch zu viel Blues-Rock, aber doch ein halbes Pünktchen mehr als zuvor: 6 Punkte
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