Verweilen wir noch wenig im hohen Norden und wenden uns von Island nach Norwegen: Obwohl in der nordischen Mythologie zahlreiche Götter wie Odin, Thor oder Loki in Asgard hausen, wendet sich Aurora auf jedem der 15 Songs von „The Gods We Can Touch“, das sich thematisch um Scham, Begehren und Moral dreht, einer anderen griechischen Gottheiten zu. Ob sie, genau wie ich, gerade „Myths“ von Stephen Fry liest?
Ohne göttlichen Beistand, aber mit Hilfe von TikTok und Billie Eilish, die deren Song/Video „Runaway“ als Inspiration nannte, konnte dieses Lied mittlerweile über 100 Million Streams bei Spotify generieren. Der zeitgenössische Pop der Single „Cure For Me“ könnte durchaus als Retourkutsche oder Referenz an Eilish verstanden werden. Neben diesem hören wir entrückten Artpop - wahlweise mit („Exhale Inhale“, „Exist For Love“) oder ohne Streicher („Everything Matters“) - für Fans von Björk oder Kate Bush, Synthpop mit 80s Touch („A Temporary High“) oder melodiösen Elektropop in der Tradition von „Runaway“ oder „Running With The Wolves“ („Giving In To The Love“). Seit ihren ersten musikalischen Schritten arbeitete Aurora mit dem Produzenten und Songwriter Magnus Skylstad zusammen, so auch auf „The Gods We Can Touch“.
Für die Schallplatte (Doppel-Vinyl) hat Aurora die Trackliste ein wenig durcheinander gewürfelt und zahlreiche limitierte Auflagen parat: Urban Outfitters bietet Pearl Gold Vinyl, Walmart Red Vinyl, ihr eigener Shop White Vinyl. Zudem gibt es drei unterschiedliche Cover-Varianten (Black Vinyl), benannt nach den Göttern Artemis, Eros und Oizys.
Am 24.02.22 wird Aurora (möglicherweise) ein in Deutschland exklusives Konzert im Berliner Tempodrom spielen.
Diese Schattierungen finden sich in Instrumentierung, Genre-Zuschreibung und auch Grundstimmung der einzelnen Etappen wieder. So erinnert das zackige Bar-Piano in “The Innocent” an Celeste, “Cure For Me” beschwört mit zitterndem Synthesizer eine nächtliche Club-Atmosphäre und “You Keep Me Crawling” fährt breite Streicher-Arrangements für einen düsteren Vibe auf.Insgesamt schafft die Norwegerin damit erneut den Spagat, den sie schon auf den beiden Vorgängeralben trainierte: Einerseits offenbart der Sound immer wieder eingängige Pop-Momente und dringliche Beats (siehe “A Temporary High”), andererseits bekommen die Stücke ganze Ozeane an Freiraum spendiert und kokettieren auf Albumlänge regelmäßig mit Folk-Elementen. (…)Dass gerade Aurora mit ihrem oftmals nahezu sakralen Gesang nun dieses mythologische Konzeptalbum veröffentlicht, ist schlicht ein Glücksgriff für beide Seiten: Die Hörer*innen können sich auf ein ungemein vielseitiges Werk voller Entdeckungen freuen – und die Musikerin selbst erreicht künstlerisch die nächste Stufe.
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