In den letzten Tagen des Jahres 2017 besuchte ich das von Sigur Rós kuratierte Norður Og Niður-Festival in Reykjavik. Da ich dieses schon mehrfach erwähnt habe, müssen es wirklich drei erinnerungswürdige Tage in der Harpa gewesen sein. Einen den ungewöhnlichsten Auftritte hatte Dan Deacon und zitiere gern noch einmal meinen damaligen Rückblick auf das Konzert:
Für seinen Auftritt hatte der 36-jährige US-Amerikaner vor der Bühne einen vom Publikum umringten Tisch mit zahlreichen Gerätschaften aufbauen lassen. Mit ähnlicher Inbrunst wie ein Prediger im US-Fernsehen hielt er Reden, die die Zuschauer über den Ablauf der nun anstehenden Performance informieren sollte, denn diese sollte von ihnen durchgeführt werden! Während Dan Deacon experimentellen Elektro-Pop mit verzerrter Micky Mouse-Stimme vortrug, führte das Publikum zahlreiche Aktionen durch, die "Silfurberg" in ein Tollhaus verwandelten. 90% der anwesenden flippten komplett aus, 5% schüttelten ungläubig ihre Köpfe und 5% konservierten das Geschehen via Handy oder Kamera für die Nachwelt.
Denn man muss wirklich gesehen haben, wie Deacon die Menschen dazu animierte, in der Mitte der Halle einen Freirau zu lassen, in dem zwei von ihm ausgewählte Freiwillige tanzend wilde Verrenkungen vorführten, um nach 30 Sekunden an einen anderen tanzwütigen Zuschauer zu übergeben. Oder wie sich das Publikum in einer Saalhälfte versammeln sollte, damit zunächst einer zur gegenüber liegenden Wand laufen, sich dort abprallen und wieder zurück rennen sollte, um anschließend einen zweiten, dritten, vierten usw. Läufer abzuholen. Oder wie er die Zuschauer in zwei sich gegenüberstehende Gruppen einteilte, die zu einem Song allen Bewegungen von zwei Vortänzern folgen sollten. Oder wie... Man muss es einfach gesehen haben!
Mittlerweile ist der US-Amerikaner 38 Jahre alt und hat jüngst für sein letztes Album „Gliss Riffer“ nach 5 Jahren einen Nachfolger präsentiert. Neben dem überdrehten und hyperventilierenden Elektro-Pop mit hochgepitchter Stimme („Arp II: Float away“), die einen Konzertsaal zum Ausrasten bringen können, zeigt Deacon jedoch diesmal auch seine ruhigere, melancholische Seite und seine natürliche, unverfremdete Stimme („Become A Mountain“) sowie analoge Instrumente wie Streicher („Weeping Birch“) oder Saxofon („Arp III: Far From Stone“). Sehr schön in diesem „Making of“ zu sehen:
„Mystic Familiar“ bietet 11 Songs, die 43:46 Minuten laufen, und auf CD, Kassette und LP (silver Vinyl) erschienen sind.
Bei all dem Gebleepe, Geblitze, Getrommel und Gezappel, das die hyperaktiven Songs begleitet, denkt man an John Maus und fragt sich, ob das wohl so sein soll, mit der Geschwindigkeit der Songs. Es soll. Auch wenn manche so klingen, als wären sie für eine Spielhalle in Tokio komponiert, in der 14-Jährige an ihren Highscores schrauben.
(musikexpress)
Die Kunst und die Schönheit von Deacons Kompositionen liegt oftmals hinter den Soundgerüsten, die er im Mittelteil von „Mystic Familiar“ großzügig aufbauscht („Arp I: Wid Eyed“) oder scheinbar einer völlig wilden Eskalation aussetzt, wie im hektischen „Arp II: Float away“.
Doch hier lohnt es sich, genauer hinzuhören und sich nicht nur von den elektronischen Tönen, sondern auch von Deacons Gesang mitreißen zu lassen:
Der Elektro-Künstler setzt hier auf langgezogene, sentimentale Töne, dessen Lyrics wortwörtlich zum Dahintreiben einladen. Sich darauf einzulassen, könnte auch schon eine Kunst für sich sein.
(Musikblog)
Das ist stellenweise schon sehr "speziell". 6 Punkte
AntwortenLöschenJetzt habe ich einen ganz anderen Zugang zur Musik von Dan Deacon und bin bei jedem Song froh, keiner seiner Animationen folgen zu müssen!
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Fängt gut an, wird mir zum Ende hin aber ein wenig zu unruhig.
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