Anfang des Jahres habe ich mich ein wenig über die Veranstalter des A Summer’s Tale Festivals aufregen. Als es bei den ersten Ankündigungen für die 2017er Ausgabe hieß, dass man am bestehenden Konzept festhalten möchte, war dies, trotz einer Preiserhöhung erfreulich, da wir beide vorherigen Auflagen des Festivals besucht hatten und mehr als positiv erfreut gewesen waren. Doch dann stellte es sich heraus, dass in einem Nebensatz des langen Infotextes erwähnt wurde, dass am ersten der vier Festivaltage die beiden großen Bühnen nicht bespielt werden würden. Eine Preiserhöhung bei gleichzeitiger Reduzierung des musikalischen Angebots um rund 25%? Die Aussage das erfolgreiche Konzept beibehalten zu wollen und dann im Gegensatz dazu einen Tagen komplett neu zu gestalten? Ein Festival ohne Musik auf den Hauptbühnen? Das grenzte schon sehr an Frechheit!
Mittlerweile haben mich die Bandbestätigungen sowie die guten Erfahrungen beim A Summer’s Tale wieder etwas beruhigt? Und so sehen wir Anfang August in der Lüneburger Heide Franz Ferdinand, Pixies, PJ Harvey, Feist, Birdy, Conor Oberst, The Notwist, Element Of Crime, Judith Holofernes, Von Brücken und einige mehr…
… unter anderem Blaudzun, ein niederländischer Singer/Songwriter, der eigentlich Johannes Sigmond heißt und mittlerweile sechs Alben veröffentlicht hat. Im letzten Jahr war „Jupiter (Part I)“ erschienen, dem dieses Jahr konsequenter Weise „Jupiter (Part II)“ folgt. Die Homepage des A Summer’s Tale weiß über den Musiker Folgendes zu berichten:
Auf seinen Alben hat er seinen Sound immer weiter entwickelt, vom gitarrenbegleiteten Gesang bis hin zum großen, dramatischen Arrangement. Er arbeitet dabei mit vielen Musikern zusammen, was nur konsequent ist, ist doch der Klang auf der Bühne geprägt von der mehrköpfigen Band. Dass die Songs so gar nicht nach den Niederlanden, sondern eher nach Amerika klingen, liegt an den vielen Einflüssen: Neben Opern und spiritueller Musik ist Blaudzun mit Bob Dylan und Johnny Cash aufgewachsen. Später entdeckte er die Beatles und Nirvana, er liebt die Melancholie von Balkan-Musik, die emotionale Kapitulation in spanischen Volksliedern und den Rhythmus und die Instrumente des Irish Folk.
Beim Hören von „Jupiter (Part II)“ fällt mir hingegen zunächst eine große Nähe zu Arcade Fire auf (man höre zum Beispiel „Outside The Lights Of The City“ oder „To Be Lost In 87“), die sicherlich mit den opulenten Arrangements und Referenzen an David Bowie und Bruce Springsteen zusammenhängt. Wenn Blaudzun in großer Besetzung auf der Bühne stehen, wird diese Ähnlichkeit hoffentlich noch etwas deutlicher.
Dann ärgerte mich hingegen, dass „Jupiter (Part I)“ an mir unbemerkt vorbei gegangen war, bis die Recherche zur aktuellen Platte mir verriet, dass sogar ein Tryptichon entstehen soll und man sich auch schon aufs nächste Jahr freuen darf.
Wie schneidet „Jupiter (Part II)“ in der Kritik ab und wie klingt Blaudzun? Hier sind die Antworten:
Teil zwei setzt die schlankere Linie nun fort, ohne sich zu sehr lumpen zu lassen: ein Glockenspiel hier, etwas Banjo dort. Besonderen Eindruck machen die analogen Synthies, die im Bowie’esken »Outside The Lights Of The City« oder dem passend betitelten »To Be Lost In 87« 1980er-Feeling verbreiten. Doch es ist wohl Sigmonds Vorliebe für gen Himmel strebenden Gesang und treibende Stakkato-Rhythmen, die trotz Variationen in Tempo und Instrumentierung ein Gefühl der Wiederholung erzeugt. Zumal die ab und zu zündenden Melodien des Vorgängers hier noch rarer gesät sind. Vielleicht sollte sich Blaudzun für Teil drei einfach mehr Zeit gönnen.
(intro)
Ein Ohrwurm ist bei „Press On (Monday’s Child)“ möglich, der durch seine fantastische Melodie überzeugt und direkt im Gedächtnis bleibt. Auch die Trompeten, die für Blaudzun ein typisches Element sind, kehren hier wieder und schmücken den Song weiter aus.
Dagegen fallen „Outside The Lights Of The City“ sowie „To Be Lost In 87“ von ihrer hellen Grundstimmung komplett aus dem Raster der bisherigen Songs auf den „Jupiter“-Alben, während die meisten Songs eher düster und melancholisch daherkommen. Dies ist eine erfrischende Überraschung und zeigt wieder einmal die Genialität von Mastermind Johannes Sigmond. „Modern Talk“ baut dann die Spannung auf für das wilde „Manic Talk“. Hier wird mir nochmals deutlich, wie durchdacht die Songs konzipiert sind und was für ein großes Potenzial sie für Liveperformances haben.
(noisiv)
Generell weisen die Songs auf "Jupiter (Part II)" wieder mehr interne Dynamik auf als die des Vorgängers. "When we wrote this" oder "Outside the lights of the city" verwenden das Refrain-Explosions-Template zu ihrem Vorteil, letzterer dazu noch mit einem gut tanzbaren Rhythmus, der sich gegen Ende in einen galoppierenden Part auflöst. Und nachdem sich "Modern talk" in träumerisch-lethargische Schwaden gezupft hat, haut das Instrumental "Manic talk" nach allen Regeln der Kunst aus den Socken. Durchdrehendes Schlagzeug, quakende Bläser, dröhnender Bass – gerade mal zwei Minuten braucht dieser Wirbelwind, um zu überwältigen. Der olle "Jupiter" hat sich mit dieser Episode auf jeden Fall in eine günstige Position gebracht. Und macht neugierig, was das große Finale dieser kleinen Saga bringen wird.
(Plattentests)
8 Punkte
AntwortenLöschenGanz starkes Album. Der erste Jupiter-Teil ist genau so zu empfehlen. 8,5 Punkte
AntwortenLöschen7 Punkte
AntwortenLöschenAlso mir haben "Promises Of No Man's Land" und "Jupiter" besser gefallen. aber "To Be Lost in 87" ist sehr gut.
AntwortenLöschen6,5