Schön, dass ich diese Platte noch vorstellen kann. Als mein Interesse an diesem Album geweckt wurde, war die wunderbar aufgemachte und au...

Otto A. Totland – Pinô



Schön, dass ich diese Platte noch vorstellen kann. Als mein Interesse an diesem Album geweckt wurde, war die wunderbar aufgemachte und auf 350 Stück limitierte Vinyl-Auflage schon längst vergriffen und erzielte auf discogs Preise von über 70 Euro (und tut dies immer noch). Im November erschien dann für alle Zuspätgekommenden eine zweite, weniger aufwendig gestaltete Version der Schallplatte.

Totland ist kein Unbekannter. Zusammen mit Erik Skodvin produzierte er zwischen 2005 und 2011 drei Alben unter dem Projektnamen Deaf Center und legte gerade mit der ersten Platte „Pale Ravine“ der sterbenden DIY-Elektronika einen verhuschten und doch in kräftigen, wenn auch dunklen Farben leuchtenden Blumenstrauß auf das Sterbebett. Das dunkle Norwegen, mit Death Metal im Kopf und Streicher-Samples auf der Tastatur. Und nun „Pinô“. Totland spielt Klavier. Seine Kompositionen sind kurz, auf den Punkt, intensiv und doch flüchtig wie der Horizont bei Sturm. Bei Totland geht es nicht um Perfektion, sondern um den Moment. Um das, was in eben jenem Moment sonst noch geschieht. „Pinô“ ist kein Album, bei dem nur das möglichst perfekte Ergebnis zählt, sondern der Prozess ebenso penibel dokumentiert wird. Ein Klavier, ein paar Mikrofone, der Raum. Zwischen Komposition und Improvisation sitzt man als Hörer, so scheint es, ganz nah bei ihm, schaut ihm, nein, hört ihm über die Schulter. Das Fenster steht offen, das echte Leben weht hinein, das Husten des Toningenieurs Nils Frahm, ein heftig krähender Rabe fliegt draußen vorbei, das Knarzen des Hockers, Totlands Atmen und nicht zuletzt die Anschlaggeräusche der Tasten: Diese Elemente vervollständigen die ohnehin schon fragilen Stücke zu einer Sammlung von Sollbruchstellen des Herzens. (Das Filter)

Otto A Totland - Pinô (album teaser) from sonic pieces on Vimeo.


Nils Frahm, der Totlands Album aufgenommen und gemastert hat, sagte einmal in einem Interview, dass in der Musik eigentlich schon längst alles erdenkliche gemacht wurde: Aufnahmen wurden schneller und langsamer gedreht, hoch- und runtergepitcht und rückwärts abgespielt - immer auf der Suche nach neuen Extremen. Nach alldem sehnen sich die Hörer nach Stille. Und wie wir uns sehnen! Anders als Nils Frahm, erzählt uns der Norweger Otto A. Totland hier auch wirklich nur die zarten, kleinen Geschichten. Keine Wutausbrüche, keine Aufregung. Wie viele vor ihm geht auch Totland ungewöhnlich mit seinem Instrument und der ganzen Aufnahmesituation um, doch zeigt er uns die Verbindung von Mensch und Klavier noch viel ehrlicher - lässt uns noch dichter bei ihm stehen, während er spielt: Wir hören seinen Stuhl knarzen, die Mechaniken zwischen den Tönen, die Vögel vor dem Fenster und sein Atmen. (mono-Ton)

Otto A Totland live at Miasmah/ Sonic Pieces HQ Berlin, Oct 5th 2013 from sonic pieces on Vimeo.


Die Stücke folgen einem eigenen Spannungsbogen: mal spielt Totland eine aufstrebende, fast beschwingte Melodie wie im titelgebenden “pinô”, dann wiederum nimmt er das Tempo zurück wie im zögerlich vorgetragenen “seveen”. Er nutzt Pausen, um Tönen Gewicht zu geben, fügt Zäsuren ein, überrascht mit Dissonanzen und spielt sprudelnde Arpeggios. In “solêr” bildet die Melodie einen Dialog, der zwischen Trauer und Trost wechselt. “north way” beschwört Bilder einer norwegischen Landschaft herauf, schroff und sanft zugleich. “jonas” bildet einen Bruch in der Gesamtheit des Albums, der dumpfe Klang steht im Kontrast zu der hüpfenden Melodie, die an ein Karussell oder eine Spieluhr denken lässt. “closer” hingegen vereint erneut Melancholie und Hoffnung und bildet einen wunderbaren Abschluss des Albums. (thepostrock.de)



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