Bar Italia - Some Like It Hot


Gestern feierten wir den 30. Geburtstag von „Different Class“, das mit einem Song namens „Bar Italia“ endet. Da passt es doch perfekt, mit einer Band namens Bar Italia fortzufahren, die, wie Pulp, die Bar Italia im Londoner Stadtteil Soho zu schätzen wissen. 

Zur Band gehören die in Rom aufgewachsene Nina Cristante (Gesang, Keyboards, Percussion) sowie Sam Fenton (Gesang, Gitarre) und Jezmi Tarik Fehmi (Gitarre, Gesang). 2019 lernten sie sich kennen und danach ging es schnell: Bar Italia haben uns nämlich seit 2020 bereits fünf Alben serviert, zuletzt „Some Like It Hot“ über Matador Records. Das Label spendiert neben der CD und LP (black Vinyl) auch limitierte Auflagen auf clear Vinyl, transparent turquoise Vinyl und eine Picture Disc. Außerdem durfte erneut Marta Salogni, eine renommierte Studiotüftlerin (Gorillaz, Depeche Mode, Björk) den finalen Mix übernehmen, ohne Bar Italia von ihrem charmanten bis schrägen LoFi-Sound zu trennen.
Auf den 12 Songs zeigen sich Bar Italia äußerst vielschichtig: scheppernder Britpop folgt auf lärmenden Post-Punk, der auf groovenden 90ies Alternative Rock folgt, dem eine raue akustische Ballade voran ging. Hier wird ein Gitarrensolo eingebaut, dort fiepen deren Rückkopplungen und dann wäre natürlich noch der innerhalb von Sekunden von sanft zu schrill changierende Wechselgesang zu erwähnen, der „Some Like It Hot“ so unvorhersehbar werden lässt.  


 


Insgesamt betrachtet ein Erbe, das bei The Kinks ansetzt, The Fall streift und die Energie der Happy Mondays gern mitnimmt. Das Tempo rausnehmen können sie natürlich auch. „Marble Arch“ und „Bad Reputation“ sind Pub-Balladen im Nieselregen, bei denen Cristante und ihre Gitarren-„Mates“ in einem seltsam anmutigen Wechselgesang schwelgen. Auf Strecke ist ihnen der Karacho-Modus zu eindimensional. Some like it bunt. Es gibt (vereinzeltes) Feedback-Gequieke, und „Omni Shambles“ hat einen fröhlich bollernden Punk-Chorus.
Das Finale mit der Kombi „Eyepatch“ und „Some Like It Hot“ folgt diesen Schnell-langsam-Wendungen, die ohne bemühten Kunstkrampf auskommen. Denn bei alldem haben sie auch ein hörbares Faible für die Süße des Pop – „Plastered“ etwa ist ein bezaubernd arrangiertes Juwel –, sodass man am Ende gar nicht mehr weiß, ob man es hier noch mit einer Rockband zu tun hat. 


 


Die Single Fundraiser eröffnet in hektischer, fast überdrehter Art – mit scharfem Wechselgesang zwischen Cristante und Fehmi, schrammelnden Gitarren und einer Rhythmik, die an frühen Indie-Disco-Sound erinnert. Trotz der Clean-Gitarren bleibt das Stück angenehm kantig und schmutzig – eine Energie, die an die 00er-Band Hot Hot Heat erinnert. Marble Arch wiederum zeigt die andere Seite des Albums: verspielter Pop mit leichten Keyboard-Akzenten und weicher Gitarren- und Drumstruktur, während der Text düster daherkommt. Die Vocals erklingen hier bewusst leicht schief und verleihen dem Song so eine ganz eigene Melodiebewegung.
In Bad Reputation rückt das Trio mit einer folkig-südlich anmutenden Gitarrenzupf-Figur im 3/4-Takt näher an klassische Liedstruktur heran, bevor Rooster mit britischem Rock-Gestus und einer kontrollierten Disharmonie arbeitet – eine Atmosphäre zwischen Iggy Pop & The Stooges, jedoch getragen von dem Wechselspiel der Stimmen. Omni Shambles zieht die Verstärker wieder auf: die Gitarren wirken treibend, mit grungig-punkiger Kante, bleiben aber stets melodisch geführt.




0 Comments