Dass wir fast fünf Jahre auf ein neues Album der kanadischen Stars warten mussten, ist auch der Pandemie geschuldet. Denn eigentlich waren ...

Stars - From Capelton Hill


Dass wir fast fünf Jahre auf ein neues Album der kanadischen Stars warten mussten, ist auch der Pandemie geschuldet. Denn eigentlich waren die Songs bereits Anfang 2020 komponiert, nur die Aufnahmen an unterschiedlichen Orten wollten nicht so recht gelingen. Erst als man sich wieder in Montreal in einem Raum persönlich treffen konnte, funktionierten Torquil Campbell (Gesang), Amy Millan (Gesang), Evan Cranley (Bass), Chris McCarron (Gitarre), Pat McGee (Schlagzeug) und Chris Seligman (Keyboards) wieder als Einheit. 

„From Capelton Hill“ ist das neunte Album in der über 20-jährigen Bandgeschichte und ein nostalgischer Blick zurück. Angefangen bei der Vintage-Optik des Plattencovers, über den Titel des Albums, der sich auf einen Stadtteil von Quebec bezieht, in dem Torquil Campbells Großvater bereits vor über 100 Jahren Häuser baute, bis zum Sound der einzelnen Songs, welche die Musik der 80er und 90er Jahre referenzieren und sich bequem den unterschiedlichen Phasen und Alben der Bandhistorie zuordnen lassen. 

Positiv vermerkt werden darf direkt, dass den Disco- und Dancefloor-Ausflügen der letzten Alben nur noch „Build A Fire“ und (mit Abstrichen) „If I Never See London Again“ huldigen, der Rest ist eingängiger Indiepop („Pretenders“, „Hoping“, „Palmistry“) sowie melodramatische Balladen („That Girl“), die dann besonders gut funktionieren, wenn Campbell und Millan duettieren („Capelton Hill“, „Snowy Owl“).        

„From Capelton Hill“ bietet 12 Songs in 46 Minuten und ist als CD und LP (black Vinyl, green Vinyl, gold Vinyl, purple Vinyl) erhältlich.


 


Doch im Großen und Ganzen ist "From Capelton Hill" eine eher intime, reduzierte Platte, die den Fokus wieder mehr auf den klassische Instrumentenkasten lenkt. Das wird deutlich im schön arrangierten Opener "Palmistry", der sich auch auf einem der beiden Stars-Meisterwerke der mittleren Nullerjahre eine gute Figur gemacht hätte. Millans und Campbells Vocals tanzen hier ihren ganz eigenen, nächtlichen Tango, Streicher verzieren den klanglichen Background, während die stoischen Drums die Nummer vorsichtig puschen. Dass manch ein Song wie die Vorabsingle "Build a fire" vielleicht etwas zu viel melodiösen Zuckerguss abbekommen hat, lässt sich letzten Endes dann wirklich verkraften. 


 


Inspiriert und deprimiert vom Lockdown entstand der anfangs melancholische, sich dann hymnisch aufblätternde Titeltrack, gefolgt vom against-all-odds-optimistischen „Hoping“, in dem sich die wahre Superkraft der Stars zeigt: Sie schaffen es, dass es sich anfühlt wie beim ersten Mal. Also das Musikhören. Das mit knackiger Funk-Gitarre umstandslos Richtung Dancefloor groovende „Build A Fire“ und die Single „Pretenders“ haben den gleichen Effekt, auch oder gerade weil Stars hier tief in 80er-Jahre-Nostalgie schwelgen.
Torquil Campbell und Amy Millan singen sich in wahre Räusche der Euphorie, Campbells Stimme vibriert dramatisch und reimt „miss me“ auf „kiss me“: Das ist total drüber, überkandidelt, herrlich. Dass ausgerechnet die von Millan allein gesungenen Balladen („Patterns“, „That Girl“) seifig und sentimental geraten sind, schmerzt ein wenig.




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