Erneut ein Album, das deutlich verspätet eine Veröffentlichung auf Schallplatte erfährt: „Regards To The End“ erschien bereits Ende Februar, ist aber erst seit Anfang April auf Vinyl erhältlich.
Auf den 10 Songs ist Emily Wells stilistisch nur schwer zu greifen: elektronisch dominierten Songs werden Lieder zu Piano, Streichern und Bläsern entgegengesetzt, gelegentlich wird es auch munter durchmischt. Ist das noch Art-Pop oder schon Avantgarde, eingängig oder experimentell, Kammerpop oder Kann-auch-mal-anstrengend-sein?
Die zehn Songs dauern 45 Minuten und Wells thematisiert darin die AIDS-Krise, den Klimawandel und ihre eigenen Erfahrungen als queere Musikerin. Da die US-amerikanische Multi-Instrumentalistin mit klassischem Hintergrund selbst, neben Gesang, auch noch Synthesizer, Schlagzeug, Klavier, Streichinstrumente (Violine, Cello, Bass) und Blasinstrumente (Klarinette, Flöte, Waldhorn) einspielte, blieb nur wenig Raum für Gastmusiker, aber für ihren Vater, einen Hornisten, ließ sich dann doch noch ein Platz finden.
Emily Wells hat mit ihrer neuen Platte ein extrem vielschichtiges Kunstwerk erschaffen, halb orchestral, halb minimalistisch. Zu elektronischen Elementen gesellen sich Flöten- und Geigen-Loops, die Sounds wabern und vermengen sich zu einem dann doch homogenen Klanggemisch. Und über allem liegt Wells Stimme, die selbst zum Instrument wird, wenn sie die Töne unsäglich lang zieht, Oktaven in einem Atemzug umfasst. Worte werden hier zu Bildern, ihre poetischen Textzeilen sollen Gefühl vermitteln, keine Fakten. Und das Gefühl bleibt.
Dabei wechselte EMILY WELLS von der Gitarre zum Klavier als Leitinstrument und setzte ihr Haupt-Instrument, die Geige, eher in einem lautmalerischen Kontext ein. Sicherlich zupass kam ihr dabei der Umstand, dass sie sich als klassisch ausgebildete Komponistin, Arrangeurin, Multiinstrumentalistin und Produzentin sehr konkret in die musikalische Gemengelage hineindenken konnte.Wahrscheinlich ist das auch der Grund dafür, wieso die neuen Songs im Vergleich zu den experimentelleren, avantgardistischen Vorgängeralben „Mama“, „Promise“ und „This World Is Too ____ For You“ deutlich songorientierter und in Form opulenter, elegischer organisch/elektronischer Hybrid-Balladen in einem klassischen Setting daherkommen.Auf die früher üblichen Experimente mit Hip-Hop-Anleihen und avantgardistischen Experimente verzichtete sie diesmal hingegen, wodurch mit „Regards To The End“ ihr zugänglichstes, versöhnlichstes, emotionalstes und auf fragile Weise auch verletzlichstes Werk entstand.
Schon der Opener „I’m Numbers“ zeigt das Faszinierende dieses Album auf: Bläser und wabernde Synthies, Schwere, Streicher. Dann Loops, eine betörende Pop-Nummer entfaltet sich, diese anmutige und schöne Stimme (…). Das folgende “Two Dogs Thetered Inside”: wieder Begehren, wieder Zweifel. Eine wabernde, traurige Synthie-Pop-Nummer. (…)Aber es fällt schwer, einen Song herauszuheben. Zu sehr lebt dieses Album von seiner melancholischen, abgründigen Stimmung. Zu sehr ist das hier eine sehr kompakte, runde Sache. Immner wieder gibt es Überraschungen, durchbricht eine Klarinette oder ein fulminantes Bläser-Arrangement die Melancholie. Immer wieder gibt es einen Blick auf eine bessere Zukunft: “Love Saves the Day” ist ein Song betitelt. Das Betörende kommt überraschend reflektiert daher: und nichts geht an Tiefe verloren.(Vampster)
7,5 Punkte
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschenGut bis zum Schluss. 7 Punkte
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