Überraschend war 2017, dass der niederländische Singer/Songwriter Blaudzun, der mit bürgerlichem Namen Johannes Sigmond heißt, mit seinem sechsten Album erstmals bei Platten vor Gericht auftauchte. Diesen Fauxpas versuchten die Richter dadurch zu bereinigen, dass sie „Jupiter (Part II)“ mit einem Durchschnittswert von 7,500 Punkten bis auf Platz 27 der Jahrescharts wählten.
Nun ist etwas überraschend, dass Blaudzun rein formal seinen mit den beiden Vorgängern eingeschlagenen Weg nicht konsequent weiterführt: Zwar gibt es als Abschluss den Song „jupiter_III“ zu hören, aber dem Albumtitel ist der Abschluss der angekündigten Jupiter-Trilogie nicht zu entnehmen. Statt dessen wird beim Titel der Platte auf Majuskel und bei den Songnamen auf Minuskel gesetzt und alle werden mit Unterstrichen versehen. Und anstatt der zuvor 9 Songs auf „Jupiter (Part I)“ und „Jupiter (Part II“) gibt es nun 12 neue Lieder zu hören. Auch die Plattenhülle führt den Jupiter-Weg nicht fort, denn das Artwork von Alvaro Tapia Hidalgo, das es zuvor in zwei unterschiedlichen Farbvarianten gegeben hatte, wird nun durch ein Werk von Sven Signe Den Hartogh ersetzt.
Vermutlich soll dadurch auch ein stilistisches Verschieben der Koordinaten in Richtung Pop verdeutlicht werden: Alle Songs auf „_UP_“ wurden von Blaudzun am Piano komponiert und wirken so eingängig bis gefällig, dass einem nun eher Coldplay als Arcade Fire in den Sinn kommen. Obwohl sich „_hey now“, ein Radio-Hit in den Niederlanden, und „easycome_on“ auch gut auf „Everything Now“ gemacht hätten, so dass man die Neuausrichtung auch gut an Arcade Fire (früher vs. aktuell) hätte festmachen können. Da das ein oder andere Lied etwas an einem vorbei rauscht ohne großen Eindruck zu hinterlassen, wäre ein Beibehalten der 9 Songs-Regel hier letztendlich vorteilhaft gewesen.
Das Album ist voller süßlich-geleckter, fasslicher und aufrührerischer kleiner Pophymnen. Große Stadionmomente wechseln sich mit intimen Augenblicken ab, ganz so, als bildeten Anohni und Arcade Fire eine betörende Supergroup, um 16 Horsepower chartstauglich zu interpretieren. Dave Eugene Edwards und Ryan Adams tanzen dazu ausgelassen.
(intro)
Das Bemerkenswerte an “_UP_”: Die Platte hat richtig Zug. Es geht Schlag auf Schlag, jeder musikalische Handgriff sitzt. Hektisch wird es nicht, dafür beinahe tanzbar. So strahlt Blaudzuns Musik trotz der latent melancholischen Stimmung viel Energie aus. “juno_” beispielsweise macht richtig Spaß mit klarer Struktur, kraftvollen Klavierakkorden und Zeilen wie “fade to grey” und “we radiate”. Einziges Manko ist, dass der Song gerade, da man sich eingegroovt hat, vorbei ist. Aber gut, es gibt ja die Repeat-Taste.
“_hey now” und “islands_” erinnern in ihrer heimeligen Flächigkeit an Pop-Kleinode aus Großbritannien. Coldplay? Definitiv keine schlechte Referenz. Nur das Glockenspiel, das hätte nicht sein müssen. “_circles” gibt sich elektronischer, düsterer, mehr im Gewand der Editors. Der längste Song des Albums ist “jupiter_iii” (gut fünf Minuten) und setzt noch einen drauf. Er fällt nicht nur wegen seiner Spielzeit aus dem Rahmen. Mit soften Synthies und breitem Echo-Effekt bildet er eine instrumentale Collage und schwebt über den Dingen. Bevor “_UP_” zu sehr in Sphären abdriftet, bringt Blaudzun in “everystep_” und “easycome_on” kurze, neckische Stückchen, die zwar nicht die Größe der anfangs erwähnten Tracks haben, aber dem Album als Ganzem gut tun.
(éclat)
Blaudzun in Deutschland:
20.05.18 Hamburg
6 Punkte
AntwortenLöschenLeider der schwächste Teil der Trilogie. 7 Punkte
AntwortenLöschen6,5 Punkte
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AntwortenLöschen6 Punkte