Vor einigen Tagen wollte ich mich erstmals in das Auge des Noise Rock-Orkans begeben und ein Konzert von A Place To Bury Strangers besuchen. Das New Yorker Trio trat Mitte April im Kesselhaus in Wiesbaden auf, aber der Besuch des Konzertes von Noel Gallagher am Vorabend im benachbarten Schlachthof, verbunden mit einer einstündigen Hin- sowie Rückfahrt und einer daraus resultierenden kurzen Nacht, kombiniert mit der Tatsache, dass man auch nicht jünger wird, ließen mich den Plan nicht verwirklichen.
Erwartet hätte ich ein männliches Trio, meistens im Nebel stehend und auf Schuhe bzw. Effektgeräte starrend, das einen teilweise infernalischen Lärm veranstaltet. Also so ähnlich wie ein Auftritt von The Jesus And Mary Chain, von denen sie sich ja einiges abgeschaut haben. „Ohrenstöpsel nicht vergessen“ stand, dick unterstrichen, auf meiner To-Do-Liste.
Gespannt wäre ich gewesen, wie viele Songs aus ihrem fünften und neuen Album „Pinned“ sie gespielt hätten und woher der mechanische Beat bei „Look Me In The Eye“ und die pulsierenden Rhythmen bei „I Know I’ve Done Bad Things“ stammen und ob "Attitude" auch live unter diesem nervigen Sirenengeheul leidet. „Ohrenstöpsel spätestens bei "Attitude" nutzen" stand direkt unter dem dick unterstrichenen „Ohrenstöpsel nicht vergessen“ auf meiner To-Do-Liste.
Überrascht wäre ich beim Anblick von Lia Simone Braswell gewesen, die Robi Gonzalez mittlerweile offiziell am Schlagzeug ersetzt hat, einige Songs mitsingt („Never Coming Back“, „Situation Changes“, „Too Tough To Kill“, „Frustrated Operator“) und der Band, zu der weiterhin Oliver Ackermann und Dion Lunadon gehören, damit eine neue musikalische Perspektive eröffnet.
Wer A Place To Bury Strangers live sehen möchte, hat dazu demnächst noch Gelegenheit:
07.05.18 Berlin, Bi Nuu
08.05.18 Hamburg, Logo
Natürlich geht Ackerman auf »Pinned« wie gewohnt mit überladener Effektbatterie zu Werke, und das Gerüst aus Cold-Wave-Bassläufen, mechanisch-krautigen Drums und Distortion bis zum Abwinken fühlt sich sofort vertraut an.
Dennoch hat man das Gefühl, dass infernalische Lärmeskapaden wie etwa in »Never Coming Back« nicht mehr uferlos wüten, sondern ein Stück weit im Zaum gehalten werden. Es finden sich deutlich postpunkigere Elemente als noch auf den Vorgängern, sogar vergleichsweise cleane Gitarrenlinien wie etwa in »Was It Electric«. Gerade auch die häufigen Gesangsparts der neu installierten Drummerin Lia Simone Braswell lassen das Klangbild der Band deutlich nuancierter erscheinen und verleihen dem Album einen neuen, fast schon vitalen Spirit. Vielleicht besteht zumindest doch ein Funken Hoffnung in all dem Chaos. Man muss einfach nur durchhalten.
(intro)
Worunter PINNED am meisten leidet, ist das Fehlen abwechslungsreichen Gesangs. Oliver Ackermanns Stimme kommt etwas gedämpft daher und gibt den Songs keine zusätzliche Nahrung. Den besseren wie „Situation Changes“ kann das wenig anhaben, aber Lieder wie „Was It Electric“ klingen nach etwas, das Interpol von einer ihrer letzten Platten gestrichen hätten – und auf das auch A Place To Bury Strangers hätten gut verzichten können.
(musikexpress)
7 Punkte
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