Mit Evelyn ist die Großmutter von Hannah Georgas gemeint, der das dritte Album der Kanadierin gewidmet ist. Aber o...

Hannah Georgas - For Evelyn























Mit Evelyn ist die Großmutter von Hannah Georgas gemeint, der das dritte Album der Kanadierin gewidmet ist. Aber ob sich die 98-jährige mit der leicht veränderten musikalischen Ausrichtung ihrer Enkelin wird anfreunden können? 

Zwar dominiert weiterhin eine melancholische Grundstimmung, jedoch ist von Gitarrenklänge nichts mehr zu hören und werden Georgas' Klavierbegleitung in der Regel von elektronischen Beats und synthetischen Sounds überlagert. Die Ausnahmen heißen "Walls" und "City".

Aber vielleicht saust Evelyn nun zum Synth-Pop von "Evelyn" mit dem Staubsauger durch die Wohnung, rührt den Kuchenteig beschwingter Dank "Loveseat", erfreut sich an den knarzenden Bläsern bei "Waste" oder denkt bei "Naked Beaches" , dass es sich doch gelohnt hat, der kleinen Hannah immer wieder die "It's Alright (Baby's Coming Back)"-Single der Eurythmics vorgespielt zu haben.     

Hier im Gerichtssaal darf Hannah Georgas' Großmutter natürlich wegen Befangenheit nicht über das von Graham Walsh (Holy Fuck) produzierte und von Nicolas Vernhes (The War On Drugs, Daughter, Wye Oak) gemischte Album urteilen - ob die übrigen Plattenrichter daher wenigstens (Alters-)Milde walten lassen? 




Die Platte beginnt zwar mit dem spannenden »Rideback«, und wenn Georgas einen in »Don’t Go« bittet, nicht zu gehen, dann bleibt man gerne. Während auf dem Vorgänger aber gelegentliche Gitarrenriffs das Brave-Mädchen-Image aufbrachen, stehen jetzt perfekt gesetzte Samples und Synthesizer, die es ihrer Stimme gleichtun und keinerlei Reibungsfläche bieten. Und dann ist da »Crazy Shit«. Man könnte meinen, die Dame haue jetzt endlich richtig auf die Kacke. Schließlich singt sie davon, dass sie jemanden getroffen habe, der sie dazu brachte, verrückte Scheiße zu tun. Mann, Hannah, raste doch mal aus, sei doch mal verrückt und sag’s nicht bloß! Denn es bleibt nur nett. Sowohl in dem Lied als auch in weiten Teilen des Albums.
(intro)




Textlich reicht das von wehmütigen Trennungsszenarien wie in „Don’t Go“ bis zu Abschottungsfantasien in der Ballade „Walls“, die beinahe in lethargische Lana-Del-Rey-Gefilde vorstößt, dabei aber immerhin eine faszinierende Dichte erreicht, wenn Georgas‘ verträumter Gesang mit Klavierakkorden und dezenten Elektronik-Spielereien die besungenen inneren Mauern aus Klang errichtet. „Loveseat“ und „Evelyn“ setzen dagegen ganz auf wummernde Synthesizer und tanzbare Beats, ohne dabei die melancholische Grundstimmung des Albums aufzugeben.

Leider neigt „For Evelyn“ im Auskosten dieser Stimmung im Ganzen ein wenig zur Gleichförmigkeit. Die besten Momente des Albums sind daher vor allem die, in denen Hannah Georgas aus dem glatten elektronischen Klangbild ausbricht und mit interessanten Soundkombinationen experimentiert – etwa mit knurrigen Bläsern, die im Opener „Rideback“ einen Teppich aus gewagt dissonanten Akkorden ausrollen und in „Waste“ für einen funkigen Kontrapunkt zum Synth-Fundament sorgen.

Seltsam fehl am Platz wirkt der introvertierte Sound dagegen, wenn die Musik dem Text offensichtlich im Weg steht: „You make me wanna do crazy shit“ singt Georgas in „Crazy Shit“ mit Engelsstimme; der leicht angezerrte Moog-Bass ist dann aber auch schon das Verrückteste, was ihr dazu musikalisch einfällt.
(musikblog)


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