Mit ihren letzten Alben konnte Tori Amos auf ihrer To-Do-Liste die Kategorien Weihnachtsalbum ("Midwinter Graces", 2009), von der Klassik inspirierter Liedreigen, Veröffentlichung auf dem Klassik-Label Deutsche Grammophon (beides "Night Of Hunters", 2011) und ältere Lieder in neuem orchestralen Gewand ("Gold Dust", 2012) abhaken. Auch ein Musical wurde mittlerweile geschrieben und aufgeführt ("The Light Princess").
Das nächste Projekt auf der Pendenzenliste der 50-jährigen US-Amerikanerin ist ein von der Bildenden Kunst inspiriertes Album und so werden Maler wie Paul Cézanne und Dante Rossetti oder die Fotografin Diane Arbus als Stimulanz für Titel wie "16 Shades Of Blue", "Maids Of Elfen-Mere" und "America" genannt.
Musikalisch führen uns die 14 Titel von "Unrepentant Geraldines" zurück in die Anfangstage von Tori Amos und zu Alben wie "Little Earthquakes" oder "Under The Pink", als diese oft nicht mehr benötigten als ein Piano, ihre Stimme und tolle Songs. Zwar findet man auf "Unrepentant Geraldines" kein zweites "Crucify", "Winter" oder "Cornflake Girl", aber der Titelsong und die mit dezenten elektronischen Spielereien operierenden "Wild Way" und "16 Shades Of Blue" sind empfehlenswert.
Fans und Sammler können auf den zahlreichen Versionen des Albums noch die Songs "Forest Of Glass", "White Telephone To God" und "Dixie" finden.
Natürlich schwebt sie mit ihrer immer noch sehr an Frau Bush gemahnenden Stimme längere Zeit wie in Trance über den Akkorden ihres Pianos, das liegt in ihrer Natur. Aber man wird auch Zeuge von plötzlichen Adrenalinstößen. In „America“ kommt es zu einem robusten Ruck, der, na ja, schon etwas an Supertramp erinnert. Ähnliches findet in „Trouble’s Lament“ statt, hier kommt die Liebe zum Flamenco zum Vorschein. Durch „16 Shades Of Blue“ ziehen sich zarte elektronische Beats und ebenso dezent eingesetzter Synthesizer-Klingklang. Diese Details sind lebenswichtig und zeigen, dass Amos ihrem alten Stil sehr wohl noch mit neuem Schwung begegnen kann.
(Musikexpress)
Bereits "America" weckt Erinnerungen an Zeiten, als Alben wie "Under The Pink" oder "Boys For Pele" Melancholie neu definierten. Ähnlich betörende Intim-Highlights lassen nicht lange auf sich warten. Da wäre beispielsweise das zartbittere "Wild Way" – ein harmoniegeschwängertes Hin und Her zwischen Freud und Leid. Ebenso lieblich schleicht sich der moll-lastige Vergangenheitsbewältiger "Weatherman" durch die Boxen. Auch das mit akzentuierten Elektro-Einschüben versehene "16 Shades Of Grey" schmiegt sich butterweich in die Gehörgänge.
Neben aufwühlenden Kammer-Momenten präsentiert Tori Amos aber auch nicht minder gehaltvolle Roots-Kost. So erinnert der famose Groover "Trouble's Lament" an die Hochzeiten des Man in Black, während sich die Sängerin mit dem Ukulele-Hüpfer "Giant's Rollin Pin" an die Fersen des pubertierenden Paul McCartney heftet.
Mit lieblichen Harmonien, immer wieder eingestreuten Dynamik-Spielereien und bezirzender Stimmakrobatik zeigt die erfahrene Bardin der neuen weiblichen Singer/Songwriter-Generation die Grenzen auf. Großes Klang-Kino trotz kleinster Mittel: Tori Amos blüht beim Blick in den eigenen Rückspiegel regelrecht auf. Mit dem berührenden Mutter-Tochter-Duett "Promise" werden sogar noch Zukunftsängste verabschiedet. Sollte sich Toris Tochter Tash nämlich stimmlich weiter so entwickeln, dann wird der Name Amos auch in zwanzig Jahren noch eine große Rolle im Business spielen.
(laut)
Tori Amos in Deutschland:
19.05.14 Frankfurt, Jahrhunderthalle
20.05.14 Berlin, Tempodrom
29.05.14 Hamburg, Laeiszhalle
09.06.14 Stuttgart, Hegelsaal
10.06.14 München, Philharmonie
8,5 Punkte
AntwortenLöschen"Giant's Rolling Pin" hätte sie sich gut für ihr Kinderlied-Album aufheben können. Ansonsten so überzeugend wie lange nicht.
AntwortenLöschen7,5 Punkte
Kann die Spannung wieder nicht über das (zu) lange Album halten, aber da gab es in den letzten Jahre wirklich schon Schlechteres von Tori
AntwortenLöschen7 Punkte