Der deutsche Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2014 war wirklich eine Qual. Wer, wie wir, bis zur Entscheidung durchgehalten hat, musste (um nur das Schlimmste zu nennen) gleich zwei Lieder von Santiano und Unheilig überstehen. Da sich Elaizas "Is It Right" glücklicherweise gegen "Wir sind alle wie eins" durchsetzen konnte, müssen wir uns am 10. Mai in Kopenhagen nicht wieder schämen.
Der Titel, der mir an diesem Abend am Besten gefiel, kam zumindest bis ins Halbfinale: "Cotton Candy Hurricane" von Maria Scheiblhuber, die sich als Künstlerin MarieMaria nennt und ihre Musikrichtung "Folktronic-Pop" tauft.
MarieMarie sieht aus wie das gemeinsame Kind der Thompson Twins und ist auch musikalisch tief in den 80ern verwurzelt. Dazu gibt es eine Prise Folk, den Einsatz von Harfe und Cello, konterkariende, moderne Elektro-Sounds und eine Stimme zwischen Florence Welch und La Roux. Die 12 Titel ihres Debütalbums "Dream Machine" überraschen positiv, auch wenn sie vom Produzenten Roland Spremberg (a-ha, Unheilig) zu sehr auf Hochglanz getrimmt wurden. Etwas mehr versponnene und entrückte Kate Bush-haftigkeit hätte dem Album gut getan. Dass dies durchaus möglich gewesen wäre, beweisen die sechs in reduzierter Version dargebotenen Titel der Deluxe-Version.
Nicht nur ich scheine auf die Singer/Songwriterin und Harfenistin aufmerksam geworden zu sein, denn "Cotton Candy Hurricane" kletterte bis auf Platz 39 der deutschen Charts und das dazugehörige Album "Dream Machine" erreichte sogar Platz 14.
Neben weiteren leicht zugänglichen Titeln wie „Open your eyes“, in dem MARIEMARIE den Zauber eines anbrechenden Tages einfängt oder dem leicht unterkühlten „Under the neon sky“ gibt es auch Stücke, die mit verschachtelter Songstruktur, Breaks und kleinen Eruptionen eine weit weniger poppige, dafür um etliches interessantere Seite von MARIEMARIE aufzeigen. „Tell me“, oder „20 Steps“ zum Beispiel, die sie mit fast BJÖRK-scher Entrücktheit zelebriert. Dazwischen gibt es dann noch vertonten Seelenbalsam, wie das traumverlorene „White“ oder den schwelgerischen Titelsong „Dream machine“, der trotz des Streichereinsatzes gekonnt alle Klippen des Kitsches umschifft. Abgesehen vom abschließenden „Unparadised“ steht die Harfe nie direkt im Vordergrund, sondern setzt eher gekonnt Akzente. Besonders gut zum Einsatz kommt sie für meinen Geschmack beim schön dahinfließenden „Wild bees honey“.
(Terrorverlag)
Noch eher aber durfte man angetan sein von den Darbietungen ihres Folktronic-Sounds, in dem Elektro-Pop eine Allianz eingeht mit Harfe, Hackbrett und Flöte und klassische Instrumente Hand in Hand gehen mit synthetischen Beats. Wie auch auf "Dream machine". Und so hält es MarieMarie nicht zwingend auf dem Hocker an der Harfe, vielmehr lässt sie sich treiben vom Rhythmus von "Cotton candy hurricane", einem der ersten Stücke, das sie schrieb. "We ride on a sweat sweat hurricane / While we're trapped in cellophane." Das kann ganz schön ansteckend sein, wenn alles sitzt wie in "Wild bees honey". Und dabei nicht formelhafte Songs wie "Ode to a dream" zum Vortrag kommen, das zuckende Streicher bietet, dem Hackbrett sein Solo-Outro gibt und der Beat gerade einmal so viel stampft, wie es ausgelatschte Sandalen eben so zulassen.
(Plattentests)
11.04. Bremen – Lagerhaus
12.04. Osnabrück – Popsalon 5
13.04. Krefeld – Kulturfabrik
14.04. Hamburg – Laeiszhallealle (kleiner Saal)
16.04. Potsdam – Lindenpark
19.04. Bamberg – Haas Säle
"Cotton Candy Hurricane" und "Candy Jar" sind ganz große Hits, und dann gibt es durchaus noch mehrere
AntwortenLöschenfast so gute Songs. Kein Wunder, dass sie im Vorprogramm der Pet Shop Boys auftreten durfte.
7,5
5,5 Punkte
AntwortenLöschenDas reguläre Pop-Album erhält gerade so 6 Punkte, die reduzierten Bonus Tracks (The Engine) sind aufgrund ihrer Kate-Bush-Haftigkeit deutlcich besser (7 - 7,5 Punkte).
AntwortenLöschenErgibt zusammen: 6,5 Punkte