Der Begriff "Paracosm" umschreibt eine Fantasiewelt mit eigener Sprache, Geographie, Geschichte und Bevölkerung...

Washed Out - Paracosm

















Der Begriff "Paracosm" umschreibt eine Fantasiewelt mit eigener Sprache, Geographie, Geschichte und Bevölkerung, wie man sie zum Beispiel in C.S. Lewis Narnia oder J.R.R. Tolkins Mittelerde antreffen kann. 

Mit seinem zweiten Album "Paracosm" taucht der aus Georgia stammende Ernest Greene in eine schillernde Fantasiewelt ein: optisch dargestellt, so zeigen es die Videos zu den beiden Singles "It All Feels Right" und "Don't Give Up", durch ein Kaleidoskop-artigen Strudel exotischer Pflanzen und ein farbenfrohes Ineinandergleiten von Tieraufnahmen in Makro oder Zeitlupe. Akustisch flüchtet sich Greene wie auch auf "Within And Without", dem Debütalbum von Washed Out, in Synthie-lastige, verhallte und federleichte Klangwelten zwischen Electronica, Dreampop und Chillwave. 

Im folgenden Video erzählt Greene von den Aufnahmen, die zusammen mit Ben H. Allen (Animal Collective, Deerhunter) in Atlanta stattfanden, und berichtet über die zahlreichen (über 50) ungewöhnlichen und seltenen Instrumente (Mellotron, Chamberlin usw.), die auf "Paracosm" zu hören sind und das Album vielschichtiger und spannender werden lassen als das Debüt:



Dank "Great escape" etwa erlebt der Hörer vertonte Frühlingsgefühle, eine euphorische Momentaufnahme des Glücks, die sich nur schwer erklären lässt, während die erste Single "It all feels right" alle schlechten Dinge der Welt unter einer flauschigen, pinkfarbenen Wolke vergräbt, die natürlich nach nie versiegender Zuckerwatte schmeckt. Genau das ist "Paracosm": eine imaginäre Welt, in der alles gut und schön und toll und vor allem möglich ist.

Und alles erlaubt: So darf man bei "All I know" auch ohne Probleme voller Entzückung und mit dem einen oder anderen Freudentränchen durch die Straßen laufen, Leute umarmen, um Laternen herumtanzen und dabei von einem zum anderen Ohr grinsen, ohne als grenzdebil zu gelten. Der Fortschritt gegenüber dem Debüt ist eindeutig, dass sich Greene zwei Jahre später nicht mehr zurücknimmt, Gefühle besser ausdrücken und ausleben kann, ohne dabei an Charme zu einzubüßen. Die Mischung aus Gesang, Gitarre und vergleichsweise hektischem Rhythmus auf "Falling back" etwa hätte in dieser Form auf "Within and without" kaum Platz gefunden oder aber gezwungen gewirkt. Hier, kurz vorm Ende, wenn auch noch die Handclaps einsetzen, wird dem Hörer bewusst, dass aus den vormals zwei Leuten im Bett offenbar eine Menschenmenge unter freiem Himmel geworden ist – und das außerordentlich gut klappt. Der basslastig-verträumte Schlusssong "All over now" führt dann doch wieder zurück ins Schlafzimmer, erzeugt die richtige Stimmung, ohne die vorherige zu kippen und lässt "Paracosm" friedlich ausklingen, bis der Wecker geht. Noch fünf Minuten, in Ordnung? Oder zehn. Oder länger.
(Plattentests)


Die beiden Singles eröffnen nach einem kurzen, beinahe kitschigen Intro das Album mit aller Freundlichkeit. “It All Feels Right” wirkt für wenige Sekunden im Bann der eigenen Schönheit, bevor eine Keyboard-Streicher-Mischung aus der Dose zu schleppenden Drums, kaum wahrnehmbaren Ska-Untertönen und Greenes mit Hall-Effekten verfremdeter Stimme führen. Klingt ein wenig nach dem Ablegen jener irdischen Grenzen und dem Stolpern ins Paradies, unterlegt durch Vogelgezwitscher und schmeichelnden Synthis. “Don’t Give Up” wirkt dagegen förmlich entschlackt und flott, ist ein Hybrid ruhigerer Passion Pit-Nummern und 80s-Halb-Balladen. Es mag nicht viel passieren, doch das hier propagierte Understatement kommt dem Song entgegen.
Mit vergleichsweise schlichten Mitteln und einem Synthi-Teppich führt Ernest Greene in seine Traumwelt, die stets am schmalen Pfad zum Kitsch wandelt, sich jedoch im letzten Moment in Post-Psychedelia fängt. Der Titeltrack “Paracosm”, mit sechseinhalb Minuten Spielzeit der längste Song des Albums, arbeitet diesen Zwiespalt gut hervor. Immer wieder steht der US-Amerikaner an der Kippe, immer wieder fängt er sich, verliert sich in seinen eigenen Harmonien. Schwachstellen hat sein Zweitling keine, mit “Weightless” einen weiteren Semi-Hit und, vor allem, viel Gefühl im Gepäck. “Paracosm” ist die perfekte Platte, um vorüberziehende Wolken zu beobachten und sich in Fantasiewelten zu verlieren.
(beatblogger)


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