Prä-pandemisch sah ich vor einigen Jahren die Band dEUS, die damals seit sieben Jahren kein neues Album mehr veröffentlicht hatte, beim Down The Rabbit Hole Festival. Dort widmeten sich die Belgier ausgiebig ihrem Album „The Ideal Crash“, welches in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag feierte.
Seitdem sind weitere vier Jahre vergangen und auch die Band um Tom Barman und Klaas Janzoons, die einzig verbliebenen Gründungsmitglieder von dEUS, hat die Corona-Phase genutzt, um neue Musik zu komponieren und aufzunehmen.
Das achte Studioalbum trägt den Titel „How To Replace It“ und ist als CD und Doppel-LP erschienen (black Vinyl oder clear Vinyl). Die 12 Songs entstanden gemeinsam mit dem Produzenten Adam Noble (Guillemots, Placebo, Liam Gallagher), der auch bereits bei den letzten beiden Studioalben „Keep You Close“ (2011) und „Following Sea“ (2012) mit Barman & Co. zusammen arbeitete.
Nichts muss, alles darf - könnte das Motto im Studio gewesen sein und so gibt es brodelnden und experimentellen Alternative Rock, der seinen Schwerpunkt je nach Song in Richtung Groove, Noise oder Melodie zu verlagern mag, einen Schlenker zum Jazz, Yacht-Pop oder Funk macht, sowie einen Sänger, der auch raunt, spricht, sprechsingt oder säuselt. Der Hörer schwankt zwischen Kinnladeherunterklappen („How To Replace It“, „Pirates“) und Ungläubigamkopfkratzen („1989“, „Simple Pleasures“).
Man sollte dEUS dennoch keinen Strick daraus drehen, wie zig andere Bands in ihrer Komfortzone zu bleiben – wenn sich Barman in "1989" wie ein Leonard Cohen im Hawaiihemd nach der "time that I can't leave behind" sehnt, während halbherziger Yacht-Rock um ihn herum düdelt, scheint außerhalb davon die Inspiration auch nicht immer wie Milch und Honig zu fließen. Dafür will es die Platte im Schlussdrittel noch einmal wissen. Der Sitar-unterstützte Art-Funk von "Why think it over (Cadillac)" wirbelt sich in einen hypnotischen Strudel und spuckt die zurückhaltend-schöne Klavierballade "Love breaks down" aus, die wiederum "Le blues polaire" die Bühne bereitet: dem französischsprachigen Closer, der mit Frauengesang, Noise-Sägen und großen Melodiebögen ein elektrisch-akustisches Spektakel auffährt. Ob mit neun Monaten oder zehn Jahren Veröffentlichungspause, dEUS bleiben im Grundrauschen der Indie-Welt so beständig wie der Gezeitenwechsel – und können uns mit vereinzelten Flutattacken noch immer von den Füßen reißen.
Umso mächtiger der Titelsong-Auftakt des ersten Albums seit einer Dekade: Dramatische Trommeln, Tom Barman als suggestiver Flüsterer, eine verzerrte Gitarre und ein Piano-Lick als Haltegriffe, dann fährt noch eine Trompete in den Refrain-Slogan, bevor alles in einem kakofonen Crescendo endet.Auf der anderen Seite schaffen dEUS es, sich mit „1989“ im Synth-Watte-Sound der Zeit noch mal ganz dahin zurückzuträumen, ohne bloß nostalgisch zu klingen. Dazwischen lotet die Band mit gewohnter, doch immer wieder erstaunlicher Offenheit aus, wo sie gerade steht, zeigt, wie man waltzen kann („Must Have Been New“), streift kurz das Weirdo-Jacket über („Simple Pleasures“), präsentiert Barman im elegischen „Love Breaks Down“ als noch nicht ganz gebrochenen Romantiker. Schließlich haben dEUS – sexy und ruppig –sogar den Polar-Blues auf Französisch. Chapeau!
"Pirates" ist für mich der Hit auf dem Album. Mindestens 8 Punkte
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschenIch konnte mich noch nie für dEUS begeistern. 5,5 Punkte
AntwortenLöschenIch schon, "In A Bar..." ist immer noch toll,aber das hier ist fad 5
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