Erst kürzlich veröffentlichte The Knife das Live-Album "Live at Terminal 5". Anscheinend möchte Karin Dreijer die Aufmerksamkeit der Stunde nutzen und schickte gleich ihr zweites Album als Fever Ray hinterher. Auf Tonträgern wird "Plunge" erst im Februar erhältlich sein, aber als Download gab es dieses nun überraschend. Seit Fever Rays starkem Debüt sind acht Jahre vergangen. Ich hoffte schon lange und spätestens seit der Ankündigung des Endes von The Knife auch sehr hoffnungsvoll auf eine neue Veröffentlichung der Schwedin.
Mit "Plunge" veröffentlicht die Schwedin eine Collage der bisher von ihr bereisten musikalischen Welten. Die Kühle ihres Solo-Debüts, die Düsterheit von "Silent shout" und die Synthie-Fluffigkeit von "Deep cuts" treffen auf den bis auf die Spitze getriebenen Elektro-Eklektizismus des letzten The Knife-Albums "Shaking the habitual". Dessen Grad der musikalischen Provokation kann Dreijer nicht mehr steigern, dazu müssen nun die Texte herhalten.
Erschien Fever Rays Debüt stellenweise steril und frostig, zeigt Dreijer auf "Plunge" eindrucksvoll, dass sie auch als engagierte Provokantin das Gegenteil verkörpern kann. Ähnlich wie St. Vincent mit ihrem aktuellen Album "Masseduction" macht es auch Fever Ray dem Hörer nicht leicht. Diese Musikerinnen wollen nicht einfach wegen ihrer Musik gemocht werden, sie nutzen Musik zur Verlautbarung ihrer Messages.
"Mustn't hurry", "Falling", "To the moon and back" und "An itch" sind bislang meine Favoriten auf "Plunge", aber je nach bevorzugter The Knife- oder Fever Ray-Phase des Hörers kann die Auswahl merklich von meiner abweichen. Auf jeden Fall ist "Plunge" eine Herausforderung und in meinen Ohren trotz oder gerade wegen der vielen Referenzen ein außerordentlich aktuelles und vielseitiges Elektro-Album.
Das Video zu "To the moon and back":
Testspiel.de kürt "Plunge" zum "Album der Woche":
Der Flow dieser uneinheitlichen Platte besteht also gerade darin, permanent Haken zu schlagen, etwa den beiden ruhigen, einfühlsamen Stücken am Ende der Platte („Red Trails“ und „Mama’s Hand“) noch das holprige „An Itch“ zwischen die Beine zu hauen, ebenso wie das kraftwerkige Titelstück zwischen „This Country“ und „To The Moon And Back“ nach Möglichkeit die Energie herausnimmt und krautig in der Vergangenheit herumlungert. Eben dort, nur ein paar hundert Jahre zuvor hat sich „Red Trails“ derweil seine Fideln ausgeborgt, die den synthetischen Klangcharakter des restlichen Materials erfolgreich kontrastieren, ohne dabei nach einer Albernheit zu klingen. Zum einen liegt das an Anderssons Performance, die nicht nur gewohnt obskur die Konfrontation mit Hörgewohnheiten sucht, sondern abseits aller kindlichen Euphorie eine neue Einfühlsamkeit erkennen lässt, vor allem dürfte jedoch der spielerische Charakter des Albums entscheidend für das Gelingen solcher Manöver sein.
8,5 Punkte
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