Das hätte so großartig werden können. Chilly Gonzales und Jarvis Cocker. Piano, Streicher und Jarvis Cocker. Eine tolle ...

Jarvis Cocker And Chilly Gonzales - Room 29


















Das hätte so großartig werden können. Chilly Gonzales und Jarvis Cocker. Piano, Streicher und Jarvis Cocker. Eine tolle erste Single („Tearjerker“), ein Konzeptalbum (über das berühmte Hotel Chateau Mormont) bei der Deutschen Grammophon und Jarvis Cocker. Überhaupt: Jarvis! Sein letztes Album, „Further Complications“, liegt bereits 8 Jahre zurück, sein letztes tolles Album, „Jarvis“, bereits deren 11. Ach, das hätte so großartig werden können.




Ich habe es wirklich oft mit den 16 Songs dieses ambitionierten Projektes probiert, aber ich kann es wirklich nur ganz großen Fans von Jarvis Cocker und Chilly Gonzales oder Menschen mit Einschlafstörungen empfehlen. Diverse instrumentale Zwischenspiele und Reprisen, Abstecher in Richtung Musical („Belle Boy“) und Lounge-Musik („Clara“) verwässern leider den guten Eindruck von zum Beispiel „Tearjerker“ oder „Bombshell“ und lullen über den Zeitraum von 51 Minuten ganz schön ein. Der Musikexpress sieht es ähnlich:

Das klingt nach einer guten Idee, einer großen Besetzung – und am Ende leider herzlich langweilig. Kommen doch die besten Qualitäten der Beteiligten, das pompöse Selbstbewusstsein von Cocker und die demonstrative Selbstironie von Gonzales, nicht zur Geltung. Cocker spielt den Chansonnier, Gonzales klimpert, die Musik blubbert dahin, die Texte werden bedeutungsschwanger rezitiert und überhaupt nehmen sich alle viel zu ernst. Eintönig wie ein Zimmer im nächstbesten Bahnhofshotel.

Aber es gibt natürlich auch andere Meinungen und die sollen nicht verschwiegen werden:

Die Songs kommen so melodisch und eingängig daher, das fließt alles so süffigsanft in den Gehörgang, dass man zunächst gar nicht merkt, wie ausgefinkelt das Album ist: Themen, die "Room 29" eröffnen, tauchen gegen Ende spiegelsymmetrisch wieder auf. Und als das Album einmal doch Room 29 verlässt und in die oberen Stockwerke umzieht, wo Howard Hughes einsam starb, baut Gonzales Melodien wie Wendeltreppen.Mit ihren übermäßigen Akkorden und der melancholischen Harmonieseligkeit erinnern die Songs an das Hollywood der dreißiger Jahre, als beim Happy End noch jedes mal der Himmel voller Geigen hing. Zum anderen zitiert Gonzales Spätromantik von Debussy bis Satie, wehende Vorhänge, süße Klangtrauben. Die beiden scheuen sich auch nicht, das Ganze unironisch als "Liederzyklus" zu bezeichnen, womit sie noch tiefer ins 19. Jahrhundert zurückgreifen, zu Schubert und Mendelssohn - und gleichzeitig klarmachen: Wenn der Architekt des Marmont schamlos ein Loire-Schloss kopieren durfte, dann dürfen wir uns auch an den schönsten Bausätzen der Klassik bedienen.(Süddeutsche)




Klassikschulmeister Gonzalez gibt hier den Erik Satie. Zum Durchatmen ein wenig Minimalismus, der in den Spoken-Word-Songs ringsumher weitgehend durchgehalten wird. Selbst „Bombshell“ oder „Tearjerker“ (zu Deutsch „Schnulze“) sind keineswegs schnulzig, sondern bleiben sparsamst instrumentiert. Cockers Lyrics lassen sich studieren wie bei einem Hörbuch.
Nur gelegentlich wird die Hotelzimmerrevue durch den Einsatz von Streichern aufgemotzt, etwa bei der getragenen Operettennummer „Salomé“. Doch für opulenten Buttercremetorten-Kitsch sind die beiden nicht zu haben, und so erhalten sie die spinnerhafte Aura dieser Platte. Wer eine Referenz aus dem Popkosmos möchte, sei an das schöne 1998er Zusammenspiel von Elvis Costello und Burt Bacharach, „Painted From Memory“, erinnert, wobei dort mehr Musik auf den Knochen war. Und am Ende geht im Zimmer 29 der Kronleuchter aus: „A Trick Of The Light“, leise plinkernd.(Rolling Stone)


4 Kommentare:

  1. Mit Chilly eher "chillig" als "Chili". 6 Punkte

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  2. Höre ich mal wieder anders als Dirk. Das Beste, was ich seit langem von Jarvis vernommen habe.

    7,5

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  3. Ich hätte nie gedacht, dass dieses Album so langweilig werden würde. 5 Punkte

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