Bei Alison Goldfrapp und Will Gregory weiß man vor einer Albumveröffentlichung eigentlich nie, wohin die Reise gehen wird: cinematischer Trip Hop („Felt Mountain“, 2000), Glam Pop („Black Cherry“, 2003), Electroclash („Supernature“, 2005), Folktronics („Seventh Tree“, 2008, „Tales Of Us““, 2013), Italo Disco („Head First“, 2010) - alles schon da gewesen.
Die Liste der Kollaborateure für „Silver Eye“, das siebte Album von Goldfrapp, ließ aber bereits eine deutlich elektronische Ausrichtung als zuletzt erwarten: John Congleton (St. Vincent, John Grant, Future Islands, Spoon), Leo Abrahams (Regina Spector, Frightened Rabbit, Wild Beasts) und Bobby Krlic aka. The Haxan Cloak (Björk, LUH) waren als Produzenten tätig, Daniel Miller (Depeche Mode, Polly Scattergood, Nitzer Ebb) und David Wrench (The xx, FKA Twigs, Caribou, Bloc Party) sorgten für den finalen Mix.
Und tatsächlich lässt „Silver Eye“ zunächst Dank der Opener „Anymore“ und „Systemagic“ an ein düsteres Update des Electro-Dance-Grooves von „Black Cherry“ und „Supernature“ denken. Doch danach wird es abwechslungsreicher: Während „Tigerman“ und „Everything Is Never Enough“ mit ihrem 80er Jahre Synth-Pop-Touch gefallen, scheitert „Become The One“ an seinen Industrial-Anklängen. Die atmosphärische Ballade „Faux Suede Drifter“ gehört eher in die „Felt Mountain“-Ära und zählt damit zu den Highlights der Platte. Bei „Zodiac Black“ haben die Elektro-Frickler kräftig an den Reglern experimentiert, während uns Alison die Kate Bush gibt. Mit dem bombastischen „Ocean“ gelingt Goldfrapp das große Finale, welches Depeche Mode sicherlich auch gern auf „Spirit“ gehabt hätten.
"Anymore", der beste Zoot-Woman-Song ohne Zutun von Stuart Price, lockt mit pulsierendem Groove und klatscht sanft aber bestimmt den Beat in des Hörers Nacken. Falls jemand den Animationsfilm "Pets" gesehen hat: Da bekommt ein Dackel vom Knethaken einer Küchenmaschine eine wohlige Massage verpasst. Das schafft "Anymore" auch mit der Magengrube. Die ersten Sekunden von "Systemagic" laufen hingegen durch magnetische Störfelder, "Become the one" stochert etwas unspektakulär in Resten von Industrial-Schutt; und die xylophonischen Blinklichter in "Everything is never enough" verkriechen sich zusehends hinter weichen Wah-Wah-Effektkurven und der Frage, ob so wohl ein Duett von OMD und Ladytron klänge. (…)
Wieder einmal stehen Goldfrapp auf elegante Art mit einem Bein neben der Moderne. Die Farbwahl des sinistren "Zodiac black" haben sie für die Urmacht des Wassers wohlweislich getroffen. "Tigerman" kramt einen synthetischen Klang aus dem Unterholz, dem man die Weisheit eines alten Mannes andichten möchte. Einer der schönsten Momente dieser Platte ist der sphärische M83-Aufbruch nach dreieinhalb Minuten in "Faux suede drifter". Und dann trägt "Ocean" nach zögerlichem Beginn die guten Basshosen auf. Mit Bügelfalte aus Knarz und Depeche-Mode-Bund. Könnte ja sein, dass der Mann im Mond gerade zuschaut.(Plattentests)
6
AntwortenLöschenJetzt ist es raus: Ich bevorzuge bei Goldfrapp nicht die Disco-/Elektro-Alben. 6,5 Punkte
AntwortenLöschen7 Punkte
AntwortenLöschen