Maifeld Derby 2013 (V) Der Auftritt der beiden amerikanischen Schwestern Bianca und Sierra Casady beim diesjährigen M...

CocoRosie - Tales Of A Grass Widow


















Maifeld Derby 2013 (V)

Der Auftritt der beiden amerikanischen Schwestern Bianca und Sierra Casady beim diesjährigen Maifeld Derby in Mannheim dürfte genau so schillernd und schrill ausfallen wie es das pünktlich zum Festival erscheinende fünfte Album von CocoRosie bereits vermuten lässt. 

CocoRosie erschaffen zusammen mit Antony Hegarty, der gleich auf zwei Songs als Gastsänger zu hören ist ("Tearz For Animals" und "Poison") und dem Produzenten Valgeir Sigurðsson (Feist, Múm, Björk) ihre eigenen versponnenen, extravaganten Klangwelten, in denen sie Trip Hop, Freak Folk, Kammerpop und Oper aufeinanderprallen lassen. Dabei geht es deutlich elektronischer, beat-lastiger und tanzfreudiger zu als auf den Vorgängeralben.      

"Tales Of Grass Widow" ist erneut ein großartiges Album von CocoRosie geworden, dem man nur das Fehlen der letztjährigen Single "We Are On Fire" und die Anwesenheit des fürchterlichen Hidden Tracks vorwerfen mag.



Jedes der Lieder ist ein Angebot, oder gar eine Aufforderung, in die Welt einzutauchen, wie die zwei Schwestern sie wahrnehmen. Bei einigen der Songs will man bereits nach wenigen Klängen in die Arme der beiden springen und sich blindlings auf die Reise einlassen. „Tears For Animals“ ist einer davon. Neben dem düsteren, aber dennoch irgendwie optimisitsch stimmenden Dubstep-Sound, dem sanften Glockenspiel und der kindlich-zarten Stimme von Bianca, ist es hauptsächlich den Worten von Antony Hegarty, der wiederholt fragt: „Do You Have Love For Human Kind?“, zu verdanken, dass sich das Soundgemisch im Kopf festsetzt.
Bei anderen Stücken hingegen kann es durchaus sein, dass man die Schwestern beim ersten Mal an sich vorbeifahren lässt. Es muss schon eine gewisse Bereitschaft an den Tag gelegt werden, um sich auf diese eigenwillige Exkursion einzulassen. Viele der Titel entfalten ihre ganze Wirkungskraft erst nach dem wiederholten Hören, oder gar erst in Momenten, in denen die Musik schon in weiter Ferne zu sein scheint.
Der Track „Child Bride“ entfaltet hierbei eine ganz besondere Magie, die sich von Mal zu Mal weiter verstärkt. Der Titel des Stückes, gepaart mit den finster groovenden Trommeln kreiert für den Kopf die Misere einer orientalischen Zwangsheirat, in der sich ein kleines Mädchen gefangen sieht. Im Hintergrund erklingt Sierras opernhafte Stimme, die einen Engelschor assoziieren lässt, und somit der Thematik eine gewisse Spiritualität einverleibt.
Dass die Lieder von CocoRosie einen gewissen politischen Touch haben, zeigt sich auch in „End Of Time“, in dem das Konsumverhalten unserer Gesellschaft thematisiert wird. Diese Gesellschaftskritik bringen die zwei Schwestern ebenso durch ihren als „eigen“ zu bezeichnenden Kleidungsstil und ihr Engagement für „Future Feminism“ zum Ausdruck. Erklärtes Ziel dieses neuen Feminismus sei es, „to free society and protect the planet from the corrosive effects of patriarchal belief systems“, wie sie es selbst zusammenfassen. In ihren Songs schwingt diese geistige „Befreiung“ oft ganz subtil im Subtext mit.
CocoRosie sind sicherlich keines der nullachtfünfzehn Indie-Folk-Duos, die überall aus dem Boden schießen. Vielmehr sind es zwei Menschen, denen es gelingt, ihre eigene Geschichte und ihre Gefühle in Klangwerke zu packen, die einen auf ganz verschiedenen Ebenen treffen und berühren können. Die Musik ist nicht einfach, obwohl sie oft den Anschein hat. Sie ist vielschichtig, extravagant, zuweilen wirr und doch klar wie eine geputzte Fensterscheibe.
Das neue Album „Tales Of A GrassWidow“ führt die Linie von CocoRosie fort, sich selbst zu verwirklichen und sich durch die eigene Musik auszudrücken. Wer sich darauf einlässt, dem wird es schwerfallen, von dieser Platte unbeeinflusst zu bleiben.
(byte.fm)

CocoRosie in Deutschland:

31.05. Mannheim, Maifield Derby Festival
01.06. München, Alte Kongresshalle
21.06. Erlangen, E-Werk
22.06. Duisburg, Traumzeit Festival
23.06. Leipzig, UT Connewitz
24.06. Leipzig, UT Connewitz

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