Das Soloalbum von Kim Deal kommt ziemlich überraschend, denn - mit Ausnahme einer Handvoll 7’’ Solo-Singles vor mehr als einem Jahrzehnt - ...

Kim Deal - Nobody Loves You More


Das Soloalbum von Kim Deal kommt ziemlich überraschend, denn - mit Ausnahme einer Handvoll 7’’ Solo-Singles vor mehr als einem Jahrzehnt - war die 63-jährige bisher nur in Band aktiv und kommt in 30 Jahren auf insgesamt 10 Studioalben mit den Pixies (4), The Breeders (5) und The Amps (1).

„Nobody Loves You More“ entstand im Verlauf von über 10 Jahren und greift auch auf einige der eingangs erwähnten Singles zurück („Are You Mine?“ und „Wish I Was“), die 2013 veröffentlicht und von Kim Deal nach ihrer zweiten Phase bei den Pixies komponiert worden waren. Klanglich sind wir aber eher beim Alternative Rock der Breeders, was auch nicht wundert, da mit ihrer Zwillingsschwester Kelley Deal, Jim MacPherson und Mando Lopez aktuelle und ehemalige Bandmitglieder in die Entstehung der 11 Songs involviert waren. Da Deal offensichtlich gut vernetzt ist, waren auch u.a. Jack Lawrence (The Raconteurs), Raymond McGinley (Teenage Fanclub), Ayse Hassan und Fay Milton (Savages) oder Josh Klinghoffer, ehemals Mitglied bei Red Hot Chilli Peppers, Warpaint und vielen anderen Bands, im Studio. Auch Steve Albini (Nirvana, Pixies, PJ Harvey) war als enger Freund von Kim Deal vor seinem Tod in die Aufnahmen involviert.
Aber „Nobody Loves You More“ weiß in seinen 35 Minuten auch zu überraschen: Bossanova, Noise- oder Surfrock, Lounge Music zu Streichern und Bläsern oder Balladen mit Countrytouch grenzen Solo-Kim von Breeders-Kim ab. 

Auch das elfte Album mit Kim Deal-Beteiligung erscheint über 4AD und zwar als CD, Kassette und LP (black Vinyl, Florida orange Vinyl, Dazzling Galaxy Color Vinyl). Bei Metacritic stehen stolkze 90/100 Punkten für „Nobody Loves You More“ zu Buche - das sind deutlich mehr als für „The Night The Zombies Came“ von den Pixies (72/100).
   

 


„Crystal Breath“, der große rätselhafte Hit, verknüpft nonchalant wuchtigen Rock mit twangy Gitarrensounds, eine leichte Surf-Anmutung findet sich in fast jedem Track.
Das mit trötenden Bläsern dahinschlingernde „Coast“ klingt wie eine Kreuzfahrt-Steelband, kurz bevor der allerletzte Schnaps getrunken wird – die Sonne geht schon wieder auf, wie kann das sein? „Big Ben Beat“ und „Disobedience“ frönen dem noisy Ausbruch, erinnern an verqualmte 90er-Jahre-Clubkonzerte und klingen trotzdem nicht nostalgisch. Höchstens ein sympathisches Bisschen verspätet.


 


Mutig gesetzt ist der Opener "Nobody loves you more", der musikalisch so brillant und vielschichtig ist, dass man unweigerlich Sorge bekommt, ob Kim Deal hier nicht gleich ihr Pulver verschießt (was sie nicht tut). Wir hören große Orchesterarrangements mit Streichern und Bläsern, einen feminin-intimen Gesang, der auch einer Jane Birkin nicht schlecht zu Gesicht gestanden hätte – und dazu als schönen Kontrast ein herrlich rumpeliges Schlagzeug, damit's am Ende nicht zu süßlich wird. In "Coast" wiederum trifft Lo-Fi-Pop nach Art der frühen Go-Betweens auf Harmonien, die raffiniert mit Blondie-Zitaten ("The tide is high") spielen. "Summerland" wäre ein Track, für den sich Lana Del Rey nicht schämen müsste – und "Are you mine" bringt wiegenden Sechsachteltakt, eine sehnsuchtsvoll-nächtliche Pedal-Steel-Guitar und traumwandlerische Akkordwechsel.


 


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