Herman Düne - Odysseús


Die Irrfahrten des David Ivar Herman Dune, die den Anstoss zum Album „Odysseús“ gaben, ereigneten sich, nachdem er während des pandemischen Einreiseverbots aufgrund eines Notfalls gezwungen war nach Europa zu reisen und auf der Heimfahrt nach Los Angeles in Montréal strandete. Er berichtet, dass er der einzige Bewohner eines leeren und geschlossenen Hotels im jüdisch-italienischen Viertel Mile End war und jeden Tag das Grab von Leonard Cohen auf dem Mont Royal besuchte, um einen Stein oder eine Blume zu hinterlassen und um eine baldige Heimkehr zu seiner Frau und zu seinen drei Katzen zu beten.
Ob in seinem kalifornisches Haus zwischenzeitlich zahlreiche Freiern, die ihn aufgrund seiner langen Abwesenheit für tot hielten, seine treue Gattin sowie seine Katzen belagerten und sein Gut verprassten, weiß ich nicht zu berichten. 

Das tiefe Gefühl der Sehnsucht war der Funke, der „Odysseús“ entfachte, eine Reise, die Jahre dauerte, um das Album zu schreiben. Und auch die Aufnahmesituation unterschied sich von den zahlreichen Herman Düne Album zuvor: Denn Düne wurde mitten in einem kreativen Prozess in einem Café in San Pedro vom Produzenten und Musiker David Garza (Fiona Apple, Iron & Wine) angesprochen. Beide verstanden sich sofort, entschieden, zusammen zu arbeiten und trafen sich zu abendlichen Sessions. Letztendlich luden sie zahlreiche Gastmusiker, die der gut vernetzte Garza kannte, in das Haus von David Ivar Herman Dune ein, um in Live-Sessions und ohne großen technischen Schnickschnack über drei Tage hinweg die zuvor einstudierten neuen Songs aufzunehmen. 

Odysseús“ gehört ins obere Drittel von den mittlerweile 15 Alben von Herman Düne, bietet insgesamt 12 zwischen Folk und Americana angesiedelte Songs zu den Klängen von akustischer Gitarre, Geige, Mandoline, Bass, Percussion, Zither, Piano und den Backing Vocals von Dünes Frau Mayon. Das Album ist als CD und LP (black Vinyl) erhältlich und Herman Düne wird es live in Deutschland präsentieren:
27.10. Berlin, Berghain Kantine
28.10. Hamburg, Hebebühne
29.10. Köln, Die Wohngemeinschaft
30.10. Köln, Die Wohngemeinschaft
31.10. Schorndorf, Manufaktur
 

 


Das melancholischer gestimmte „Tune Out“ und das countryesk-poppige, fröhliche „Sneakers On The Telephone Line“ erhalten das Hörvergnügen. Das sympathische Storytelling zeichnet den Franzosen ebenso aus, wie der ironische Blick auf Lebensumstände.
So wundert es nicht, dass auch die Folk-Chanson-Ballade „Buffoon Of Love“ mit einem Augenzwinkern von der Sängerin Mayon und David-Ivar gemeinsam präsentiert wird. (…)
So hat „Odysseús“ zwar wenig Abenteuerliches an sich, aber auch David-Ivar hat allerhand Geschichten aus dem Leben parat. Zwar musste er keine Zyklopen austricksen oder Sirenen widerstehen, doch weiß auch er von Herzschmerz und den dunkleren Momenten im Dasein zu berichten.
Was bleibt ist stets die Heiterkeit, die seiner Stimme innewohnt und die den 12 Titeln eine prägende Leichtigkeit verleiht.


 


Es gibt dann also den gewohnten Mix aus Müsli-Folk, Waldschrat-Americana, schnürsenkeliger Rhythmusarbeit und Porch-Song-Ästhetik – inklusive folkloristischer Fiedeln, Schukarton-Perkussion, Maultrommeln und anderen Hillybilly-Elementen. Die Songs wurden – und das ist nicht überraschend – live in einem (wie Dune sagt) chaotischen, schönen Prozess in seinem Haus eingespielt, was dann auch den bereits angesprochenen Porch-Song-Charakter erklärt.
Obwohl Dune hier gar nicht erst versucht, seinem ja gewiss erprobten Weird-Folkie-Stil grundsätzlich Neues hinzuzufügen, gelingen ihm doch einige veritable „potentielle Hits“ wie der Titeltrack, der Mitsing-Klassiker „Sneakers On The Telephone Line“ (der die unsterbliche Textzeile „Selling my shoes when I get the Blues“ enthält) oder die beiden Songs „Buffoon Of Love“ und „Head Agains The Wall“ – zwei Duette mit den Sängerinnen Mayon bzw. Odessa, die auch auf einigen anderen Tracks Harmonie-Vocals beisteuern. Obwohl es zuweilen auch mal nachdenklich zu geht, ist es vor allen Dingen der Humor des Songwriters und die gelöste Stimmung bei den Aufnahmen, die dieses Album zu den insgesamt lebenslustigsten und fröhlichsten Herman Dune-Werken überhaupt machten.




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